Mit Batterien steht und fällt der Erfolg der Elektromobilität. Markus Lienkamp, Professor für Fahrzeugtechnik an der TU München, gilt als einer der erfahrensten Experten auf diesem Gebiet. Er sprach mit Electrive im Vorfeld der heute startenden Internationalen Batterietagung NRW (09. bis 11. April in Münster) über die immer beliebteren LFP-Akkus auf Basis von Lithium-Eisen-Phosphat, über weitere Alternativen wie die Natrium-Ionen-Technologie, wann Elektroautos auch beim Kaufpreis mit Verbrennern mithalten können und wie es um die Batterie-Forschung sowie -Produktion in Deutschland steht.
Lienkamp sagt, dass wir in den kommenden Jahren in der E-Mobilität drei Trends verstärkt wahrnehmen dürften: Zum einen eine „Erhöhung der Reichweite durch zahlreiche Maßnahmen am Fahrzeug“, wie etwa Verbesserungen bei Aerodynamik, Reifen und dem Wirkungsgrad des Elektroantriebs.
Zweitens werde es zu einer „Kostensenkung der Batterien durch Massenfertigung und Innovationen“ kommen. Und Drittens geht Lienkamp davon aus, dass die Natrium-Ionen-Technologie im Einstiegssegment bei günstigen Elektroautos die LFP-Technologie ablösen werde: „Der LFP-Trend wird nur kurzfristig sein“, so der Forscher. Natrium-Ionen-Batterien seien „bei gleichen oder besseren Eigenschaften billiger“. Der vollständige Umstieg soll „bis schätzungsweise 2030“ vollzogen sein.
In – wo sonst, wird mancher sagen – China sind Natrium-Ionen-Batterien bereits in manchen günstigen Elektroautos verbaut und auf dem Weg zur breiten Industrialisierung. In Europa könnte „Northvolt da mithalten“, sagt Lienkamp. Das schwedische Unternehmen baut derzeit in Schleswig-Holstein seine erste Batteriefertigung in Deutschland auf.
Ansonsten waren die Neuigkeiten für Batterie-Fertigung und -Forschung in Deutschland zuletzt nicht gerade rosig, die Forschungsförderung etwa wurde vor kurzem massiv zurückgefahren. „Das war ein Schock für uns alle“, sagt Lienkamp, der von Kollegen berichtet, die in große Versuchseinrichtungen investiert hätten und sich nun „Sorgen um Aufträge“ machen. „Bis die Industrie einen Teil von den wegfallenden Forschungsgeldern kompensieren kann, werden ein bis zwei Jahre vergehen“, so der Wissenschaftler.
Alles in allem seien „alle in der Forschung sehr unglücklich“ und es herrsche fast der Eindruck, „als ob die aktuelle Bundesregierung prinzipiell die Forschung für das Auto nicht mehr fördern will.“ Generell ist die Stimmung in der deutschen E-Mobilitätsbranche derzeit recht verhalten bis zögerlich, während im Rest der Welt die Zeichen deutlich klarer Richtung Elektroautos weisen.
„Wir sind im klassischen Tal der Tränen“
„Wir sind im klassischen Tal der Tränen“, sagt Lienkamp, der weiterhin an den Erfolg von E-Autos glaubt: „Die Kosten werden erst richtig bei Höherskalierung und Innovationen sinken“. Auch weitere, laut Lienkamp „deutliche“ Verbesserungen bei den Reichweiten, werden E-Autos nochmals attraktiver machen.
In gut drei Jahren sei dann ein Punkt erreicht, an dem man kaum noch am E-Auto vorbeikomme: „Ich erwarte, dass 2027 der Kundennutzen mit 500 Kilometern Realreichweite und Kostenparität beim Verkaufspreis erreicht sein dürfte“, so der Forscher. Zwar hätten Elektroautos schon heute „Kostenparität bei den Vollkosten“ erreicht, also über ihre Nutzungsdauer hinweg und manche Modelle schon nach wenigen Jahren – was „der Kunde leider noch nicht so richtig honoriert“.
Für China und die EU geht der Wissenschaftler davon aus, dass Elektroautos bei den Neuzulassungen im Jahr 2030 einen Anteil von 50 Prozent erreicht haben werden. „Japan, Südamerika und die USA werden deutlich niedriger liegen“, ergänzt er. Die aktuelle kleine Delle bei den E-Auto-Verkaufszahlen im „natürlich schon eher zu Pessimismus“ neigenden Deutschland sieht Lienkamp schlussendlich sogar positiv: „Es müssten sich doch alle freuen, weil wieder mehr Verbrenner verkauft werden. Die deutschen Hersteller fahren Traumgewinne ein und investieren massiv in die Elektromobilität. Das wird sich spätestens ab 2030 auszahlen“.
Quelle: Electrive – Was macht die E-Auto-Batterie der Zukunft aus?