Autohersteller aus China holen bei Innovationsstärke auf

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Chinesische Automobilhersteller dominieren die globale Elektromobilität auch in punkto Innovation immer stärker. Auf Basis von insgesamt 512 einzeln bewerteten Serieninnovationen für Elektroautos des Jahres 2023 erreichen die chinesischen Hersteller einen Anteil von 45 Prozent der globalen Innovationsstärke, während die deutschen Hersteller nur auf 20 Prozent kommen. Die stärksten Zuwächse erzielen der Geely Konzern (+51,8 Index-Punkte (IP)) gefolgt von SAIC (+35,4 IP), der VW Group (+33,5 IP), BMW (31,3, IP) sowie BYD (25,2 IP) und Tesla (25,2 IP).

Das ist ein zentrales Ergebnis des jährlich aktualisierten „Electromobility Report 2024“ des Center of Automotive Management (CAM), der die (kumulierte) Innovationsstärke von mehr als 30 Automobilkonzernen mit rund 100 Automobilmarken im Zeitraum zwischen 2012 und 2023 im Bereich batterie-elektrischer Fahrzeuge (BEV) systematisch erfasst und mittels eines Index bewertet. Im Mittelpunkt der Innovationsanalyse stehen dabei serienreife Neuerungen im Bereich Elektromobilität, die vor allem im Hinblick auf Reichweite, Verbrauch und Ladeleistung zu einer Verbesserung des Kundennutzens führen.

Der US-amerikanische Elektroautopionier Tesla bleibt demnach der innovationsstärkste Elektroauto-Konzern mit insgesamt 214 IP, wenngleich die Wettbewerber den Abstand zum Top-Innovator verkürzen können. Der Volkswagen-Konzern führt auf Rang 2 mit 199 IP das Feld der „Fast Follower“ an, gefolgt von Geely (156 IP) und BYD (139 IP) auf den Rängen 3 und 4. Der Hyundai-Konzern kann seine Position halten und belegt weiterhin den 5. Platz in der Rangliste (120 IP).

Die SAIC Gruppe verbessert sich mit dem zweithöchsten Zuwachs der Innovationsstärke auf Rang 6 (104 IP). Mercedes-Benz fällt auf Rang 7 zurück (87 IP), während sich BMW dank starken Innovationsleistungen auf Rang 8 verbessert (80 IP). Stellantis bleibt auf Rang 9 (79 IP), während General Motors auf Rang 10 zurückfällt (75 IP). Nachzügler der Elektromobilität bleiben die japanischen Hersteller Toyota und Nissan, die nur auf den Plätzen 19 und 21 rangieren.

Besonders innovationsstark zeige sich der Geely Konzern, zu dem auch die europäisch verwurzelten Marken Volvo und Polestar gehören, u.a. mit den Modellen Zeekr 009 und Lotus Eletre. Der Zeekr 009 ist das weltweit erste Fahrzeug, das mit der neuen Qilin 3.0 Batterie von CATL ausgestattet ist, die dem Van eine Reichweite von bis zu 822 km (im chinesischen CLTC-Zyklus) verleiht.

Bei BYD sind neben der Cell-to-Body-Technologie (CTB) Segmentneuheiten wie der Denza D9 hervorzuheben, der auf eine Reichweite von 620 km (ebenfalls in der China-Norm) und auf eine Ladeleistung von 166 kW kommt. Gleichzeitig wurden Neuerungen bei weiteren Modellen wie dem Yuan Plus, Tang EV und dem Han EV festgestellt. Der Volkswagen Konzern punktet u.a. mit dem VW ID.7, der mit 14,1 kWh/100km den niedrigsten Verbrauch in seinem Segment erziele.

Deutschland-China-Autohersteller-Innovationen
CAM

Überraschend stark zeigt sich auch GAC. Mit einem Zuwachs von 21,1 Indexpunkten rückt der chinesische Konzern von Platz 23 auf den 17. Platz vor und überholt bekannte Hersteller wie Nissan und Toyota. Hierzu tragen u.a. die V2V-Charging-Funktion des Trumpchi E8 bei oder die Reichweitenoptimierung des GAC Aion Hyper SSR auf 504 km, der die zweithöchste Reichweite im Sportwagen-Segment aufweise.

Bester Newcomer ist der US-amerikanische Hersteller Rivian, der mit einer Reichweitenoptimierung seines R1T Pick-Up eine Weltneuheit auf den Markt gebracht hat. In Verbindung mit der größten Hochvoltbatterie erzielt das Modell nun eine Reichweite von bis zu 644 km nach amerikanischem EPA-Zyklus. Dank dieser und weiteren Innovationen klettert Rivian einen Platz höher und belegt nun den 13. Platz der innovationsstärksten Elektroautobauer.

