Der Microlino ist mittlerweile kein unbekanntes E-Fahrzeug mehr, zumindest hier bei Elektroauto-News.net. In einer Vielzahl von Artikel haben wir bereits über das Schweizer Elektrofahrzeug berichtet. Für Folge #143 unseres Podcasts habe ich mir Merlin Ouboter, einen der beiden Geschäftsführer hinter dem Microlino, zum Gespräch eingeladen. Noch vor der IAA 2021 in München tauschen wir uns über die Entwicklung der vergangenen Jahre aus und was uns künftig von Seiten Microlino erwartet.
Zuletzt konnten wir berichten, dass das Unternehmen hinter dem Schweizer Stromer Microlino 2.0., Micro Mobility, erneut Fortschritte bei der Entwicklung des Fahrzeugs verkünden konnte. Mittlerweile habe man den Aufbau des dritten Microlino 2.0 Prototypen abgeschlossen. Mit diesem hält neues Interieur, ein optionales Faltdach sowie ein noch minimalistischeres Design beim Stromer Einzug. Wie Merlin im Gespräch aufzeigen konnte, sei eben dieser Prototyp auch die Vorlage für die aktuellen Serien-Stromer, welche nach der IAA 2021 in die Serienfertigung überführt werden sollen.
Geplant ist, dass das E-Fahrzeug aus der Schweiz mit drei Batteriegrößen daherkommt und damit mit entsprechend variabler Reichweite. Im Vergleich zur ersten Variante des Microlino aus 2018 hat das Familien-Unternehmen den Stromer stark weiterentwickelt. Mittlerweile greifen höhere Sicherheitsstandards, das Design im Exterieur, als auch im Interieur haben sich stark verändert. Geblieben ist die beliebte Tropfenform, welche in der Microlino-Community wahre Fans gefunden hat. Fans und Begleiter, welche das E-Fahrzeug maßgeblich prägen, wie Merlin aufzeigt. Alle Details zum Microlino 2.0 gibt es noch nicht; ein paar Schmankerl möchte man sich für die IAA aufbewahren.
Zumindest konnten wir erfahren, dass noch 2021 erste Exemplare in der Schweiz ausgeliefert werden sollen. Weitere Länder werden dann 2022 beliefert. Ab dann möchte man die Serienfertigung auch in Richtung Peak fahren. Dieser Fertigungspeak bewegt sich laut aktueller Planung um die 7.000 bis 8.000 Fahrzeuge pro Jahr. Gemeinsam mit dem Partner CECOMP habe man eine neue Firma, Microlino Italia, gegründet, die für die Produktion in Turin zuständig sein wird. Spannend ist hierbei die Tatsache, dass das Familienunternehmen zu Beginn des Microlino Projekts nie Hersteller werden wollte. Man habe aber erkannt, dass dies die einzige Möglichkeit ist, die Qualität zu kontrollieren und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Die Montagelinie wird sich auf dem Gelände von CECOMP in La Loggia, Turin, befinden.
Dort spielt Nachhaltigkeit ebenso eine Rolle wie beim gesamten Entstehungs- und Fertigungsprozess des Microlino 2.0. Merlin konnte im Gespräch gekonnt vermitteln, dass der Stromer durchaus für den urbanen Alltag, aber auch darüber hinaus eine gute Wahl ist. Aber gerade in der Stadt spielt er seine Stärke aus. Dem Spielfeld der SUV. Auch hierzu hat er eine Meinung und lässt alleine durch die Aussage, dass der Microlino, mit Fahrer und Gepäck, weniger wiegt als die Batterie eines E-SUV, tief blicken. Als Vergleich dienen Fahrzeuge wie der Audi e-tron, das Tesla Model X oder der Mercedes EQC. Definitiv eine Ansage, denn dieses mehr an Gewicht und Rohstoffen, muss erst einmal geschultert werden.
Abschließend kann man festhalten, auch diese E-SUV haben ihren Einsatzzweck. Aber manchmal – und wahrscheinlich gar nicht so wenig – ist weniger eben doch manchmal mehr. Zumindest, wenn man sich bewusst mit dem eigenen Anforderungsprofil an ein E-Fahrzeug/ E-Auto auseinandersetzt. Genug der einleitenden Worte, hör dir am besten das Interview mit Merlin Ouboter im Elektroauto-News.net Podcast an und erfahre selbst, was das Schweizer Familienunternehmen für die Zukunft noch geplant hat.
Gerne kannst du mir auch Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung, beim Podcast-Anbieter deiner Wahl, freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.
