Ex-Opel-Chef Michael Lohscheller ist bei Nikola mit an Bord und soll die Nutzfahrzeuge mindestens genauso erfolgreich machen wie die PKW von Tesla. Den Namensgeber des des serbischen Erfinders des Wechselstrommotors – Nikola Tesla – teilt man sich bereits. Wieso also nicht auch den Erfolg am batterieelektrischen Pkw-/ Nutzfahrzeug-Markt?
Ein Gespräch mit Lohscheller, geführt durch Wolfgang Gomoll; press-inform, lässt einiges über die Aktivitäten, Ausrichtung und Zukunftsvision des Unternehmens erahnen. Ein Unternehmen, welches nicht nur auf die Batterie setzt. Denn, dass Nikola auf beide Technologien – Batterien und Brennstoffzelle – im Nutzwagensegment setzt, ist Teil der eigenen Strategie. Wie Lohscheller zu verstehen gibt haben beide Technologien ihre Vorteile. „Der Wasserstoff bei der Reichweite und der Ladedauer und der Elektro-Lkw bei der Effizienz, falls der Strom günstig ist. Es kommt auf das Einsatzszenario an, welche Antriebsart geeigneter ist“, so der CEO von Nikola weiter.
Wasserstoff & Batterie: Doppelte Chance, aber auch Risiko
Doch die Doppel-Strategie bringt eben nicht nur Vorteile mit sich. Zwei Technologien bedeuten eben auch doppelte Kosten. Trotz etwaiger Synergien, die gezogen werden können. Auch dies scheint bekannt. Denn man wisse um die eigenen Stärken, aber auch um die eigenen Schwächen. Schwächen, welche man durch Partner in diesen Bereichen ausgleicht. Hier führt Lohscheller aus: „Wir wollen den Wasserstoff zwar selber produzieren, holen uns aber auch gerne gleichgesinnte Partner ins Boot. In Europa arbeiten wir beim Vertrieb mit Iveco zusammen, die Brennstoffzelle kommt von Bosch und die E-Achsen von Fiat Powertrain“.
Die eigene Stärke sehe man beim Thema Konnektivität, hier sei man den Amerikaner voraus, die im Gegensatz dazu bei Software einiges richtig machen. Darüber hinaus kümmere sich Nikola aber auch selbst um die Themen Batterien und das Motorenmanagement. „Aus diesem Grund haben wir den Batteriehersteller Romeo Power übernommen. Wir haben viele neue Ideen bei Nikola, wollen die auch schnell umsetzen und gehen dabei aber auch ins Risiko“, dies sei ein Unterschied zu klassischen Hersteller aus der Branche, so der Nikola CEO weiter.
Konkret habe man es geschafft bis Ende Q3/ 2022 111 Trucks auszuliefern. Damit sei man der Einzige, „von denen man aktuell einen elektrischen Lkw, der 500 Kilometer Reichweite hat, kaufen kann. Damit liegen wir deutlich vor den Wettbewerbern.“ Wobei diese Aussage nur bedingt richtig ist, da Tesla mittlerweile mit erster Auslieferung des Semi begonnen hat. Wenn auch in kleinerem Maßstab. Die angestrebten 300 Trucks waren bisweilen nicht zu erreichen, obwohl man auf gutem Weg bei Entwicklung, Produktion und der Zuliefererkette sei. Die Ladeinfrastruktur eigener Kunden sei noch eine Herausforderung für Nikola.
Partnerschaften als Wegbereiter in die Zukunft
„In der zweiten Hälfte des nächsten Jahres wird der Nikola Tre FCEV Wasserstoff-Truck folgen. In Europa bringen wir Mitte des Jahres 2023 den rein elektrischen Nikola Tre BEV auf den Markt und Anfang 2024 den Nikola Tre FCEV Wasserstoff-Lkw“, so Lohscheller zu den weiteren Plänen. Um dies in die Tat umzusetzen sei man eine Partnerschaft mit E.on eingegangen. Gemeinsam mit diesen wolle man sich auf das Thema Wasserstoff konzentrieren, welches für den Betrieb des Nikola Tre FCEV benötigt wird. Wobei die Partnerschaft mit E.on nur der erste Aufschlag sei.
Durchaus nachvollziehbar, rechnet sich heute ein Brennstoffzellen-LKW noch nicht im direkten Vergleich zu einer Diesel-Alternative. „Natürlich ist ein wasserstoffbetriebener FCEV-Truck zunächst teurer als ein Diesel. Aber über einen längeren Zeitraum muss es uns gelingen, die Wirtschaftlichkeit eines FCEV-Lkws so darzustellen wie die eines Diesel-Trucks“, so Lohscheller zur aktuellen Betrachtung der Wirtschaftlichkeit. Stellschrauben, die zum Vorteil werden seien beispielsweise Wartung und die Kosten für Verschleißteile, welche deutlich günstiger als beim Diesel-Truck sind.
Wasserstoffkosten entscheiden über Sieg oder Niederlage
Von entscheidender Bedeutung seien jedoch die Kosten des Wasserstoffs an sich. „Wenn es uns gelingt, den Wasserstoff günstig zur Verfügung zu stellen, sind Sie bei der Total Cost of Ownership nahe beim Diesel. Außerdem gibt es in manchen Ländern auch noch Unterstützung für den Kauf eines Wasserstoff-Lkws“, so der CEO von Nikola. Bei der Software und der Telematik sei man den Marktbegleiter „ohnehin einen Schritt weiter“ voraus. So lässt sich zum Beispiel die Reparatur in voraus berechnen.
Grundsätzlich wolle man aber den Markt entscheiden lassen, wie es weiter geht. „Der Kunde wird entscheiden, was er braucht. In den USA, wo die Entfernungen größer sind als in Europa, könnte ich mir vorstellen, dass Wasserstoff eine wichtige Rolle spielt, während in Europa schon sehr auf Elektro setzt. Wir können beide Lösungen anbieten, eine gute Voraussetzung, um Nikola als führendes Unternehmen für emissionsfreie Mobilität in Nordamerika und Europa zu etablieren“, so Lohscheller abschließend.