Nachdem Volvo angekündigt hatte, sich als Großinvestor von Polestar zurückzuziehen, plane das schwedisch-chinesische Unternehmen, weiterhin Anteile an der Schwestermarke zu behalten, wie das Handelsblatt berichtet. Jim Rowan, der CEO von Volvo, betont, dass er trotz des Rückzugs eine enge Beziehung zu Polestar aufrechterhalten möchte. Er erklärt, dass Volvo wahrscheinlich seine Beteiligung an Polestar reduzieren wird, jedoch wurden noch keine konkreten Pläne bezüglich des Ausmaßes oder der Mechanismen dieser Reduzierung bekanntgegeben.
Trotz des Rückzugs als Hauptinvestor werde Jim Rowan vorerst auch im Polestar-Aufsichtsrat bleiben, heißt es. Diese Ankündigung kommt nach Volvos Entscheidung Anfang Februar, die Aktienmehrheit an Polestar an den chinesischen Autokonzern Geely abzugeben, der auch Volvos Haupteigentümer ist.
Im Jahr 2017 wurde die einstige Performance-Abteilung Polestar als eigenständiger Ableger von Volvo gegründet, um Premium-Elektroautos mit sportlichem Charakter anzubieten. Während der Anfangsphase war Volvo ein wichtiger Unterstützer für das neue Unternehmen. Allerdings verfügte Volvo zu diesem Zeitpunkt nicht über Erfahrung als Holding-Unternehmen, was zu gewissen Herausforderungen führte. Zudem hat Polestar mittlerweile drei Elektro-Modelle entwickelt, die teilweise direkt mit Volvos eigenen Fahrzeugen konkurrieren. Angesichts dieser Dynamik betont Rowan, dass es nun an der Zeit sei, dass beide Unternehmen ihre eigenen Wege gehen und sich auf ihre individuellen Reisen konzentrieren müssen.
Das Geld kommt nun von Volvo-Mutter Geely
Geely werde Polestar auch in Zukunft in vollem Umfang operativ und finanziell unterstützen, so dass Volvo Polestar keine weiteren Mittel mehr zur Verfügung stellen muss, erklärt das Unternehmen. Trotz des Rückzugs und der Erwartungen von Investoren plane Volvo jedoch, weiterhin Anteile an Polestar zu behalten, wenngleich eine Reduzierung dieser Beteiligung gesetzt ist. Diese Entwicklung sei „eine natürliche Evolution“ für alle Beteiligten, so Rowan.
Die enge operative Zusammenarbeit beider Unternehmen werde in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion, Kundendienst und Vertrieb allerdings fortgesetzt. Beispielsweise produziert Volvo einige Polestar-Modelle in seinen Fabriken in China und den USA, da die Produktionskapazitäten des jungen Unternehmens noch begrenzt sind. Darüber hinaus nutzt Polestar Volvos bzw. Geelys Elektrobaukästen für seine Fahrzeuge, was die gemeinsame Fertigung erleichtert.
Volvo ist schweren Ballast los
Die aktuelle Krise in der Elektromobilitätsbranche macht auch vor Polestar nicht Halt. Im Jahr 2023 musste das Unternehmen mehrfach seine Absatzziele nach unten korrigieren und konnte letztlich nur gut 54.600 Fahrzeuge weltweit ausliefern, was nur leicht über dem Niveau des Vorjahres liegt. Das ambitionierte Langfristziel, bis Ende 2025 insgesamt 290.000 Fahrzeuge zu produzieren, musste drastisch auf 155.000 bis 165.000 reduziert werden. Diese Entwicklungen haben außerdem zu einem strategischen Schritt des Unternehmens geführt, um die Kosten zu senken: Polestar hat jüngst angekündigt, weltweit 450 Mitarbeiter entlassen zu wollen, was etwa 15 Prozent der Gesamtbelegschaft entspricht.
Diese Herausforderungen bei Polestar hatten auch Auswirkungen auf die Bilanz von Volvo. Der Gewinn der schwedischen Traditionsmarke sank um 17 Prozent auf 14 Milliarden Schwedische Kronen (1,25 Milliarden Euro). Wenn man jedoch Volvos Beteiligungen herausrechnet, zu denen auch Polestar gehört, hätte der Gewinn bei 2,27 Milliarden Euro gelegen, was einen Rekordwert darstellen würde.
Die Financial Times hat zudem berichtet, dass Polestar zusätzlich 1,2 Milliarden Euro an Finanzmitteln benötige, um ab 2025 profitabel zu sein. CEO Thomas Ingenlath hat demnach erklärt, dass die Gespräche zur weiteren Finanzierung “weit fortgeschritten” seien. Der Aktienkurs des Unternehmens, das an der Nasdaq gelistet ist, ist seit dem Börsengang im Juni 2022 um mehr als 80 Prozent gesunken.
Quellen: Handelsblatt – Was plant Volvo nach dem Rückzug als Hauptinvestor mit Polestar? / Volvo – Offizielle Pressemitteilung vom 1.2.2024