Wer innovativer ist, verkauft sich besser

Die Innovationsstärke ist ein wichtiger Einflussfaktor bei der Neuordnung der Automobilbranche im Bereich der Elektromobilität. Es zeige sich eine hohe Korrelation zwischen den innovationsstarken Elektroautobauern und deren globalen Absatzentwicklungen, so das CAM: Unter den Top-6 der innovationsstärksten Autohersteller befinden sich auch die fünf absatzstärksten Elektroautohersteller des Jahres 2023.

Mehr als 80 Prozent des globalen Elektroauto-Absatzes im Jahr 2023 entfällt auf zehn Automobilhersteller. Dabei sind allein die drei größten Automobilhersteller Tesla, BYD und der VW-Konzern zusammen bereits für knapp die Hälfte (46 Prozent) aller Neuzulassungen verantwortlich. Tesla steigerte 2023 als globaler Marktführer seine Auslieferungen von 1,31 auf 1,81 Millionen Elektroautos (+38 Prozent). Jedoch gerät der Elektropionier zunehmend unter Druck, da BYD seinen Wachstumskurs mit einer Steigerung von 73 Prozent auf 1,58 Millionen E-Autos fortsetzte.

Der VW-Konzern konnte 2023 seinen Elektroabsatz leicht überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt um 35 Prozent auf rund 770.000 E-Autos erhöhen. Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz wiesen im vergangenen Jahr ein besonders hohes E-Auto-Wachstum auf und kommen auf die Plätze 8 und 10: Während BMW 376.000 Elektromodelle absetzte (+74 Prozent), erreichte Mercedes-Benz 223.000 (+73 Prozent) vollelektrische Pkw-Auslieferungen.

Auch im ersten Quartal 2024 zeigte sich ein hoher Überschneidungsgrad zwischen der Innovationsleistung der Automobilhersteller und dem Absatzerfolg ihrer Elektroautos auf dem Weltmarkt. Tesla bleibt als innovationsstärkster Hersteller mit einem Verkaufsvolumen von 387.000 E-Autos (-9 Prozent) trotz sichtlicher Absatzschwierigkeiten auf Rang 1 und vor BYD (300.000, +13 Prozent).

Der VW-Konzern muss dagegen sowohl beim Absatz als auch der Innovationsstärke gegenüber SAIC federn lassen. Mit 136.000 E-Autos (-1 Prozent) gegenüber 150.000 (+13 Prozent) liegt der deutsche Konzern aktuell nur noch auf Rang 4. Für Geely scheint sich die starke Zunahme der Innovationsleistung nun auch auf den Elektroauto-Absatz zu übertragen. Der Konzern liegt stark überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt um 31 Prozent auf 130.000 E-Autos zu. Damit liegen die Ränge 3 bis 5 dicht beieinander.

„Ein niedriger Anschaffungspreis spielt für den Markterfolg eine zentrale Rolle“

Es zeigt sich, dass die innovationsstarken Automobilhersteller im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge derzeit auch zu den Marktführern der E-Mobilität zählen. Neben der Innovationskraft, z.B. in Form von hohen Ladeleistungen, Reichweiten oder geringen Verbräuchen, spielt jedoch auch ein niedriger Anschaffungspreis für den künftigen Markterfolg eine zentrale Rolle“, ordnet Studienleiter Stefan Bratzel ein. Einige chinesische Hersteller punkten demnach derzeit bei beiden Erfolgsfaktoren.

Für die Wettbewerber ergebe sich daraus eine doppelte Herausforderung: „Sie müssen mindestens so viel innovativer sein, wie sie teurer sind. Und wenn Sie nicht innovativer sind, können Sie auch nicht teurer sein. Zu einer zentrale Erfolgsbedingung für den weiteren Markthochlauf entwickelt sich die Kostenführerschaft entlang der elektromobilen Wertschöpfungskette.

Bei der CAM-Innovationsstärke werden im Technologiefeld der Elektromobilität – Elektroautos sowie Plug-in-Hybride – alle erfassten Serien-Innovationen bewertet und kumuliert in einem Indexwert (Innovationsstärke) zusammengefasst. Die dabei erfassten Innovationen bestehen hauptsächlich aus der Triade: Reichweite, Stromverbrauch und Ladeleistung. Um eine möglichst kundennahe Innovationsstärke zu beschreiben, werden grundsätzlich nur Serien-Innovationen betrachtet, d.h. Vor- und Kleinserien bleiben ebenso außen vor wie reine Prototypen oder serienferne Studien.

Quelle: CAM – Pressemitteilung vom 17.04.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Daniel W.:

Deutschlands Autoindustrie verscherbelte ihr Wissen und verbeugte sich vor Chinas Machthaber, damit sie einige Autos in China verkaufen durften.

Jetzt reiben sich die Autohersteller verwundert die Augen, dass Chinas Autofirmen neben günstigen Preisen auch Innovationen haben.

Spiritogre:

Ich treibe mich sehr viel in amerikanischen Foren herum und da steht Lexus eben gerade bei Gebrauchten wegen der Zuverlässigkeit hoch im Kurs. Bei „Consumer Reports“ in den USA gewinnt Lexus vor Toyota Jahr für Jahr den „Reliability Award“.

