In dieser Podcast-Episode spreche ich mit Alexander Junge, Member of the Executive Board of Aral AG sowie General Manager bp pulse, Central Europe. Dieser ist verantwortlich für die Fortschritte und Ziele von Aral im Bereich der E-Mobilität und den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland. Junge hebt im Gespräch hervor, dass Aral unter den Top 3 Anbietern für ultraschnelles Laden in Deutschland ist und das Unternehmen kürzlich von der Zeitschrift connect zum besten Ladenetzwerk Deutschlands gekürt wurde. Aral hat das Ziel, bis 2030 20.000 Ladepunkte zu betreiben und strebt eine CO₂-neutrale Zukunft bis spätestens 2050 an.
Er betont die Bedeutung des ultraschnellen Ladens für die Akzeptanz der E-Mobilität durch die Gesellschaft und erklärt, dass die Kombination aus ultraschnellen Ladestationen und verschiedenen Zahlungsmethoden wie EC-Karte, Kreditkarte und mobilen Apps das Laden von Elektroautos effizienter macht. Die Ladestationen von Aral bieten zudem ein attraktives Shop-Angebot, das Kunden während des Ladevorgangs nutzen können. Weiterhin spricht Junge über Herausforderungen, wie langwierige Genehmigungsverfahren und Netzanschlüsse, die den Ausbau der Infrastruktur behindern. Er fordert weniger Bürokratie und schnellere Prozesse, um den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beschleunigen.
Schließlich vergleicht er Deutschlands Fortschritte im Bereich E-Mobilität mit denen anderer europäischer Länder und stellt fest, dass Deutschland aufholen muss, aber auf einem guten Weg ist. Im Detail gibt es natürlich alle Einblicke direkt in der Podcast-Folge mit ihm. Also hineinhören. Lohnt sich.
Gerne kannst du mir auch weitere Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Höre:innen des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung, beim Podcast-Anbieter deiner Wahl, freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.
Transkript zu Aral: Zukunft ist CO₂-neutral
Sebastian
Hallo, Herr Junge. Vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, dass wir uns ein wenig über E-Mobilität, im Detail über den Ausbau von Ladeinfrastruktur unterhalten, weil das treiben Sie ja mit Ihrem Team ganz deutlich voran für Aral pulse, BP pulse. Bevor wir da allerdings tiefer in das Thema einsteigen, stellen Sie sich doch gerne selbst mal vor und auch das Unternehmen, für das Sie tätig sind.
Alexander Junge
Hallo, Herr Henßler. Ich freue mich sehr, heute hier sein zu können, und ich verantworte im Vorstand der Aral AG das Geschäft mit Elektroautoladung. Bin mittlerweile 49 Jahre alt, arbeite in Hamburg und bin seit ungefähr fünf Jahren im Geschäft mit der E-Mobilität tätig. Mein Team und ich bauen und betreiben ein ultraschnelles Ladenetzwerk in Deutschland unter der Marke Aral pulse. Wir sind mittlerweile unter den drei größten Anbietern und wurden auch gerade in diesem Jahr von der Zeitschrift connect zum besten Ladenetzwerk Deutschlands gekürt, was uns sehr gefreut hat.
Sebastian
Das darf einen natürlich auch freuen, da haben Sie vollkommen recht. Und Sie sagen ja, Sie sind jetzt eben mit unter den drei größten Anbieter im Thema Ladeinfrastruktur. Jetzt, wenn man Aral hört und man denkt so ein Stück weit zurück, dann denke ich immer noch an die klassische Tankstelle, die eben rechts oder links jenseits der Straße steht. Aber so, wie wir den Mobilitätswandel im Alltag zu spüren bekommen, bekommen Sie das auch bestimmt mit, müssen Ihr Geschäftsfeld anpassen. Vielleicht können Sie uns aber auch mal ein Stück weit abholen, wenn Sie jetzt schon fünf Jahre im Umfeld der E-Mobilität unterwegs sind, wie Sie den Mobilitätswandel bei sich im Unternehmen eben auch wahrnehmen, in der Gesellschaft sozusagen.
