Im Zusammenhang mit Entscheidungen im Bereich der Klimapolitik wurde in Polen gesetzlich festgelegt, dass Städte und Gemeinden bis spätestens 2022 ihre Fuhrparks an die Ziele der Emissionssenkung anpassen müssen. In der Praxis soll diese Anpassung dadurch erreicht werden, dass jeweils 10 % der Fahrzeuge ausgetauscht werden. Bis 2025 soll die Quote bei 25 % liegen. Die Neuanschaffungen sollen ausschließlich emissionsfrei sein.
Viele polnische Städte und Gemeinden haben sich entschieden im Vorfeld zukünftiger Kauf- oder auch Leasingvertragsschließung elektrische und gasbetriebene Fahrzeuge zu testen. Besonders relevant ist dies für die städtischen Ordnungsdienste, die z. B. in Städten wie Poznań für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung zuständig sind. Die städtischen Ordnungsdienste mit ihren speziell ausgeschilderten Fahrzeugen sind aktuell vielen Bürgern im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung aufgefallen.
Die Ordnungsdienste werden mit eigenen Fahrzeugen ausgestattet und haben daher beachtliche eigene Fuhrparks. Dies können sich aber nur die wohlhabenden und urbanen Kommunen leisten. Vor allem ländliche Gemeinde haben im Zuge von Einsparungen in den 1990ern und 2000er Jahren ihre Ordnungsdiente abgeschafft. Wenn also heute neue E-Autos für die städtischen Ordnungsämter benötigt werden, so müssen vor allem die Aufgaben von großen und mittleren Städten berücksichtigt werden.
In Poznań werden seit Februar insgesamt vier Fahrzeuge der Marke Volkswagen getestet. Dass es sich gerade um diese Marke handelt, ist kein Zufall, denn in direkter Nähe befinden sich mehrere Werke dieses Herstellers. Die Stadt entschied sich den Volkswagen e-Crafter und später noch den Volkswagen ABT e-Transporter zu testen. Die politisch Verantwortlichen teilten den polnischen Medien im Februar mit, dass sie eher einen Kauf der Fahrzeuge als einen Leasingvertrag bevorzugen. Dabei verwiesen sie auf eine Kaufprämienoption für Städte und Kommunen, die einer Zuzahlung von knapp 16 000 Euro für den Kauf eines elektrischen Transportfahrzeugs entspricht.
Die in Zentralpolen gelegene Stadt Płock hat sich hingegen zu Testzwecken erst einmal für den Renault Kangoo entschieden. Ab Juli wird auch der Nissan eNV200s getestet. Anders als in Poznań möchte man in Płock eher auf das Leasing setzen. Dazu verwies die Pressesprecherin des Ordnungsdienstes Jolanta Głowacka darauf, dass sich die Technologie gerade bei den elektrischen Fahrzeugen rasant entwickelt und die Stadt die Vorteile neuester Technik nutzen möchte. Außerdem ist das Leasingangebot von E-Fahrzeugen landesweit stark ausgebaut worden.
Bereits im letzten Jahr testete auch Lublin den Renault Kangoo und baute diese Tests gleich in Aktionen zum Umweltschutzmarketing ein. Die Stadt hat innerhalb des Ordnungsamtes spezielle Einheiten (pol. Eko-Patrol) zur Überprüfung der Einhaltung der Umweltschutzverordnungen eingerichtet. Diese Einheiten wurden im letzten Jahr mit dem Test der E-Autos betraut. Nach ersten Aussagen hat sich das E-Auto gut bewährt. Gerade die fehlenden Motorgeräusche erwiesen sich als vorteilhaft, um heimlichen illegalen Müllentsorgern und sonstigen Umweltsündern auf die Schliche zu kommen und sie auf frischer Tat zu ertappen.
In der Hauptstadt Warszawa, die mit über 1,7 Millionen Einwohnern bei weitem die größte polnische Stadt ist, wurden im Januar zwei Nissan Leaf für den Einsatz bei der Straßenverwaltung getestet. Die Fahrzeuge wurden, wie alle anderen 260 Autos der Warschauer Behörde auch, mit Kameras ausgestattet und bei der Verkehrsüberwachung eingesetzt. Ob die Hauptstadt diese E-Autos dauerhaft einsetzen möchte oder noch andere Modelle getestet werden sollen, wurde noch nicht bekannt gegeben.
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.