Skandinavische Länder sind besonders weit bei der Vorbereitung auf die Elektromobilität. Mitteleuropäische Länder wie Frankreich und Österreich haben im Vergleich zuletzt aufgeholt. Deutschland fällt hingegen um drei Plätze auf Rang 20 zurück, stellt das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln in einer aktuellen Studie fest.
Dass Deutschland weiter an Boden verloren hat, lag demnach unter anderem an der Energiekrise im Jahr 2022 und dem dadurch veränderten Energiemix. Das zeigt der „EWI EV Preparedness Index 2022“, der zum zweiten Mal erhoben wurde. Der Index misst auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut 27 europäische Länder auf die steigende Zahl von Elektroautos vorbereitet sind. Für den Index wurden drei Dimensionen analysiert: verfügbare (grüne) Stromerzeugung, Lade- und Netzinfrastruktur sowie Bedingungen für flexibles Laden.
Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. „Der EWI EV Preparedness Index zeigt, dass es in den meisten europäischen Länder bereits eine angemessene Ladeinfrastruktur für Elektromobilität gibt. Das ist eine der Voraussetzungen für einen erfolgreichen Markthochlauf elektrischer Fahrzeuge“, sagt Dr. Philip Schnaars, Head of Research Area am EWI, der den Index gemeinsam mit Martin Lange und Antonie Reinecke erstellt hat.
Skandinavische Länder erreichen in dem Index besonders hohe Werte. Norwegen weist beispielsweise einen Index-Wert von 9,4 von 10 erreichbaren Punkten auf. In diesen drei Ländern tragen erneuerbare Energien mit Schwerpunkt Wind- und Wasserkraft viel zum Strom mix bei. Außerdem verfügen sie über eine leistungsfähige Netz- und Ladeinfrastruktur. So sind in Nordeuropa viele sogenannte Smart Meter installiert, die durch den Datenaustausch die Flexibilisierung von Ladevorgängen ermöglichen. Außerdem haben sie einen hohen Anteil zeitvariabler Preisbestandteile und können damit ökonomische Anreize für flexibles Laden setzen.
Deutschland hat indes massiven Aufholbedarf. Die Bundesrepublik landet im Gesamtindex mit 5,4 Punkten im unteren Mittelfeld und hat sich im Index gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert. Mögliche Gründe hierfür seien der langsam voranschreitende Smart-Meter-Rollout sowie der veränderte Energiemix im Zuge der Energiekrise. Zudem ist die gesicherte Erzeugungsleistung gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. “Steuerbare Kapazitäten sind für den Hochlauf der Elektromobilität von entscheidender Bedeutung, da sie dazu beitragen, Lastspitzen durch das ungesteuerte Laden von E-Fahrzeugen auszugleichen”, heißt es in der Pressemitteilung zur Studie.
Frankreich und Österreich sind im Länderranking des „EWI EV Preparedness Index“ im Vergleich zum Vorjahr indes aufgestiegen. Beide Länder hätten ihre Voraussetzungen für flexibles Laden verbessert. So hat Österreich mehr intelligente Messsysteme installiert. Der Anteil an Haushalten mit solchen Systemen hat sich im Vergleich zum Jahr 2020 mehr als verdoppelt.
Die europäische Energiekrise im Jahr 2022 habe sich in unterschiedlichem Maße auf die er rechneten Indexwerte ausgewirkt. In der Dimension Strommix zeigt der Index, dass Deutschland mehr Kohle verstromt hat, um den Gasverbrauch zu senken. Das habe den CO2-Fußabdruck von Elektromobilität erhöht. Das Potenzial für flexible Ladesignale hingegen ist durch höhere Strombeschaffungspreise und regulatorische Maßnahmen wie Steuersenkungen gestiegen. Dadurch habe sich der Indexwert in der Dimension Ladeflexibilität in vielen betrachteten Ländern erhöht.
Quelle: Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln – Pressemitteilung im März 2024