Bei Volkswagen und seinen Tochterunternehmen stapeln sich die Probleme. Wieder einmal verantwortlich ist die Softwaretochter Cariad, wie das Manager-Magazin berichtet. Die Verzögerungen bei der Entwicklung und Auslieferung von Software und Auto-Modellen betreffen Marken wie VW, Audi und Porsche. Peter Bosch, der Leiter von Cariad, steht vor der ebenso gewaltigen wie kniffligen Aufgabe, die Einheit zu sanieren und gleichzeitig drastische Kostensenkungen zu erreichen.
Und das nicht erst seit gestern. Schon länger beobachten wir die Entwicklungen rund um Cariad. CEO Oliver Blume hatte Ende 2023 beschlossen, die internen Entwicklungskosten bis 2028 jährlich um 20 Prozent zu reduzieren. In einem weiteren Schritt zur Restrukturierung von Cariad wurde Sanjay Lal, ein ehemaliger Google- und Tesla-Manager, zum neuen Chief Software Officer ernannt. Gerüchte über Jobkürzungen bei Cariad kamen ebenfalls, nachdem Blume Peter Bosch von Bentley als CEO des Unternehmens einsetzte und damit Dirk Hiligenberg ablöste. Bosch sollte „signifikante Veränderungen“ in der Softwarestrategie von Volkswagen vorantreiben. Laut einem älteren Bericht plant der Autohersteller, im Zuge einer Restrukturierung ab 2024 etwa 2000 Stellen bei Cariad abzubauen.
In Wolfsburg traf sich die Führungsebene von Volkswagen, um sich mit den anhaltenden Elektronikproblemen auseinanderzusetzen, die bereits seit über vier Jahren bestehen und sogar zur Entlassung des früheren Konzernchefs Herbert Diess geführt hatten. Insbesondere die Verzögerungen bei den Modellen Q6 e-tron von Audi und Macan von Porsche, die drei Jahre hinter dem Zeitplan liegen, waren Gesprächsthema. Überraschend kam auch das Thema der Softwareversion E3 1.1 wieder auf, die ursprünglich für kleinere und mittlere Autos gedacht war und bereits für überwunden gehalten wurde.
Thomas Ulbrich, Vorstandsmitglied für Elektromobilität, räumte ein, dass die Software in den zukünftigen Modellen weit hinter den Erwartungen zurückbleibt, was zu erheblichen Verzögerungen führe. Besonders in China stoße VW auf “gewaltige Probleme” bei der Integration neuer, speziell entwickelter Features in die Cariad-Softwarearchitektur.
Trotz dieser Herausforderungen bleibt man in Wolfsburg optimistisch, zumindest was die Marke VW angeht. Neue Modelle könnten auch mit weniger leistungsfähiger Software auf den Markt gebracht werden. Das neue SUV Tiguan beispielsweise wird nur einige Monate später als geplant erscheinen. Die Probleme bei Cariad haben auch Auswirkungen auf Audi und Porsche, wo sich die Verzögerungen besonders bemerkbar machen. Ab Ende Juni darf der Macan (Verbrenner) zumindest in Europa nicht mehr verkauft werden, weil er eine neue Vorschrift für Cybersicherheit nicht mehr erfüllt. Hier wird es zeitnah notwendig sein, dass Porsche die E-Variante auf die Straße bekommt.
Cariad steht vor der schwierigen Aufgabe, seine Software- und Elektronikarchitekturen zu modernisieren und gleichzeitig mit den Entwicklungen in China Schritt zu halten, wo die Konkurrenz in Sachen Konnektivität bereits weiter fortgeschritten ist. Die Situation bei anderen Autoherstellern zeigt jedoch, dass Volkswagen nicht allein mit diesen Herausforderungen kämpft. Was an sich für den Konzern natürlich kein Trost ist.
Peter Bosch, der als Problemlöser gilt, steht nun vor der vielleicht größten Herausforderung seiner Karriere: Kann er die tiefgreifenden Probleme bei Cariad lösen und die Zukunft der Volkswagen-Gruppe im Bereich Software und Elektronik sichern? Gegenwärtig scheint dies eher fraglich.
Quelle: Manager-Magazin – Volkswagens Softwaretochter Cariad fährt in die nächste Krise