Alexander Junge
Wir treiben den Wandel voran. Wir wollen komplett CO₂-neutral werden bis allerspätestens 2050, haben auch sehr ehrgeizige Zwischenziele im Jahr 2030 und wir sind dabei gerade in Deutschland auch auf einem sehr guten Weg, betreiben bisher knapp 2.000 ultraschnelle Ladepunkte, gehören im Bereich des ultraschnellen Ladens zu den drei größten. Wir sind zweitgrößter Anbieter gemessen an der Zahl der Ladestationen und wir möchten dieses Netz also weiter deutlich ausbauen.
Bis 2025 wollen wir auf 5.000 Ladepunkte kommen und bis 2030 auf 20.000 Ladepunkte. Gleichzeitig ist auch klar, dass wir als Land und als Gesellschaft natürlich nicht über Nacht komplett CO₂-frei werden, und wir werden sicherlich auch die nächsten 20 Jahre noch einen Mix verschiedener Antriebsarten und verschiedener Kraftstoffe auf Deutschlands Straßen erleben. Wir als Aral werden weiterhin Benzin und Diesel anbieten, genauso wie auch Strom, und gehen davon aus, dass jedes Jahr der Anteil vom Strom an den Absätzen steigen wird und dementsprechend wir als Unternehmen und auch als deutsche Gesellschaft im Laufe der nächsten 20 Jahre durch die Transformation kommen werden.
Sebastian
Vielen Dank, dass Sie uns abgeholt haben, dass wir da auch schon mal einen Ausblick bekommen, ich sage mal, auf eure Milestones, die ihr euch gesetzt habt dann schlussendlich. Sie haben jetzt auch gesagt, die Zahl der Ladepunkte steigt kontinuierlich. 2.000 Ladepunkte aktuell, 5.000 2025, 2030 20.000. Ich habe da noch immer irgendwie das Ziel unserer Politiker im Hinterkopf von einer Million Ladepunkte, die man braucht. Ich glaube, da haben Sie auch eine klare Meinung dazu, die ja auch in Verbindung mit eurer HPC-Charger-Strategie geht. Vielleicht können Sie das ein Stück weit einordnen, ob dieses Ziel denn so überhaupt noch notwendig ist.
Alexander Junge
Dieses Ziel ist ein paar Jahre alt. Damals fand man noch kaum ultraschnelles Laden in Deutschland und vor dem Hintergrund der damaligen Situation erschien das sicherlich berechtigt. Mittlerweile ist es so, dass es sehr viele ultraschnelle Ladestationen gibt, und deren Zahl ist deutlich am Wachsen. Wir halten ultraschnelles Laden für die Zukunft und investieren von daher auch so gut wie nur in ultraschnelles Laden. Andere Wettbewerber bauen das ultraschnelle Laden auch deutlich aus. Und vor dem Hintergrund, dass es dann einfach sehr viel weniger lange dauert, bis das Auto vollgeladen ist und bis es den Ladepunkt wieder freigibt, wird dann auch klar, dass Deutschland nicht eine Million öffentliche Ladepunkte braucht, nicht mit den heutigen Ladegeschwindigkeiten.
Und wir gehen davon aus, dass Deutschland mit 100.000 bis 200.000 ultraschnellen öffentlichen Ladepunkten wirklich sehr gut versorgt ist, und sind auch auf dem Weg dahin. Das heißt, wir sind auch überzeugt, dass der Ladenetzausbau dem Hochlauf der Elektromobilität nicht im Wege steht. Jetzt ist es wichtig, dass Autobauer und Regierung attraktive Elektroautos zu attraktiven finanziellen Konditionen ermöglichen, damit wir auch tatsächlich auf die 15 Millionen Elektroautos kommen bis 2030.
