Porsche stellt sein Volumenmodell Macan auf einen Elektroantrieb um. Das Design des Audi-Q6-Zwillings ist gefällig; doch wie fährt sich der elektrische Hoffnungsträger, der zunächst als Macan 4 und Macan Turbo verfügbar ist?
Das hat ganz schön lange gedauert. Weil es allerhand Entwicklungsprobleme mit der Elektronik gab, verzögerte sich der Marktstart des elektrischen Porsche Macan um fast zwei Jahre. Mit mehr als 850.000 verkauften Einheiten ist der aktuell ebenfalls noch angebotene Verbrenner seit Jahren ein ertragreiches Volumenmodell im schwäbischen Portfolio. Doch kann der Elektro-Macan ab Sommer in die Erfolgsspur des Verbrenners wechseln?
Etwaigen Bedenken von Interessenten wollen die Macan-Entwickler mit großen Reichweiten begegnen, denn das mindestens 84.100 Euro teure Basismodell des Porsche Macan 4 soll mit einer Batterieladung 613 Kilometer weit kommen, und die Topversion des Macan Turbo soll es immer noch auf 590 Kilometer bis zum nächsten Ladestopp bringen – nicht zuletzt durch einen cW-Wert von 0,25.
Innen bietet der 4,78 Meter lange Schwabe animierte Instrumente, wobei die 12,6 Zoll große Instrumentierung hinter dem Steuer in Ordnung geht und der zentrale Infotainment-Bildschirm und das optionale Beifahrerdisplay mit jeweils 10,9 Zoll jedoch deutlich größer sein dürften. Weitere Informationen werden über das Head-up-Display angezeigt, das die wichtigsten Informationen ins Blickfeld des Fahrers projiziert. LED-Lichtleisten in Armaturenbrett und Türverkleidungen sorgen nicht nur für Atmosphäre, sondern dienen auch der Kommunikation bei Warnungen, Begrüßung der Insassen oder Batterieladung. Die Sitze – im Macan 4 mit Kunstleder und im Turbo mit Echtleder bezogen – können je nach Version vielfach verstellt, belüftet und beheizt werden, auch eine Massage-Option ist verfügbar. Bose und Burmester liefern dabei erstklassige Audioanlagen, die mit bis zu 21 Lautsprechern, 710 Watt Leistung und einem 400-Watt-Subwoofer aufwarten können.
Äußerlich wächst die neue Macan-Generation um fast sechs Zentimeter in der Länge, 1,6 cm in der Breite und behält die Karosseriehöhe des Vorgängers bei. Die Kombination aus 8,6 Zentimeter mehr Radstand und der geringeren Anzahl mechanischer Komponenten unter dem Fahrzeug ermöglicht es, den Innenraum deutlich geräumiger zu gestalten. Ein 1,80 Meter großer Fondpassagier kann drei Finger auf seinen Kopf legen, bevor er das Dach berührt. Die Sitze wurden vorn wie hinten spürbar abgesenkt, was zu einem sportlicheren Fahrgefühl beiträgt. Der Laderaum fasst je nach Modell zwischen 480 und 1288 Liter. Hinzu kommt der vordere Kofferraum mit großzügigen 84 Litern, sodass dort mehr als nur die Ladekabel untergebracht werden können. Der Kofferraumdeckel lässt sich wie gewohnt vom Innenraum des Macan aus öffnen oder durch eine Schiebebewegung über das Porsche-Wappensymbol auf der Motorhaube.
So wie die J1-Plattform des Taycan gemeinsam mit Audi entwickelt wurde, ist der Macan technischer Zwilling des Audi Q6 e-tron, der ebenfalls über ein 800-Volt-Bordnetz verfügt. Die 100-kWh-Batterie mit NCM-Chemie (Nickel-Kobalt-Mangan, im Verhältnis 8:1:1) lädt mit maximal 270 Kilowatt. Unter idealen Bedingungen dauert es 21 Minuten, um den Energiegehalt von 10 auf 80 Prozent zu erhöhen.
