Tesla-Chef Elon Musk hat in den letzten Wochen einige mutige Ansagen für zwei seiner neuen Elektrofahrzeuge gemacht. Demnach soll der neue Tesla-Truck Semi eine Last von 40 Tonnen Gesamtgewicht bis zu 800 Kilometer weit ziehen können und innerhalb von 30 Minuten genug Strom für weitere mehr als 600 Kilometer nachladen können. Und für den neuen Tesla Roadster stellte Musk gut 1000 Kilometer Reichweite und ein Beschleunigungsvermögen von nur 1,9 Sekunden bis Tempo 100 in Aussicht.
Einige Leute, die von Batterien Ahnung haben, haben sich die Köpfe darüber zerbrochen, um herauszufinden, wie der US-Elektroautopionier die Spezifikationen liefern kann, die er verspricht – und sind zu dem Schluss gekommen, dass der einzig mögliche Weg ein bis dato unangekündigter Fortschritt in der Batterietechnologie ist.
In einem kürzlich erschienenen Artikel weist zum Beispiel Bloomberg darauf hin, dass diese technischen Daten weit über die aktuellen Industriestandards hinausgehen. Der Batteriespezialist Sam Jaffe glaubt jedoch, dass Elon Musk den Mund nicht zu voll genommen hat und das Versprochene tatsächlich auch liefern wird.
Analysten von Bloomberg New Energy Finance schätzen, dass die angekündigten Spezifikationen des Tesla Semi Trucks eine Batteriekapazität zwischen 600 und 1000 Kilowattstunden erfordern würden (sechs bis zehn Mal so groß wie die größte Batterie des Tesla Model S). Mit der aktuellen Technologie würde ein 800-kWh-Akkupack allerdings mehr als fünf Tonnen wiegen und mehr als 100.000 Dollar kosten. Nur die Batterie wohlgemerkt. Je nach Batteriepaket soll der Semi aber nur 150.000 bis 180.000 Dollar kosten. Vergleichbare Diesel-Sattelzüge kosten aktuell etwa 120.000 Dollar.
Und würde der Truck tatsächlich Strom für mehr als 600 Kilometer in nur 30 Minuten laden können, wäre ein Ladesystem erforderlich, das zehnmal stärker ist als Teslas aktuelle Elektroauto-Ladetechnologie Supercharger – die momentan eine der stärksten in der Branche ist. Um Teslas Ankündigung für den Semi zu erfüllen, müsste der versprochene „Megacharger“ eine Leistung von mindestens 1200 kW liefern können. „Ich verstehe nicht, wie das funktioniert“, sagte Bloombergs Elektroauto-Spezialist Salim Morsy. „Das tue ich wirklich nicht.“
Und der Roadster? Um die versprochene Reichweite von 1000 Kilometern zu erreichen, wäre ein 200 kWh-Akkupack nötig – doppelt so groß wie Teslas bisher größte verfügbare Batterie. Morsy meint deshalb, dass Tesla zwei Akkupacks übereinander im Boden des Roadsters stapeln dürfte. Seth Weintraub von Electrek kam nach einer Testfahrt zu demselben Ergebnis und merkte an, dass er etwas höher saß als im ursprünglichen Roadster.
Ein so großer Akkupack ermöglicht nicht nur eine höhere Reichweite – er wäre auch das Schlüsselelement für die einzigartige Beschleunigung des Roadsters von weniger als zwei Sekunden auf 100 km/h. David Tracy von Jalopnik sprach mit dem Batterieexperten Venkat Viswanathan von der Carnegie Mellon Universität, dem die aberwitzige Beschleunigung durchaus schlüssig erscheint.
So oder so: Wenn die versprochenen Autos ab 2019/ 2020 tatsächlich auf den Straßen sind, und das Angekündigte auch tatsächlich liefern, dürften auch etliche weitere folgende Tesla-Elektroautos mit der neuen Technologie erhältlich sein. Und wären dann in Sachen Reichweite und Ladezeit bzw. Tankzeit den Verbrennern nochmals ein gutes Stück näher gekommen.
Quelle: Evannex – Elon Musk could be concealing charging and battery breakthroughs at Tesla