BMW-Chef Zipse: „Eine komplett neue industrielle Ära“

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Michael Neißendorfer
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Autos werden immer digitaler und vernetzter. Das Infotainment ist drahtlos mit dem Internet vernetzt, kann mit dem Smartphone gekoppelt werden, und immer mehr Fahrsituationen übernehmen die Fahrzeuge automatisch. Und so verwundert es auch kaum noch, dass bei Tech-Events stetig mehr Autohersteller vertreten sind. BMW-CEO Oliver Zipse hat Anfang Januar gleich zwei dieser Events innerhalb kurzer Zeit besucht: zunächst die weltgrößte Technologiemesse CES in Las Vegas und wenige Tage später die DLD in München.

Seine Keynote bei der CES, während der er das aufsehenerregende Konzeptfahrzeug i Vision Dee vorstellte, war eines der Highlights der diesjährigen Ausgabe. Trotz aller digitaler Euphorie stellte er aber auch klar, dass ein Auto „kein iPhone auf Rädern“ ist; der Komplexität der Fahrzeuge sei mit diesem geflügelten Wort in keiner Weise Rechnung getragen. Daher sieht er die Tech-Konzerne, von denen einige (wie etwa Apple-Auftragsfertiger Foxconn, Google und Sony) auch schon eigene Fahrzeugkonzepte vorstellt haben, auch nicht als Konkurrenten: „Wir haben überhaupt keine Angst vor Tech-Playern, weil wir mit allen zusammenarbeiten“, sagte der BMW-Chef in Las Vegas. Die Auto- und Techbranche habe künftig die gemeinsame Aufgabe, Hard- und Software intelligent und effizient miteinander zu verbinden.

Wenig hält Zipse davon, dass Kund:innen für digitale Mehrwert-Dienste im Fahrzeug zusätzliche Kosten entstehen: Wenn diese 50.000 Euro für ein Auto bezahlten, „da können sie nicht sagen, da ist noch nicht alles drin“. Und wenn jemand eine verbaute Technik nicht abonniere, „dann haben sie es ja umsonst eingebaut“.

Beim DLD in München sagte er, Digital Leadership in Sachen Mobilität bedeute nicht, die größten Displays zu verbauen, sondern die Menschen emotional zu erreichen. Bei BMW gehöre dazu auch der Aspekt der Nachhaltigkeit. Beim DLD erklärte Zipse, wie der Münchner Autohersteller die Fahrzeuge über ein Kreislaufdesign umweltfreundlicher entwickeln und in Folge auch produzieren will: Jedes Bauteil werde künftig so konzipiert, dass es die Anforderungen an geschlossene Materialkreisläufe erfüllen könne. Das nachhaltige Fahrzeug der Zukunft werde zu 100 Prozent aus Recyclingmaterialien gebaut. Und es könne am Ende seiner Lebensdauer auch wieder zu 100 Prozent recycelt werden.

Zipse hält an Wasserstoff fest

Einmal mehr warb Zipse auch dafür, bei Antriebstechnologie nicht allein auf die Batterie zu setzen. Es sei zu gefährlich, dauerhaft auf einem Bein zu stehen, sagte er, und sprach die Vorteile der Brennstoffzellentechnologie an. Mehr als 40 Länder hätten inzwischen eine Wasserstoff-Strategie. Deshalb müsse neben der Ladeinfrastruktur für Elektroautos auch schon jetzt eine Infrastruktur für Wasserstoff aufgebaut werden. Davon könnten vor allem größere und schwer zu elektrifizierende Fahrzeuge wie Lkw, Busse, Züge und Flugzeuge sowie die Industrie profitieren, wie Zipse erklärte.

Und auch beim individuellen Verkehr mit Autos sollte Wasserstoff eine Option sein, findet der BMW-Chef. Bei Batterie und Wasserstoff sollte kein Entweder-Oder gelten, sondern ein Miteinander. Auch Wasserstoff-Fahrzeuge seien elektrische Fahrzeuge und nachhaltig unterwegs. Und da die Akkus in Wasserstofffahrzeugen deutlich kleiner sind als jene in reinen Batteriefahrzeugen, werde durch die Brennstoffzelle auch der Kampf um die kostbaren Ressourcen für Batterien entschärft.

„Das Risiko gehen wir nicht ein“

Über das autonome Fahren sprach Zipse mit Skepsis. Der aktuelle Stand der Technologie sei noch nicht ausreichend für ein Geschäftsmodell: „Ein Level-3-System, egal, ob bei 60, 80 oder 120 Kilometern pro Stunde, das sich ständig im Tunnel abschaltet, bei Regen abschaltet, im Dunklen abschaltet, bei Nebel abschaltet – was soll das? Kauft kein Kunde.“ Und auch die Haftungsfrage, wenn ein autonom fahrendes Fahrzeug in einen Unfall verwickelt ist, sieht Zipse kritisch und als Grund, bei der Einführung von autonomen Fahrfunktionen noch abzuwarten. „Das Risiko gehen wir nicht ein“, sagte er.

Klar sei aber: Die Weltwirtschaft stehe am Beginn einer neuen Zeitrechnung. „Wir betreten eine komplett neue industrielle Ära“, sagte der BMW-Chef in München zusammenfassend über die drei großen aktuellen Trends, welche die Autoindustrie derzeit umtreiben. Sie werde digitalisiert, elektrifiziert und zirkulär. Ohne Wenn und Aber.

Quelle: t3n – BMW-Chef Zipse will sich nicht nur auf Batterien verlassen / Automobil Industrie – BMW-Chef Zipse hat keine Angst vor Tech-Konzernen / Frankfurter Allgemeine Zeitung – BMW-Chef: Neue industrielle Ära beginnt

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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