Schade, aber im Alltag für die meisten sicher ausreichend: Die AC-Ladung ist aktuell auf elf Kilowatt begrenzt, was weniger ist als das, was einige Nicht-Premiummarken anbieten. Beide Macan-Versionen verfügen sowohl an Vorder- als auch Hinterachse über einen synchronen Permanentmagnetmotor. Während der Macan 4 285 kW (387 PS) und 650 Nm mobilisiert, stehen beim mindestens 114.600 Euro teuren Turbo 430 kW (584 PS) und 1100 Nm zur Verfügung. Diese Werte können per Launch Control für zehn Sekunden auf bis zu 408 beziehungsweise 639 PS gesteigert werden. Trotz 400 bis 500 Kilogramm Mehrgewicht im Vergleich zum Macan-Benziner ist das Leistungsniveau imposant: Der Macan 4 sprintet in 5,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der Turbo schafft es in kurzen 3,3 Sekunden noch schneller. Die Höchstgeschwindigkeiten liegen bei 220 bzw. 260 km/h.
Das elektronisch gesteuerte Traktionsmanagement ist nach Angaben der Porsche-Ingenieure fünfmal schneller als ein herkömmliches Allrad-System und kann jeden Radschlupf in 10 Millisekunden korrigieren. „Die Drehmomentverteilung variiert je nach gewähltem Fahrmodus, aber der hintere Motor wird immer der dominierende sein, um ein heckbetontes Sportwagen-Handling zu gewährleisten, das in unserer DNA liegt“, erläutert Klaus Schneiderbauer, verantwortlich für den elektrischen Antrieb.
Das ist auch der Grund, warum es einen Unterschied zwischen den vorderen und hinteren Reifen gibt: serienmäßig sind es 235/55 R20 vorne und 285/45 R20 hinten und wer will optional 255/40 vorne und 295/35 hinten auf 22-Zoll-Felgen. Ein elektronisches Selbstsperrsystem an der Hinterachse trägt ebenfalls zur Verbesserung von Traktion, Stabilität und Querdynamik des Macan Turbo bei, dessen Kurvenbalance auch durch die ausgewogene Gewichtsverteilung von 48:52 Prozent zwischen Vorder- und Hinterachse begünstigt wird.
Die Aufhängung besteht aus einem Doppelquerlenker-System mit einem Querlenker vorne und einer unabhängigen Mehrlenkerachse hinten, serienmäßig mit Stahlfedern und optional mit Luftfedern beim Macan 4, serienmäßig beim Macan Turbo. Die Stoßdämpfer verfügen über zwei unabhängig voneinander gesteuerte Ventile und können statisch oder elektronisch verstellbar sein. Die Bodenfreiheit liegt bei der Luftfeder variabel zwischen 15 und 40 Millimetern. Erstmals verfügt der Macan über eine optionale Hinterachslenkung mit einem maximalen Radeinschlag von fünf Grad, wodurch sich der Wendekreis auf 11,1 Meter reduziert.
Der Schub des sportlich-straffen Macan Turbo ist trotz 2,4 Tonnen Leergewicht wenig überraschend gewaltig. Selbst wenn der synthetische Motorensound ausgeschaltet ist, fühlt sich der Fahrer dank einer ebenso präzisen wie kommunikativen Lenkung als Herr des Geschehens und genießt kaum spürbare Wankbewegungen und das direkte Steuer. Bei Lenkung und Energierückgewinnung verzichtet Porsche auf unterschiedliche Stufen. Zum einen, weil das widerstandslose Abrollen am effizientesten ist, zum anderen, weil die Abstimmungsarbeit an der Bremse so gut gelungen ist, dass bei Betätigung des linken Pedals sofort und mit der gewünschten Linearität gebremst wird. Die maximale Energierückgewinnung liegt dabei bei 240 Kilowatt.
Beide von uns gefahrenen Macan-Versionen waren mit den 22-Zoll-Felgen und Niederquerschnittsreifen ausgestattet, die den Komfort auf alles andere als perfekten Straßenbelägen stark beeinträchtigen. Für viele Kunden dürften daher 20- oder 21-Zöller die deutlich bessere und komfortablere Wahl sein, ohne dass der Fahrspaß zu kurz kommen würde. Für mehr Härte gibt es schließlich noch die Sportmodi.
Stramm ist die Abstimmung auch beim Porsche Macan 4, zumal dessen Räder identisch waren und beide Versionen über die Hinterachslenkung verfügten. Beim Testverbrauch pendelte sich der Macan Turbo mit 22,5 kWh auf 100 km deutlich über den in Aussicht gestellten 18,8 bis 20,7 kWh ein, was eine Reichweite von maximal 420 Kilometer reichen würde. Da dürften zumindest einige potenzielle Kunden doch noch überlegen und vom einstigen Bestseller Macan Diesel träumen.