Transkript zu Nachhaltigkeit: Microlino wiegt mit Fahrer & Gepäck weniger als Akku eines E-SUV
Sebastian
Servus Merlin! Vielen Dank, dass du dir heute Zeit nimmst, dass wir uns mal wieder im Podcast ein wenig austauschen über Microlino und was seit unserem ersten Gespräch, was mittlerweile schon im Dezember 2018 stattgefunden hat, in Folge 5 des Podcasts, so getan hat bei euch auf der Seite. Vielleicht magst du dich trotzdem noch mal kurz eingangs vorstellen für die neuen Hörer, die vielleicht die erste Folge nicht gehört haben, und dann tauchen wir auch schon ein, würde ich sagen.
Merlin Ouboter
Hi Sebastian! Vielen Dank für die Einladung auf jeden Fall. Genau, kurz zu mir: Mein Name ist Merlin Ouboter. Ich bin Co-Founder von Microlino. Wir entwickeln so ein kleines Elektrofahrzeug, so einen City-Flitzer, sieht relativ speziell aus, nämlich es hat eine Fronttüre. Man steigt also vorn ein und kann eigentlich drei dieser Fahrzeuge auf einen normalen Parkplatz stellen. Das ist so ein wenig, was wir machen. Unser Hintergrund ist eigentlich ein bisschen anderer, nämlich mein Vater, der Wim, hat 1997 den Microroller erfunden, also den Tretroller, den man so heutzutage kennt. Dazumal war er noch nicht elektrisch. Also von dem her waren wir schon immer ein wenig in dieser Micromobility-Sphäre unterwegs und haben dann 2015 mit diesem Microlino-Projekt gestartet.
Sebastian
Vielen Dank, dass du uns dann noch mal abgeholt hast. Mikromobilität greift ja dann auch echt, also wenn man da drei von euren Fahrzeugen auf einen Stellplatz von einem normalen Auto oder E-Auto stellen kann, ja, ergibt auf jeden Fall mehr Sinn in der Stadt oder im urbanen Umfeld.
Merlin Ouboter
Ja, definitiv. Also das ist ein wichtiger Punkt. Wobei wir natürlich auch sagen, also man sagt natürlich immer, ja, ist ein Stadtfahrzeug et cetera, aber man darf natürlich auch nicht vergessen, dass natürlich die Bedürfnisse auch, sage ich mal, ein wenig außerhalb von der Stadt, also der sogenannte Speckgürtel, dass es da halt auch sehr praktisch ist und gut zum Einsatz kommt. Das merken wir auch ein bisschen bei unseren Reservationen. Viele, die wirklich in der Stadt selber wohnen, die besitzen oftmals dann gar kein Auto mehr, weil man gute öffentliche Verkehrsmittelabdeckung hat. Es ist eher für solche, die so etwas rundherum wohnen, und das eigentlich praktisch ist, um in die Stadt zu fahren.
Sebastian
Ja, definitiv. Also ich muss auch sagen, für mich ziehe ich es auch in Betracht. Ich habe im Moment immer noch kein eigenes Fahrzeug – egal, ob Fahrzeug oder E-Auto –, aber habe mir das auch schon überlegt, dass der eigentlich ideal wäre. Gerade für mich zum Pendeln zwischen zwei Städtchen reicht der vollkommen aus. Zum Einkaufen hat er genügend Platz, wie ich damals bei der Formel E in Berlin gesehen hatte, wo ihr ja vor Ort wart, noch mit der ersten Variante des Stromers, und könnte mir den da auch echt gut vorstellen, gerade für diesen Einsatzzweck, den du jetzt eben auch genannt hast.
Merlin Ouboter
Ja, definitiv. Hinten hat man wirklich genügend Platz für einen guten Wochenendeinkauf. Also das passt wirklich, absolut.
Sebastian
Jetzt hast du ja selbst gesagt, ihr habt 2015 mit dem Projekt damals begonnen. Seitdem hat sich ja einiges getan. Es gab dann die Ankündigung für den Microlino 1.0, nenne ich ihn jetzt mal, der dann auch mit einem Fertigungspartner, Artega, auf die Strecke gebracht werden sollte. Da gab es dann, freundlich ausgedrückt, ein paar Probleme, aber das können die Zuhörer, Zuhörerinnen gerne auch bei uns nachlesen im Portal, da haben wir ja einiges dazu berichtet, auch mit Rückmeldung von euch eben schon.