Sebastian
Wenn man da aktuellen Hochrechnungen glauben darf, werden wir die auch nicht ganz schaffen. Aber auch da sind zwölf dann, denke ich, schon mal genug oder auch der richtige Weg zumindest eingeschlagen. Und schön zu sehen, dass wir zumindest keine eine Million Ladepunkte brauchen. Vielleicht können Sie noch mal ausführen, warum der Fokus auf den HPC-Charger? Sie haben schon Marktbegleiter erwähnt, die eben auch AC oder mit langsamem Lader unterwegs sind. Ihr fokussiert euch ganz klar, HPC-Charger. Was ist der Hintergrund? Was ist der Antrieb dahinter?
Alexander Junge
Wir gehen tatsächlich davon aus, dass ultraschnelles Laden die Zukunft sein wird. Und es ist auch die Voraussetzung dafür, dass die Menschen in großer Zahl umsteigen auf Elektromobilität. Das wird nur dann geschehen, wenn wir es ermöglichen, dass man ähnlich schnell lädt, wie man tankt. Und der kleine Vorteil, den das Laden dabeihat, ist, dass man in aller Regel eben nicht irgendwo zur Kasse gehen muss, um zu zahlen, sondern bei uns können Sie überall mit EC-Karte oder Kreditkarte oder unserer Lade-App oder unserer Ladekarte direkt an der Säule zahlen. Wir bieten da viele Möglichkeiten, auch PayPal, Apple Pay, Google Pay, alles direkt an der Säule. Das spart auch schon mal ein bisschen Zeit.
Und wenn die Elektroautos, was nach unserem Kenntnisstand in Entwicklung ist und passieren wird, im Laufe der nächsten Jahre dann schneller laden können, können wir auch die hohe Ladegeschwindigkeit, die unsere Säulen bieten, voll ausspielen. Und dann werden die Kunden tatsächlich ähnlich schnell laden wie bisher tanken. Und das macht es dann wirklich interessant auch für diejenigen, die regelmäßig über Land fahren, sich ein Elektroauto zuzulegen.
Sebastian
Dem kann man, denke ich, so erst mal zustimmen auf jeden Fall. Jetzt haben Sie schon gesagt, es wird zu einem Wandel kommen, dass man eben an der Ladestation schon lädt. Dann findet ja sozusagen zweierlei Wandel auch bei der Tankstelle statt. Wir kommen einmal zwar langsam, aber stetig vom Verbrenner hin zum E-Auto, aber es scheint ja auch ein Wandel dann im Geschäftsmodell stattzufinden, weil im Moment – zumindest so mein Eindruck – verdienen ja auch Tankstellen ihren Umsatz oder ihre Marge durch das Tankstellengeschäft, was man ja sozusagen dann nicht mehr aktiv beeinflusst, wenn man direkt an der Ladestation bezahlen kann, weil dann muss ich ja gezwungenermaßen nicht mehr ins Geschäft rein. Vielleicht können Sie uns da auch mal abholen, wie Sie denn den Wandel der Tankstelle an sich sehen und wie Sie da auch voranschreiten von eurer Seite aus.
Alexander Junge
Das kann ich gerne machen. Zunächst einmal kann ich bestätigen, dass natürlich das Shopgeschäft auch dazu beiträgt, dass Tankstellen auskömmlich betrieben werden können. Und wir sind aber absolut überzeugt, dass unser Shop-Angebot so attraktiv ist, dass Elektroautofahrer dann auch während des Ladens in den Shop gehen, auch wenn sie es nicht nach Abschluss des Ladevorgangs zu tun brauchen, um zu bezahlen.
Das Gute gewissermaßen beim Laden des Elektroautos ist auch, dass man den Ladevorgang nicht überwachen muss. Beim Tanken sollte man tunlichst danebenstehen und aufpassen, dass da nicht irgendwas danebengeht, überläuft, wie auch immer, was im Normalfall nicht passiert, aber die Technik kann ja mal versagen. Aber das Elektroauto kann man wirklich guten Gewissens alleine lassen, während es lädt, und kann die Zeit dann z. B. nutzen, um in den Shop zu gehen.
