Warum E-Autos aus China in Deutschland so viel teurer sind

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Gut das doppelte im Vergleich zum Heimatmarkt, im Extremfall sogar fast das dreifache, kostet ein Elektroauto aus China auf dem deutschen Markt. Eine Diskrepanz, die vielen Interessenten sauer aufstößt. Der BYD Atto 3 etwa ist in China für umgerechnet gut 18.000 Euro zu haben. In der Preisliste für Deutschland ist der Kompakt-SUV mit 37.990 Euro ausgezeichnet, gut 20.000 Euro mehr. Wie lässt sich dieser drastische Aufschlag erklären?

Am naheliegendsten ist, dass Fracht- und Importkosten anfallen. Doch schon bevor ein chinesisches Modell überhaupt in Europa verkauft werden darf, müssen die Hersteller einen hohen Millionenbetrag aufwenden für die Homologation – ein aufwendiges Prüf- und Zulassungsverfahren, bei dem ein Fahrzeug bis ins kleinste Detail begutachtet wird. Auch NCAP-Crashtests, eine Überprüfung der Bordelektronik und der Assistenzsysteme sind dafür notwendig. Wie hoch die Kosten dafür sind, darüber hüllen sich die Hersteller in Schweigen. Manche sprechen gar von einem insgesamt dreistelligen Millionenbetrag, der von Branchenkennern allerdings stark angezweifelt wird.

Autos lassen sich zudem schlecht verkaufen ohne Händler- und Servicenetz. Während die Hersteller aus China in dieser Hinsicht in ihrer Heimat schon gut aufgestellt ist, müssen sie für Europa noch in Vorleistung gehen. Und schlagen das natürlich ebenfalls auf den Preis auf. Auch mehr oder weniger umfangreiche Anpassungen der Fahrzeugsoftware und möglichen Smartphone-Apps, damit sie mit der EU-weiten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Einklang stehen, treiben den Preis nach oben.

Es ist üblich, dass Autohersteller für den Export der gleichen oder ähnlicher Versionen eines Fahrzeugs in verschiedenen Märkten leicht unterschiedliche Preise verlangen. Aber das Ausmaß der Aufschläge von BYD für ausländische Märkte sei in dieser Höhe selten, sagt Sam Fiorani, Vice President of Global Forecast beim Marktforschungsunternehmen AutoForecast Solutions, der Nachrichtenagentur Reuters zufolge.

Der hohe Preisunterschied ist also noch lange nicht begründet. Und es lohnt sich, das Ganze auch mal umzukehren, und nicht zu fragen, warum chinesische E-Autos bei uns so teuer sind, sondern: Warum sind sie in China so billig? Die hohe Differenz der Listenpreise zwischen den Märkten spiegelt sicher zum Teil auch den extrem harten Wettbewerb in China wider, dem weltweit größten Automarkt, wo Dutzende von Elektroauto-Marken mit harten Bandagen einen Preiskampf führen. Elektro-Kleinwagen teils deutlich unter 10.000 Euro sind in China gang und gäbe – hohe Margen sind zweitrangig.

Chinas Hersteller haben Kostenvorteile in Beschaffung und Produktion

Außerdem hat Chinas Elektroauto-Industrie schon von Haus aus große Kostenvorteile gegenüber ausländischen Wettbewerbern. Rohstoffe, Batterien, Fabriken, Grundstücke, Strom und Arbeitskräfte sind in China deutlich günstiger, außerdem hat der Staat den Sektor großzügig mit Förderungen subventioniert, um die E-Mobilität voranzubringen. Mit Erfolg: Mehr als jeder Dritte Neuwagen in China ist ein Elektroauto oder Plug-in-Hybrid.

BYD hat zudem mit seiner stark vertikal integrierten Lieferkette einen Vorteil gegenüber anderen Autoherstellern. Der Autokonzern stellt fast alle Komponenten seiner Autos im eigenen Haus her, anstatt sie von Zulieferern zu beziehen. Vor allem die dadurch ermöglichte Senkung der Kosten für die selbst produzieren Batterien – die teuerste Komponente eines Elektroautos – ist ein wichtiger Hebel für BYD.

BYD und auch viele andere chinesische Autohersteller und Lieferanten haben – mit deutlichem Vorsprung gegenüber beispielsweise den meisten europäischen Herstellern – die vergangenen zwei Jahrzehnte damit verbracht, sich Zugang zu Minen auf der ganzen Welt zu und somit zu kritischen Batterierohstoffen wie Lithium und Kobalt zu sichern, sagte demnach Keith Norman, Chief Sustainability Officer beim Batterie-Startup Lyten in Kalifornien. Daten, die Reuters vom Marktforschungsunternehmen Benchmark Mineral Intelligence zur Verfügung gestellt wurden, zeigen, dass der Preis für Batterien in China in diesem Jahr etwa 18 Prozent niedriger liegt als in Europa.

