Martin Daum, Chef des weltgrößten Lastwagenbauers Daimler, sprach mit der Süddeutschen Zeitung unter anderem über Tesla als Neuling im E-Lkw-Geschäft, selbstfahrende Robo-Trucks und Elektrobusse. Erste E-Trucks von Daimler gibt es bereits: Seit 2017 wird der eCanter ausgeliefert, der weltweit erste vollelektrische Leicht-Lkw. In diesem Jahr folgen der Stadtbus Citaro und der Lkw Actros im schweren Verteilerverkehr ebenfalls batterieelektrisch.
Bei Daimler registriere man, dass immer mehr Wettbewerber ins Lkw-Segment drängen, so Daum. Bosch etwa hat für 2021 mit dem US-Start-up Nikola einen Elektro-Schwerlaster mit Wasserstoffantrieb angekündigt. Auch mehrere chinesische Hersteller stellen immer wieder neue Fahrzeuge vor. „Wir sehen uns das weder mit Angst noch Arroganz an, sondern mit Respekt, Interesse – und haben dem viel eigenes Know-how entgegenzusetzen“, sagt Daum selbstbewusst und merkt an, dass Daimler zu Versuchszwecken „von jedem Konkurrenzprodukt immer mindestens zwei Exemplare“ kaufe: „Eines zum Zerlegen und eines zum Fahren“.
Die Pläne von Tesla, ab 2019 den Batterie-Lkw Semi für die Langstrecke auf die Straße zu bringen, sieht der Daimler-Manager skeptisch: Es gebe „noch keine Batterie-Technologie, die reif genug wäre, zu einem vertretbaren Preis 40 Tonnen mindestens 500 Kilometer bei jedem Wetter und bei jedem Terrain durch die Gegend zu fahren“, so Daum. Er sehe „auch keine Batterie, die eine Lebensdauer von einer Million Kilometer hat – aber genau das wird von einem Diesel-Lkw gefordert, damit beim Wiederverkauf der Restwert stimmt“.
Busse wiederum seien „ein ganz eigenes Thema“ mit ganz speziellen Fragen. Etwa die nach der Heizung im Winter oder der Klimaanlage im Sommer, die beide trotz sich immer wieder öffnender Türen optimal funktionieren müssen – wobei die Heizenergie „dann deutlich höher“ sei „als die zum Fahren benötigte Energie“. Das stelle die Hersteller vor besondere Herausforderungen.
Auch das fahrerlose Fahren sieht Daum skeptisch: „Ich sehe keine Voraussetzungen, die das technologisch und rechtlich auf der Straße erlauben“. Für eher möglich hält er einen Einsatz „im abgesperrten Bereich wie im Tagebau oder auf einem Flugfeld“ oder im „Platooning, zu Deutsch Kolonnenfahren: Zwei oder mehr Lastwagen fahren hintereinander mit sehr nahem Abstand, automatisiert und computergesteuert. Das reduziert den Verbrauch, und der Fahrer im zweiten Wagen kann pausieren“. Einen komplett fahrerlosen Lkw, der im Verkehr mitschwimmt, sieht er „auf absehbare Zeit nicht“ auf der Straße.
Quelle: Süddeutsche Zeitung – „Mir ist das ‚Ich‘ in Deutschland zu ausgeprägt“