Und wir wissen von vielen Elektroautofahrern, dass sie auch unser Shop-Angebot als sehr attraktiv empfinden, und wir haben auch gehört von der Zeitschrift connect, die uns zum besten Ladenetzwerk Deutschlands gewählt hat, dass dabei eine wichtige Rolle spielte, dass wir dieses Shop-Angebot haben, weil das unsere Ladestationen attraktiver macht für den Kunden. Und so wird sich die Tankstelle auf jeden Fall wandeln. Wir setzen für die absehbare Zukunft auf ein breites Kraftstoffangebot, ultraschnelles Laden und das schon beschriebene attraktive Shop-Angebot.
Wir investieren allein dieses Jahr rund 100 Millionen Euro in den Ausbau des Ladenetzes und neben dem Shop-Angebot sind auch für Elektroautofahrer Aspekte wie gute Beleuchtung an der Tankstelle, Waschanlage und Sanitärbereich wichtig. Und um kurz das Thema Shop noch mal abzurunden: Sehr beliebt beim Kunden sind unsere REWE-to-go-Shops an Aral-Tankstellen und bis Ende dieses Jahres wird deren Anzahl auf 900 wachsen, wo man dann also als Fahrer eines Elektroautos wie auch eines Verbrenners jederzeit kalte und heiße Getränke, frische Lebensmittel und Snacks erstehen kann.
Sebastian
Wichtiger Punkt, den Sie eben auch gesetzt haben, dass Sie gesagt haben: „Okay, wir nutzen die Ladezeit, um dann eben in den Shop zu gehen.“ Ich muss es ja nicht mehr gezwungenermaßen machen, wenn ich dann eben meinen Zahlvorgang habe, sondern in der Zeit dazwischen, weil, selbst wenn ich ultraschnell lade, stehe ich ja doch mal meine fünf bis zehn Minuten dort, was ja auch vollkommen in Ordnung ist, und kann die dementsprechend nutzen.
Sie haben jetzt den connect-Ladetestsieger-Award oder -Platzierung genannt von euch sozusagen. Da spielt ja auch eine Rolle mit, dass ihr ja zu 100 % Ökostrom verwendet bei euch, den ihr ja wahrscheinlich zukauft. Geht damit auch einher, dass ihr künftig vielleicht PV-Anlagen bei euch noch mit auf die Tankstellen macht oder bezieht ihr den einfach aus dem Netz? Und wie seht ihr überhaupt die erneuerbaren Energien in Hinblick auf Strompreise dann auch mal? Die Aussage steht ja im Raum: Mit Wachstum von erneuerbarer Energie gehen die Strompreise runter auf lange Sicht. Wird man das dann bei euch auch dementsprechend sehen, auch wenn das natürlich ein Blick in die trübe Glaskugel ist?
Alexander Junge
Der Punkt mit PV-Anlagen an Tankstellen ist sehr interessant. Die Tankstelle der Zukunft wird ohnehin eine Drehscheibe der Mobilität sein, mit Kraftstoffen, ultraschnellem Laden, Shop-Angebot und gewissen Add-ons wie zum Beispiel Paketstationen. Aber PV ist an der einen oder anderen Stelle auch denkbar. Es hängt immer sehr vom Platzangebot ab. Wir haben aber bereits an einer Tankstelle ein Dach über der dortigen Ladestation in Betrieb, das PV-Module integriert hat ins Dach und dort also täglich Strom produziert.
