Zwischen den Autoherstellern BMW und Mercedes bahnt sich eine weitreichende Zusammenarbeit an, die deutlich über bisherige Kooperationsprojekte hinausgeht. Informationen der Süddeutschen Zeitung zufolge laufen bereits seit Monaten vertrauliche Gespräche über die Entwicklung gemeinsamer Plattformen für künftige Automodelle der beiden Marken. Auf diese Weise könnten die Unternehmen jeweils Kosten in Milliardenhöhe einsparen. Ausgerechnet die beiden schärfsten Rivalen im Premium-Segment würden damit bei der Grundkonzeption ihrer Fahrzeuge gemeinsame Sache machen. Auf Anfrage der SZ wollten sich weder BMW noch Mercedes zu dem Vorgang äußern.
Das jüngste Treffen fand demnach erst vor wenigen Tagen statt. Die Gespräche laufen auf hoher Ebene, auch die beiden Entwicklungsvorstände Ola Källenius (Mercedes) und Klaus Fröhlich (BMW) sollen schon bei gemeinsamen Sitzungen dabei gewesen sein. Vor allem Källenius gilt der SZ zufolge als treibende Kraft hinter den Bemühungen um eine grundlegende Zusammenarbeit zwischen beiden Herstellern. Källenius soll im Mai Nachfolger von Dieter Zetsche als Daimler-Chef werden und hat von daher ein vitales Interesse daran, durch Einsparungen Freiraum für künftige Investitionen zu gewinnen. Die Kostenstruktur bei Mercedes soll deutlich ungünstiger sein als beim Konkurrenten BMW.
Bisher verfolgen beide Hersteller unterschiedliche Strategien, um sich auf den Wechsel hin zur Elektromobilität vorzubereiten, von dem niemand weiß, wie schnell und wie umfassend er kommen wird. BMW setzt auf eine Konvergenzarchitektur, die es erlauben soll, die jeweiligen Modelle als Verbrenner, Plug-in-Hybrid oder reines Elektroauto zu bauen. Mercedes hat seine Elektro-Baukästen gesplittet, einen für die E-Ableger bereits bestehender Modelle, einen für neue E-Modelle der Oberklasse. Sollte die Nachfrage nach Elektroautos stark steigen, könnten beide Unternehmen mit ihrer jetzigen Strategie Probleme bekommen.
Ökonomisch würden gemeinsame Neuentwicklungen mit dem Schwerpunkt auf Elektroautos deshalb Sinn ergeben, schreibt die SZ. Anvisiert wird angeblich ein Einsparpotenzial von jeweils mehr als sieben Milliarden Euro, für die großen Baureihen könnte es sogar noch höher liegen. Die Widerstände in beiden Häusern seien allerdings erheblich, die Puristen sollen fürchten, dass damit der eigene Markenkern verwässert werden könnte. Deshalb müsste ein Teil des Einsparvolumens in eine möglichst starke Differenzierung investiert werden, damit sich die Fahrzeuge beider Marken am Ende nicht nur vom Aussehen her unterscheiden, sondern auch in technischen Details.
Ob es auf breiter Front zu gemeinsamen Entwicklungen kommt, zunächst nur Pilotprojekte in Angriff genommen werden oder die Pläne am Ende ganz scheitern, ist derzeit noch völlig offen. Deutlich schneller soll es mit der angestrebten Kooperation beim autonomen Fahren vorangehen. Hier sollen die Gespräche nach SZ-Informationen bis Ende Juni abgeschlossen sein.
„Auch meine Kinder wollen in einer intakten Welt leben. Das ist mein Kompass.“
In einem kurz nach dieser Meldung veröffentlichten Interview mit der SZ sagte BMW-Vorstandschef Harald Krüger, Daimler und BMW hätten sich aus Geheimhaltungsgründen für Gespräche über eine vertiefte Zusammenarbeit „meist auf neutralem Boden getroffen“, wie etwa Automessen. Ihm selbst sei bereits 2016, zu seinem Amtsantritt als Vorstandschef, der Gedanke gekommen, dass die Zukunft für die Autohersteller wie etwa jüngst bei der Zusammenlegung der Carsharing-Dienste DriveNow und Car2Go „auch in strategischen Kooperationen“ liege, „weil die Technologie so vielfältig und anspruchsvoll wird, dass ein Unternehmen allein in der Vielfalt das kaum mehr heben kann.“
Für die Brennstoffzelle etwa arbeitet BMW eng mit Toyota zusammen. Der japanische Autohersteller hat mit dem Mirai bereits seit einigen Jahren ein Wasserstoffauto im Angebot. „Doch wir sind und bleiben überall harte Wettbewerber!“, stellt Krüger klar: „Diese Konkurrenz tut gut und spornt uns an, immer noch bessere Autos zu bauen.“
Wichtig für die Hersteller seien nun „Geschwindigkeit und Effizienz. Wir müssen die Elektromobilität vorantreiben, sonst schaffen wir die CO2-Ziele nicht. Das würde teure Strafzahlungen bedingen und nicht zur Reputation passen.“ Er persönlich glaube, „dass nachhaltige Mobilität verbunden mit nachhaltiger Stromerzeugung die Zukunft ist. Wir müssen Lösungen für die Gesellschaft finden. Auch meine Kinder wollen in einer intakten Welt leben. Das ist mein Kompass.“
Quelle: Süddeutsche Zeitung – Vorabmeldung vom 14.03.2019 // Süddeutsche Zeitung – „Wir sind und bleiben harte Wettbewerber“