Das würde ich jetzt auch gar nicht mehr hier zum Thema machen, sondern würde dann tatsächlich darauf eingehen, dass ihr ja euch entschlossen habt, diese erste Variante des Microlino nicht auf die Straße zu bringen, sondern ihr habt gesagt, okay, wir wollen ihn noch verbessern, wir wollen da noch mehr für den Endnutzer hereinbringen, und habt euch da eine neue Vision von dem Microlino 2.0 sozusagen erdacht. Vielleicht magst du da mal ein paar Worte zu verlieren, was denn so die Hauptunterschiede sind von der ersten zur zweiten Variante, und die Vision dahinter.
Merlin Ouboter
Vielleicht nochmals zum Hintergrund: Wir waren schlussendlich nicht ganz zufrieden mit der Qualität und auch gewissen Sicherheitsaspekten beim Microlino 1.0 und haben dann uns überlegt, wie können wir das alles verbessern, und sind schlussendlich zum Schluss gekommen, dass wir gesagt haben, anstatt jetzt da irgendwie probieren, das noch ein bisschen auf neues Level zu bringen, starten wir eigentlich nochmals komplett neu.
Das heißt, das Fahrzeug hat eigentlich fast nichts mehr miteinander zu tun, außer ein wenig vom Aussehen her, aber von der Struktur ist es komplett neu aufgebaut, also da beginnt es eigentlich auch schon. Beim 1.0 hatten wir einen relativ einfachen Gitterrohrrahmen und jetzt haben wir wirklich so Automotive-Standards, eine selbsttragende Karosserie. Und ich würde sagen, das ist schon eine Neuerung, gerade in unserer Kategorie. Weil wir auch nicht ein vollwertiges Auto sind, sondern eine Mischung zwischen Motorrad und Auto, sind wir da schon eigentlich fast die Ersten, die das in diese Kategorie bringen. Und das bringt halt einfach viel mehr Stabilität und Sicherheit mit sich.
Dann ein weiterer Punkt, den wir natürlich verändert haben, war die ganze Aufhängung. Also beim 1.0 hatten wir eine Starrachse hinten und das haben wir jetzt zum Teil geändert. Jetzt ist die Spur teilweise breiter, rund 50 Prozent breiter und hat jetzt überall eine Einzelradaufhängung. Das ist halt auch so ein bisschen ein Punkt, durch das, dass eben die Räder hinten zum Teil näher zusammen sind, dass man da fahrdynamisch wirklich gut aufgeht. Auch in Kurvenlage haben wir das jetzt etwas verbreitert – so, dass es vom Design her immer noch diese Tropfenform hat, aber sicher fahrdynamisch einiges besser wird.
Und ja klar, da gibt es tatsächlich extrem viele weitere Änderungen. Ich halte es jetzt mal kurz: Klar, der ganze Antrieb wurde überarbeitet. Wir haben einen bisschen stärkeren Motor, also E-Maschine, und weiter auch eine neue Batterie verbaut. Also wir hatten vorhin LFP-Zellen und sind jetzt auf NMC umgestiegen, einfach um ein wenig mehr Platz auch im Innenraum zu schaffen. Ja, und zu guter Letzt natürlich das Design – das ist sicher das, was den meisten am meisten auffällt –, haben wir natürlich überarbeitet, etwas mehr ins Moderne gebracht und da werden wir sicher noch ein paar spannende Neuerungen zeigen dann zur IAA.
Sebastian
Das hört sich doch schon mal gut an. Jetzt würde ich kurz bei zwei Punkten noch einhaken, weil das so immer die spannendsten Punkte für die E-Mobilisten dann auch sind: Antrieb und Reichweite. Kannst du zur Leistung des Motors etwas verraten und zur Reichweite des Fahrzeugs?
Merlin Ouboter
Genau, also wir haben eine E-Maschine mit nominal 12,5 KW und die hat ordentlich Pfiff. Das tönt jetzt natürlich nach nicht wirklich viel, aber man muss immer bedenken, dass das Fahrzeugleergewicht bei 500 Kilo mit der Batterie ist. Von dem her, das geht schon ordentlich ab. Und von der Batterie her, da kann ich noch nicht allzu viel verraten, weil das kommt eigentlich alles an der IAA raus. Was ich sagen kann, ist, dass es drei Batterieversionen geben wird. Also es kommt noch eine dazu und wird aber so von der Reichweite etwas ähnlich sein. Ich sage mal, die große Batterie wird vielleicht ein wenig mehr Reichweite haben.