Nichtsdestotrotz muss man natürlich auch im Hinterkopf behalten, dass gerade ultraschnelles Laden dann auch sehr viel Strom benötigt. Und in Deutschland – ich wohne in Hamburg, bin an das Hamburger Schmuddelwetter gewöhnt – scheint nicht so viel die Sonne, als dass man mit der doch relativ kleinen Fläche z. B. auf dem Dach der Ladestation oder der Tankstelle genügend Strom vor Ort produzieren könnte, um daraus dann wirklich alle Kunden zu 100 % zu laden. Das heißt, wir kaufen von zertifizierten Anbietern Ökostrom zu und als Unternehmen investieren wir jetzt auch in Offshore-Windstromproduktion in der deutschen Nordsee.
Und wenn diese Windparks in Betrieb gehen, dann werden wir auf jeden Fall auch unseren eigenproduzierten Windstrom unseren Ladekunden anbieten. Und ich denke, das wird dann auch die Attraktivität unseres Angebots für den Kunden noch mal deutlich erhöhen, wenn er weiß, dies ist Windkraft, die vom Anbieter selbst produziert wurde in heimischen Gewässern. Das ist in meinen Augen wirklich eine tolle Sache und ich freue mich schon darauf, dass wir das in ein paar Jahren anbieten können.
Sebastian
Ist ein Argument, definitiv. Würde mich auch überzeugen, wenn ich dann weiß: Okay, es ist 100 % Ökostrom und der kommt noch aus Deutschland. Besseres Verkaufsargument auf eurer Seite gibt’s da erst mal nicht, das stimmt. Vielleicht, bevor wir dann so ein Stück weit auch zu den Hindernissen oder Stolpersteinen des Ausbaus der Ladeinfrastruktur kommen, können wir vielleicht den Blick noch außerhalb Deutschlands wagen? Weil da habt ihr ja auch einen Blick drauf und könnt das ein Stück weit in den internationalen Vergleich einordnen. Wenn Sie da vielleicht mal den Blick über die Grenzen Deutschlands wagen können, wie stehen wir da im Vergleich zu anderen europäischen Ländern?
Alexander Junge
Deutschland ist etwas später gestartet mit der Elektrifizierung als gewisse westeuropäische Nachbarländer wie z. B. die Niederlande und Norwegen, hat von daher bisher immer noch eine geringere Durchdringung des Fahrzeugbestands mit Elektroautos, aber Deutschland ist da massiv am Aufholen. Wir haben mittlerweile deutlich über eine Million vollelektrische Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen und die Anzahl der Neuzulassungen für E-Autos hat sich also nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts in den letzten fünf Jahren mehr als verzehnfacht.
Und wir haben auch im Bereich der Ladeinfrastruktur große Fortschritte gemacht in Deutschland. Wie zuvor besprochen, das steht dem Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland grundsätzlich nicht mehr im Wege. Es gibt genügend Ladepunkte. Trotzdem will ich auch ansprechen, dass wir auch im Vergleich zum europäischen Ausland uns in Deutschland manchmal ein wenig selber im Wege stehen. Ich habe neulich gerade einen Zeitungsartikel verfasst für den Tagesspiegel Background in Berlin unter dem Titel „Wer ‚Deutschlandtempo‘ sagt, muss auch von der Bremse gehen“. Und wir stehen uns da zum Teil selbst im Wege.
Um einfach mal ein Beispiel zu geben: In Nordrhein-Westfalen warten zurzeit um die 40 ultraschnelle Ladepunkte, die wir errichtet haben, auf ihre Inbetriebnahme. Warum? Weil die Netzanschlüsse zu lange dauern. Oftmals dauern auch Baugenehmigungen relativ lange. Eigentlich wollte die Politik Ladeinfrastruktur baugenehmigungsfrei machen. Es wurden schon vor mehreren Jahren dann Ladesäulen selber baugenehmigungsfrei gemacht, aber dann kam das ultraschnelle Laden. Das braucht, wenn man nicht eine batteriegepufferte Säule einsetzt, einen Mittelspannungsnetzanschluss und einen Trafo. Und siehe da, die Baugenehmigungsfreiheit für den Trafo war damals nicht bedacht worden.
