Es gibt in der Welt der Autos Fahrzeuge, bei denen man nur den Namen erwähnen muss und jeder – ich betone JEDER, auch Nicht-Autokenner – bekommt große Augen. Oft genügt auch, nur ein Symbol oder ein Zeichen zu sehen und man verbindet sofort ein ganz bestimmtes Fahrzeug damit. So sorgt man auch für Erstaunen, wenn man plötzlich mit so einem Fahrzeug vor der Tür steht und es nicht ganz den Bildern entspricht, die man seit Jahrzehnten im Kopf hat. So geht es jedem, der dieses gewisse EINE Auto in der aktuellen Ausgabe das erste Mal zu Gesicht bekommt.
Ford hat es gewagt, ihre Sportwagen-Ikone Mustang in die Zukunft zu befördern und ihn von Grund auf neu aufgebaut. Der neue Ford Mustang Mach-E fährt elektrisch und aus dem Tiefflieger wurde ein SUV. Jetzt werden die alten Mustang-Jünger die Nase rümpfen, denn hochbeinig kam ein Mustang noch nie um die Ecke gedüst. Der Zeitgeist – oder sagen wir lieber die Verkaufszahlen – sprechen für einen SUV, wenn man in Zukunft kein Nischenfahrzeug haben will. Nichtsdestotrotz polarisiert diese neue Version eines Mustang, nur halt auf andere Art.
Sein vollständiger Name drückt eigentlich schon das aus, was Ford mit diesem Fahrzeug erreichen will: Ford Mustang Mach-E 4x AWD. Ein Mustang mit dem Antritt eines Düsenjets – nur eben elektrisch und auf allen vieren. Auf deutsch: ein elektrischer SUV mit Mustang-Genen. Gut, der Mustang hatte schon immer generell viel Horsepower unter der Haube, aber elektrisch beutet nun mal, dass diese 560 Nm gepaart mit 351 PS sofort auf 4 Rädern auftreten und für Vortrieb sorgen. Ford zügelt zwar den Mustang auf 180 km/h, aber von nichts kommt nichts und deshalb sollte man sich lieber im Zaum halten, denn viel Power in Zusammenarbeit mit viel Gewicht (Leergewicht 2,6 Tonnen) und großer Stirnfläche (SUV) bedeuten nicht nur schlechten CW-Wert, sondern auch hohen Verbrauch. Auch ein Akku mit 100 kWh kommt an seine Grenzen bei einem Verbrauch von 30 und mehr kW/h.
Ford Mustang Mach-E 4x AWD und das Ladesäulen-Einmaleins
Der Mustang hat einen knapp 100 kWh großen Akku, von dem man effektiv 88 kWh nutzen kann. Wie allgemein inzwischen ja bekannt sein dürfte, sollte man jeden E-Autoakku zwischen 20 und 80% laden, da er hier den besten Wirkungsgrad hat. Wir testen unsere Fahrzeuge meist beim HPC von MaxSolar, Schmidhamer Str. 22 in Traunstein, da man hier eine sehr gute Ladeanzeige bei einer Leistung von max. 150kW hat. Das ist übrigens auch die gleiche Ladeleistung, die der große Mustang schaffen soll (der kleine hat max. 115 kW).
Beginn des Ladens bei gut 20% SOC, was ungefähr 18 kWh entspricht. Nach gut 2:30 min stieg die Leistung auf gut 119kW, die der Mustang tapfer bis knapp 50% hielt, um dann auf ca. 100kW zu sinken. Bei gut 75% waren es immer noch 80kW und bei exakt 80% kam der erwartete abrupte Leistungsabfall zum Schutz des Akku. 14kW blieben übrig und die bis dahin absolut präzise Zeitvorhersage des Computers am 15,5 Zoll großen Display teilte uns mit, dass es noch weitere 2,5h dauern würde bis zu 100%.
Im Endeffekt bedeutet dies, dass der Mustang von 20 auf 80% insgesamt 55kWh in 36 Minuten bei einer Außentemperatur von 29 Grad geladen hat und damit schon sehr nah an die Daten eines Tesla herankommt. Natürlich sind dies Momentanwerte, die wie man weiß von Faktoren wie Temperatur, Akkuzustand etc. abhängig sind. Ich finde die Werte aber sehr beeindruckend, da der Mustang die einzelnen Stärken sehr stabil hielt und nicht viel Schwankungen zu sehen waren. Erfreulich ist der Umstand, dass jeder, der schon einmal einen Tesla gefahren ist, sich beim Mustang ziemlich “heimisch” fühlt – woran das wohl liegt…
Interieur und ein Navi in Monochrome
Etwas sollte man erwähnen: Einiges, was man von Tesla schon kennt, ist im Mustang zum Vorteil verändert worden. Diese Updates im Zusammenspiel mit den Retroteilen aus Regalen von anderen Fordmodellen machen den Mustang für Umsteiger und Neueinsteiger interessant. Beispiel Tempomat: oldschool – 2.Bildschirm mit den wichtigsten Daten (außer den schmerzlich vermissten Rekuperationswerten): future. Ebenso verschiebbare Ikons am Bildschirm (wie etwa beim neuen Plaid) und oldschool: Motorhaubenöffner manuell im Fußraum.