Ein riesiges Unternehmen wie BYD, das seine eigenen Batterien herstellt, könne die Kosten dank seiner Marktmacht sogar noch weiter senken, indem es in der gesamten Batterielieferkette Mengenrabatte aushandeln kann, sagte Benchmark-Analyst Roman Aubry. Selbst Schiffe für den Export baut BYD nun selbst.

Auch Chinas generell höhere Prozess-Geschwindigkeit komme den heimischen Herstellern zugute. Dass eine neue Fabrik innerhalb eines Jahres aufgebaut ist, ist keine Seltenheit, da sie mit weniger regulatorischen Hürden konfrontiert sind als in westlichen Ländern, so Mark Wakefield, Leiter des globalen Automobilteams bei AlixPartners, einer in New York ansässigen Beratungsfirma. Das bedeute insgesamt, dass die Kapitalinvestitionen der chinesischen Autohersteller pro Fahrzeug deutlich niedriger sind.

In Europa sind die Margen deutlich höher

Aber auch das erklärt die hohen Preise für E-Autos aus China in Europa noch nicht. Chinesische Hersteller üben sich zudem im Spagat, aus der höheren Kaufkraft in Europa Profit zu schlagen. Während sie in China aufgrund des harten Wettbewerbs gezwungen sind, die Preise so niedrig wie möglich zu halten, nutzen sie das hohe Preisniveau in Europa, um ihre Margen zu erhöhen. Diese Margen seien Branchenkennern zufolge so hoch, dass Chinas Hersteller noch eine enorme Flexibilität hätten, um die Preise zu senken und so weiter Marktanteile im Ausland zu erobern.

Im Moment seien chinesische Autohersteller, allen voran BYD, damit zufrieden, ihre Exportpreise hoch zu halten und die Gewinne einzustreichen, sagte Ben Townsend, Leiter des Bereichs Automobilindustrie bei der in Großbritannien ansässigen Thatcham Research, dem Reuters-Bericht zufolge. Er sagte, dass chinesische Elektroauto-Hersteller in ihrer Heimat oft Schwierigkeiten hätten, überhaupt die Gewinnschwelle zu erreichen oder zumindest einen kleinen Gewinn einzufahren. „Sie wollen den europäischen Markt nicht unterbieten“, sagte er. „Dort wollen sie ihre Marge machen.“

Auto-Import-Schiff
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Reuters überprüfte die von BYD oder seinen Händlern in fünf seiner führenden Exportmärkte – Deutschland, Brasilien, Israel, Australien und Thailand – veröffentlichten Preise für drei seiner beliebtesten Elektroautos, die Limousinen Dolphin und Seal und den SUV Atto 3. In diesen Märkten lag der Startpreis für den Atto 3 zwischen 81 und 174 Prozent höher als in China. Die Preise für den Dolphin reichten von 39 bis 178 Prozent höher und die Seal-Preise von 30 bis 136 Prozent höher.

Ein fairer Vergleich der Startpreise nach Markt werde allerdings durch regionale Unterschiede in den verfügbaren Ausstattungsstufen erschwert. In einigen Fällen hatten die von Reuters untersuchten Einstiegsfahrzeuge eine etwas bessere Ausstattung als das günstigste Modell in China.

„Tausende von Dollar an zusätzlichen Gewinnen pro Fahrzeug“

Insgesamt aber lässt sich festhalten, dass Chinas Autohersteller außerhalb ihres Heimatmarktes „Tausende von Dollar an zusätzlichen Gewinnen pro Fahrzeug erzielen“, so eine Analyse, die für Reuters von A2MAC1 durchgeführt wurde. Der Anbieter von Benchmarking-Lösungen für die Automobilindustrie zerlegt Autos für Autohersteller, um die Produkte ihrer Konkurrenten zu bewerten.