In Europa hat die Marke zugegeben nicht sonderlich viel zu melden und persönlich empfinde ich sie auch als nicht so hübsch.
Lexus hat 2023 immerhin 824.000 Autos verkauft, das ist jetzt für eine so kleine Marke nicht schlecht. Volvo hat z.B. im gleichen Zeitraum nur 700.000 Autos verkauft.

Generell sprach ich von Autos allgemein und habe Tesla gar nicht erwähnt. Die Tesla Qualität ist sicher nicht die beste, aber dass die Autos sich dennoch wie geschnitten Brot verkaufen hat ganz andere Gründe. Vor allem sind sie gerade auch in den USA immer noch mit Abstand Preis / Leistungssieger und profitieren dort auch stark dank Superchargern. In Deutschland ist wiederum gerade das importierte Model 3 (ab 43k Euro) ein wenig zu teuer und zu nah am Model Y (ab 45k Euro) und die Model S Preissenkungen kriegen wir hier gar nicht erst mit. Das Model S kostet ab 75.000 Dollar, in Deutschland ab 95.000 Euro. Beides ist inzwischen zu viel. Ab 101.000 Euro bekommt man hier einen Porsche Taycan und einen BMW i5 bekommt man ab 70.000 Euro mit völlig anderer Verarbeitungsqualität.

Läubli:

Dankeschön… das tut gut. ;-)
Das ist ja oft der Fall bei unseren Kommentaren hier und die Meinungen sind halt auch oft subjektiv, das macht es aber interessant – wie in der Politik halt.

Andreas V.:

So kann man das schon auch darstellen … !

Andreas V.:

Ihr habt beide ein bißchen recht.

Läubli:

Oh… haben das nicht auch alle über Tesla dazumal gesagt… sooo viele Menschen haben Tesla immer wieder zu Tode gesprochen, nie ist es passiert und siehe da, heute ist es DER Marktleader schlechthin mit dem bereits im Jahre 2023 meistverkauften Automodell (MY).
Ja… ich stimme dir zu, das wird wohl keinem Newcomer mehr so schnell gelingen, wohl am wenigsten Xiaomi… aber warum ist denn die schon fast komplett vergessene Marke Lexus in keinem Munde? Da kommen eben keine Innovationen… da ruht man aus… obwohl man nie etwas am Weltmarkt erreicht hat – wie viele Lexus gibt es wohl weltweit? Braucht es diese Marke noch in Zukunft? Zugegeben, die Autos sind schön zu fahren, qualitativ gut gemacht… aber wen interessiert das gesehen auf die Weltbevölkerung? Genau… quasi niemanden! Aber gut, dass es Lexus noch gibt… hoffen wir, dass die auch mitkommen in die neue schöne Welt.
Aber komm jetzt, bitte: Lexus ist alles andere als populär, die sind veraltet… oder was verstehst du unter dieser Bezeichnung denn genau und was sind das wohl für Umfragen, wo Lexus so gut sein soll? Es scheint, dass niemand davon weiss ausser du. ;)

Spiritogre:

Ein Auto besteht aber nun einmal aus mehr als aus Batterie und Elektromotor. Und der Rest ist genauso wichtig und da gibt es keine Unterschiede zum Verbrenner.

Martin:

Sie sind aber ein toller Experte!

Gerd:

Es ist nur irgendwie auffällig, dass weder Lexus noch Toyota aus ihrer „unglaublichen Popularität“ praktisch keinerlei Verkaufserfolge bei BEVs (darum geht es im Artikel) generieren.
Grundig und Dual waren übrigens auch mal Qualitätsführer und „unglaublich populär“.

Spiritogre:

Innovation heißt hier vor allem zugekaufte Komponenten probeweise einzubauen, etwa bei Batterien, so frei nach dem Motto, wir schmeißen alles an die Wand und schauen was kleben bleibt. Das ist vielleicht insbesondere ein Problem bei chinesischen Firmen, weil die extra kurze Entwicklungszeiten haben. Was eben zu unglaublich vielen Problemen führt, siehe etwa den hochgelobten Xiaomi SU7, wo bei mehreren Crashs die Airbags nicht ausgelöst haben bzw. der Bremsassistent gar nicht erst reagierte oder das Fahrwerk eben „umschaltet“ und das Auto wie Butter auf heißer Pfanne heerumeiern lässt.

Bitte an die Hersteller und Behörden, lasst solche unsicheren, unausgereiften Autos nicht auf unsere Straßejn los!

Genau deswegen ist Lexus so unglaublich populär, die setzen auf althergebrachte und ausgereifte Technik. Damit sind sie nicht innovativ aber eben nicht umsonst in Umfragen die mit Abstand zuverlässigste Automarke mit den wenigsten Pannen und Problemen. Und das ist wesentlich wichtiger.

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