Soundgenerator für die Fahrstufen für die, die auf Krach nicht verzichten wollen und stylish-blaues Ladekabel mit zwei blauen Puscheln zum Putzen (die sucht man bei anderen Firmen vergeblich!). Wer genau schaut findet sogar Vorbereitungen für das kommende autonome Fahren, wie z.B. die Sensorenleiste direkt am Lenkrad. Dass dort Sensoren sind entdeckt man erst, wenn man die Leiste fotografiert und die Dinger rot blinken…
Intelligent ist der Schachzug mit der Frontkamera, die sich automatisch einschaltet, wenn man beim Einparken mit der Nase einem Hindernis zu nahe kommt. Beeindruckend ist auch die 360-Grad-Kamera, die man am Bildschirm als virtuelle Drohne sieht. Nur absolut unnötig ist das Monochromnavi, dessen Auflösung mehr in die 50er-Jahre zurückgeht und wohl eine Sparmaßnahme darstellt – dem Umstand geschuldet, dass dieses Navi in der heutigen Zeit kaum jemand mehr benötigt: Apple CarPlay und Android Auto-Anbindungen sind selbstverständlich vorhanden und Google Maps damit sofort auf den HD+-Bildschirm projiziert.
Resümee der Testfahrt oder der Coolness-Faktor
Der Ford Mustang Mach-E ist ein echter Cruiser. Das bedeutet, er liebt Landstraßen mit Geschwindigkeiten zwischen 80 und 100 km/h, zusätzlich mit dem gewissen Bums von unten, um mit Power an LKWs oder wildgewordenen Wohnmobilfahrern im Schnellgang vorbeizukommen. Komfort wird dann großgeschrieben, wenn es um die typischen amerikanischen Attribute wie Klimaanlage, Sound oder Platz geht.
Vermissen wird man eigentlich nur Sitze, die einen auch in scharfen Kurven halten und auch für Mitteleuropäer auf langen Strecken sitzbar/aushaltbar sind, Technik, die sich nicht immer nach jedem Start selbständig resettet wie ein Zappelphilipp namens Spurhalteassistent oder die “Auto”-Funktion der Klimaanlage, mit der man Eiswürfel züchten kann. Gelassenheit ist bei diesem Fahrzeug auch von Vorteil, wenn dem Hintermann bewusst wird, dass ein Mustang vor ihm fährt und er unbedingt während der Fahrt das Mustangsymbol am Heck fotografieren möchte.
Oder man mehrfach mit aller Kraft die Frunkhaube zudrücken muss, bis sie endlich zu bleibt. Obwohl ihn ein galoppierendes Rennpferd als Erkennungsmerkmal ziert, strahlt der Mustang doch eine gewisse Coolness aus. Vielleicht kommt das daher, dass er weiß, dass er einzigartig ist und es auch bleibt. Denn alle weiteren E-Autos von Ford haben in Zukunft Wolfsburger Gene (MEB-Plattform) und kommen nicht aus den USA. Ich bin und bleibe Mustang-Fan und freu mich schon auf den GT, der Ende des Jahres kommen soll – denn da ist der Coolness-Faktor noch größer. Howdy Gringo
Unser besonderer Dank gebührt Karl Schaffler von Ford Schaffler aus Traunstein, der leidenschaftlicher E- Auto-Enthusiast ist und uns das Fahrzeug zur Verfügung stellte. Besonders zu erwähnen sind auch die Mitarbeiter von Max Solar Ladepark, die uns leidenschaftlich bei der Verarbeitung der Daten vom HPC- Ladetest unterstützten. Dieses Fachwissen ist einfach einzigartig
Wie schon erwähnt ist dieser Test unsere ganz persönliche Meinung. Die Tatsache, dass ein Teslafahrer viele Errungenschaften der Fremdfabrikate anders als ein Neuling aus der Verbrenner Szene sieht, bedarf keiner Erklärung. Das Team vom Revolluzzer Blog ist trotzdem immer um eine ehrliche Meinung bemüht, da Tesla auch nicht vollkommen ist, auch wenn andere Firmen, dies gern von sich behaupten.
Markus Gust ist der Autor hinter “Revolluzzer- der etwas andere E-Autoblog”. In seinem aktuellen Artikel lässt er uns an seiner Erfahrung mit dem Ford Mustang Mach-E 4x AWD teilhaben.