A2MAC1 verglich demnach die europäische Version des BYD Dolphin, die für gut 33.000 Euro verkauft wird, mit der Version, die in China für umgerechnet 14.000 Euro angeboten wird. Der europäische Dolphin ist etwas länger und verfügt über zusätzliche und bessere Ausstattung und Funktionen, darunter eine etwas größere Batterie, eine komfortablere Aufhängung und zusätzliche Sensoren. Dennoch schätzte A2MAC1 unter Berücksichtigung dieser Upgrades zusammen mit den Transport- und Einfuhrsteuern und weiteren Kosten, dass die Gewinnspanne von BYD für das europäische Auto etwa 6900 Euro höher lag als das, was das Auto in China abwirft.

Quelle: Reuters – Why BYD’s EV exports sell for twice the China price / Futurezone – Warum sind chinesische E-Autos in Europa oft doppelt so teuer?

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Uwe Bosse:

Immer wieder ist nur von SUV’s die Rede. Außer mir gibt’s mit Sicherheit noch eine Menge Leute die keinen SUV fahren wollen.

Uwe Bosse:

Das ist typisch „Volkswagen“. Ein von diesem Konzern stammendes Fahrzeug würde ich mir sowieso nicht kaufen (Boykott). In der Praxis gibt der Markt durchschnittlich nicht mehr ganz so viel Kaufkraft her wie in vergangenen Jahrzehnten. Und manche Unternehmen sind froh, wenn sie nicht Insolvenz anmelden müssen.

Uwe Bosse:

Die Transportkosten mit Einfuhrabgaben machen zusammen nur gut ein Drittel des dortigen Verkaufspreises aus. Die von den chinesischen Herstellern hier gewünschten Margen sind teilweise etwas zu hoch. Einen reißenden Absatz erreichen die Fahrzeuge hierzulande jedenfalls noch nicht.

Spiritogre:

Importzoll in die EU: 10 Prozent
Importzoll nach China: 18 Prozent, bei gewissen Luxusautos bis zu 47 Prozent.

Aktuell ist es also eher genau andersherum als dein Stammtisch vermutet…

Rene Berg:

Problem in Deutschland ist die Dienstwagenregelung, die deutschen Hersteller sind hier bevorteilt, man verkauft oder vermietet die Fahrzeuge zum Listenpreis und wird tausende Autos teuer los. Das hält die Nachfrage und den Absatz hoch und somit die Preise für deutsche Karossen… Im Ausland funktioniert das nicht… Zudem kommt die Werbung in Deutschland, deutsche Autos werden gehypt, schlägt man im Ausland eine Autozeitung auf, ist nur in der Oberklasse ein deutsches Fahrzeug vertreten weil es für Luxus steht, ab Mittelklasse sind es Marken.

Ori:

Man will doch keine Konkurrenz in Europa. Man macht die chinesischen Brands gleich teuer, damit sich der Europäer doch für ein Mercedes, Audi, BMW…usw. usf. entscheiden. So funktioniert es

Groß:

Auf welchem Plant lebst Du? Stihl vergrößert seit Jahren seine Produktion in der Schweiz. Und verlagert dabei mehr und mehr von Deutschland in die Schweiz.
Die deutsche Industriellen sollen mal aufhören zu jammern und wieder beginnen innovativ zu arbeiten.

Groß:

He verfolgt umgekehrt den gleichen Weg:
Der ID 7 Vission zum Beispiel ist in China ein anderes Auto außer der Karosserie.
Auch die Software ist eine andere und auf den jeweiligen Markt angepasst.
So wie manche es hier Stammtisch mäßig schreiben sieht die Realistisch Betrachtungsweise nicht aus. Ein BYD Altto ist auch in China nicht der Maßstab für ein E-Auto auf der Höhe von Nio oder den Top-Modellen andere Marken.
Hier werden billige Autos mit Top-Marken verglichen und die europäischen Autos besser dastehen zu lassen. Viele sogenannte Experten kopieren und übersetzen lediglich internationale Berichte.
Die Importzölle werden erhoben um die veraltete und verstaubte Automobillobby politisch halten zu können. Warum wird die Auto nicht gefördert und auch gefordert?
Das alles ist traurig aber wahr.

Spiritogre:

Müssten sich die Hersteller ausrechnen, was wann günstiger kommt.
Ich denke aber das große Problem ist, bis auf BYD mit ihren 3 Millionen NEVs (Hybride + Elektro) stellen die meisten chinesischen Firmen weit, weit unter 1 Millionen (Elektro) Autos im Jahr her, die meisten dümpeln zwischen 100.000 und 200.000 herum. Könnten die Nachfrage also gar nicht bedienen, wenn sie hier günstig anbieten würden.

Autojoe:

Egal um was es sich handelt Europa ist Margenweltmeister. Ich war lange Zeit in der Importbranche und kann davon ein Lied singen!

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