Das heißt, in vielen Fällen wird jetzt die Baugenehmigungsfreiheit für die Ladesäule ausgehebelt darüber, dass der Trafo eine Baugenehmigung braucht. Ohne Trafo aber kein ultraschnelles Laden und somit warten wir bis zu zwei Jahre auf Baugenehmigung. Wenn die Politik also auch diese Nebenanlagen von Ladestationen wie z. B. Trafos baugenehmigungsfrei machen würde, könnten wir uns diese Wartezeit sparen. Das einfach als ein Beispiel, wie Bürokratieabbau den Ausbau der Ladeinfrastruktur deutlich beschleunigen könnte.
Und auch bei Netzanschlussanträgen sollte man ernsthaft eine Höchstbearbeitungsdauer durch den Netzbetreiber in Betracht ziehen. Wir haben in Deutschland über 800 verschiedene Netzbetreiber und unsere Erfahrung ist, dass die tatsächlich auch sehr unterschiedlich schnell vorankommen bei der Bearbeitung von Netzanschlussanträgen. Wir haben dort Netzbetreiber erlebt, die sehr kundenfreundlich sind und die die Anschlussanträge ganz toll und sehr schnell bearbeiten. Wir haben aber auch da schon Bearbeitungsdauern von zwei Jahren erlebt.
Und das sind dann so die Punkte, wo wir uns in Deutschland ein wenig selber im Wege stehen. Wir sollten hier Bürokratie abbauen und die Prozesse beschleunigen und dann könnten wir als Unternehmen und auch andere Marktbegleiter die Zahl der Ladesäulen noch viel schneller erhöhen.
Sebastian
Meine Großmutter würde jetzt sagen: „Gut gedacht ist nicht gut gemacht in dem Fall.“ Insofern leider so ein Beispiel, wie wir uns selbst im Weg stehen, wie Sie gesagt haben. Und dann kommt auf der anderen Seite so Forderungen auf wie einen Ladepunkt oder mehrere Ladepunkte künftig an jeder Tankstelle aufzubauen, wo ja auch wieder in den Markt eingegriffen wird vonseiten der Politik. Gibt’s da eine Meinung Ihrerseits dazu, ob das dann notwendig ist oder ob Sie denn nicht selbst überzeugt sind, dass das ein Konzern, ein Unternehmen für sich selbst steuern kann, wo es denn am sinnvollsten ist, auch so was auszubauen?
Alexander Junge
Wir haben da eine ganz klare Meinung. Wir wollen Ladepunkte an unseren Tankstellen errichten, überall dort, wo das vom Platz her möglich ist. Und wir haben von daher auch Grund zur Annahme, dass wir tatsächlich am allergrößten Teil der Tankstellen-Ladepunkte betreiben werden. Wir bauen darüber hinaus Ladepunkte an anderen Standorten, zum Beispiel an REWE-Supermärkten und an Fast-Food-Restaurants haben wir welche in Betrieb. Da werden demnächst auch Lade-Hubs hinzukommen, also sehr große Ladestandorte in Autobahnnähe oder an Flughäfen. Wir werden am Ende mehr Ladestationen als Tankstellen betreiben in Deutschland.
Und dennoch finden wir, dass eine solche Versorgungsauflage der falsche Weg ist. Das ist ein planwirtschaftliches Instrument, was in unseren Augen in einer Marktwirtschaft nichts zu suchen hat. Und wir als Unternehmen und damit als Investor sollten selber entscheiden können, ob wir an der Tankstelle oder am Supermarkt einen Kilometer entfernt Ladepunkte errichten. Vielleicht ja sogar an beiden Standorten, aber das sollte unsere Entscheidung sein und wir sollten nicht durch ein solches planwirtschaftliches Instrument dazu gezwungen werden.
Sebastian
Klares Statement und auch vielen Dank für Ihre Zeit, für die Einblicke hinter eure Strategie, hinter euren Weg, den ihr bereits gegangen seid oder noch gehen werdet. Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Junge.
Alexander Junge
Gern geschehen.