Nehmt dies, Nörgler ab der deutschen, benzingetrieben Old Economy: Eine bayerische Firma ist Weltmarktführer bei der Elektromobilität. Und wir reden hier nicht von Siemens-Loks und natürlich schon gar nicht von Autos. Sondern von Booten.
Torqeedo heißt das Start-up in Gilching nahe des Starnberger Sees, das mittlerweile zum Dieselriesen Deutz gehört. Trotzdem kann es machen, was es will, und das wären: Elektrische Motoren bis zu 100 Kilowatt (136 PS), die schnittige Sportboote und kleine Fähren antreiben. 90.000 Aggregate verkaufte Torqeedo bereits von Amerika bis nach Australien.
Jetzt lud das Unternehmen die Presse an den Starnberger See, um eine ganz besondere Hochzeit zu feiern – nämlich jene zwischen dem Torqeedo-Topmodell Deep Blue 100i und einer Frauscher Mirage. Das knapp siebeneinhalb Meter lange Boot der österreichischen Yachtwerft ist normalerweise mit über 300 Verbrenner-PS unterwegs, für die elektrische Mirage 740 müssen 136 reichen.
„Das kauft man natürlich nur“, ist sich Torqeedo-Gründer Christoph Ballin bewusst, „wenn man mit Benzinmotoren nicht aufs Wasser darf.“ Denn elektrisch betriebene Boote können auf den meisten dieser „Green Lakes“ in der Regel problemlos zugelassen werden – auch auf dem Starnberger See, wo immer mehr Stromboote umherzischen, während die Zahl von Sprit-Antrieben streng begrenzt ist.
Wie die Testfahrt allerdings zeigte, bringt das etwa 200.000 Euro teure Elektromodell fast genauso viel Fahrspaß wie ein Benzinboot. Das liegt an jenem Effekt, der schon Elektroautos zu Sportskanonen macht: Das kräftige Drehmoment vom Start weg. Obwohl das Testboot nach einem kleinen Malheur im Bootsschuppen mit einer nicht optimalen Ersatz-Schraube ausgerüstet war, schoss es nach Umlegen des Hebels nach vorn fröhlich voran. Dabei war ein durchaus kerniges Geräusch aus dem Rumpf zu hören – typisch für einen Innenborder, selbst wenn er elektrisch arbeitet.
Ein Vergleichsfahrt mit einem anderen Boot, diesmal mit richtiger Schraube, zeigte dann das wahre Potenzial dieses maritimen E-Antriebs: Er beschleuniget den Rumpf noch heftiger, und hielt sich akustisch sehr vornehm zurück. Beim lässigen Gleiten unter Halblast fühlte man sich fast wie auf einem Segelboot ohne Segel.
Bei diesem entspannten Cruisen reicht der Akku des Deep Blue für einen kompletten Tag auf dem Wasser; wer Spaß haben will und öfters mal den Hebel an den Anschlag legt, darf wesentlich früher zum Aufladen an den Steg – auch diese Reichweiten-Spreizung dürfte E-Auto-Fahrern bekannt vorkommen.
A propos Elektro-Auto: Als Akku für seine Hochvolt-Aggregate passt Torqeedo den bewährten Lithium-Ionen-Stromspeicher aus dem BWM i3 für seine Zwecke an. „Der beste, den es in der Autobranche gibt“, schwärmt Ballin, „und dass der Hersteller um die Ecke sitzt, ist ja auch kein Nachteil.“ Der Akku hat ein hervorragende Energiedichte, gilt als zuverlässig – und immerhin die Feuerwehr von New York bescheinigte ihm bestmögliche Crash-Sicherheit. Ein hilfreiches Argument auch am Starnberger See, wo schon so manches Elektroboot mit im Hinterhof schludrig zusammengebastelter Batterie abfackelte.
Einzelne Module des BMW-Blocks nutzt Torqeedo mittlerweile auch für kleinere Motoren. Das Produktprogramm ist umfangreich, für fast jedes Boot gibt es eine Lösung – angefangen vom leichten Mini-Antrieb für Kajaks. Als Hilfsmotor für Segelyachten gilt ein Gilchinger Elektro-Antrieb mittlerweile als perfekte Wahl – auch dort, wo Verbrennungsmotoren eigentlich erlaubt wären. Verglichen mit diesen ist der Stromer wartungsärmer, kleiner und auch leichter. Beliebt ist er auch unter Regatta-Seglern, die einen künstlichen Antrieb ohnehin nur für Notfälle und zum Erreichen der Startlinie einsetzen dürfen.
So belegt Torqeedo so ziemlich jede Lücke, in denen ein maritimer Elektromotor Sinn macht. Vielleicht schaut ja mal ein deutscher Autohersteller vorbei und lernt, wie man Weltmarktführer bei Elektromobilität wird.
Gastbeitrag von Marcus Efler für Elektroauto-News.net – Instagram.