Sebastian
Okay, perfekt. Zur IAA ist es ja nicht mehr lang hin, da werden wir es ja dann mitbekommen sozusagen, aber schon mal danke für den Hinweis mit den drei Batterievarianten. Jetzt war es ja so, dass bei Microlino 1.0 auch eure Community eine große Rolle gespielt hat, die ihr da ja einbezogen habt, unter anderem in den Designprozess, wie ich mich noch erinnere. Habt ihr die Community jetzt auch wieder für den 2.0er einbezogen und eingebunden, dass die quasi ihre Rückmeldung geben, ihre Ideen und dass ihr da quasi ja direkt aus der Masse der E-Mobilisten lernen könnt?
Merlin Ouboter
Ja, absolut. Es war für uns eigentlich von Anfang an etwas sehr Wichtiges, dass wir da unsere Fans auch mit auf die Reise mitnehmen und auch etwas mitentscheiden lassen. Und ich glaube, ja, das hat doch viele auch sehr interessiert, dass sie da so ein wenig ihre Meinung einbringen konnten. Und es war halt einfach auch noch spannend zu sehen, weil wenn man so tief im Projekt ist teilweise, dann ist man nicht mehr objektiv. Und das war wirklich spannend, gerade bei so gewissen Designentscheidungen oder Farbentscheidungen, dass man da wirklich den Input bekommen hat von den Kunden direkt. Ich finde das eigentlich etwas, das auch größere OEMs mal machen könnten, weil das finden natürlich alle immer extrem spannend und gibt einem wirklich super Input.
Sebastian
Natürlich. Und du hast, denke ich, auch den Vorteil, dass die Community sich dem Fahrzeug oder euch, der Brand, dann noch mehr verbunden fühlt, weil man einfach auch merkt, okay, man wird ernst genommen. Und ihr habt auch den Vorteil, dass ihr ein Fahrzeug entwickelt, was eben sich direkt am Markt entlang entwickelt sozusagen, an den Bedürfnissen der späteren Fahrer und nicht jetzt, ich sage mal, ja, so wie du gesagt hast, rein subjektiv bei euch betrachtet, was ihr jetzt erdenkt, okay, das wäre jetzt gut, die Farbe, und dabei kommt die überhaupt nicht an und ihr bekommt vielleicht einen komplett anderen Input, der ja dann doch noch mal ganz wertvoll für euch auch sein kann.
Merlin Ouboter
Absolut, ja. Der Einzige, sage ich mal, ein bisschen negative Punkt ist, dass es natürlich immer, also ja, nicht Verlierer gibt, aber solche, die das Fahrzeug vielleicht ein bisschen anders designt hätten als der Rest. Und die sind dann vielleicht teilweise etwas traurig, dass es dann nicht so herausgekommen ist, wie sie das gedacht haben. Aber das gehört auch dazu. Also ich meine, das ist halt, wenn man im Prozess eingebunden ist, man hat immer solche, denen etwas anderes besser gefallen hätte, et cetera. Aber da muss man halt einfach einen Mittelweg finden.
Sebastian
Klar. Ich meine, wenn es danach gehen würde, hätte sowieso jeder sein individuelles Fahrzeug da als Unikat auf dem Hof stehen oder auf dem Parkplatz.
Merlin Ouboter
Ja, genau.
Sebastian
Und dass das schwierig ist, umzusetzen in Serie, ist dann auch klar. Insofern müsst ihr da, denke ich, einen gesunden Mittelweg nehmen, schauen, was die Masse möchte, was auch praktikabel und umsetzbar ist, und dann ein gesundes Mittelmaß da tatsächlich auf die Straße bringen damit.
Merlin Ouboter
Genau.
Sebastian
Jetzt ist es ja so, das konnte man jetzt bereits im Vorfeld der IAA mitbekommen, ihr möchtet das Fahrzeug dort vorstellen, so wie du jetzt auch gesagt hast, noch ein paar Informationen unter anderem zur Reichweite, zu den Batterien dann mitteilen. Und nach der IAA soll es dann ja auch schon mit der Serie losgehen. Da kurz die Frage: Geht es da schon um den Start der Serienproduktion oder sprechen wir da tatsächlich Auslieferung erster Fahrzeuge?
Merlin Ouboter
Ja, also wir sprechen da schon von dem Start der Serienproduktion. Vielleicht auch noch als Hintergrund: Anfangs bei uns war es immer so, dass wir eigentlich einen Produzenten gesucht haben, der für uns das Fahrzeug herstellt. Und jetzt haben wir aber entschieden, um einfach mehr Kontrolle zu haben, um auch die Kosten im Griff zu haben, unsere eigene Produktion zu starten, und der Microlino wird in Turin in Italien hergestellt. Wir haben natürlich unseren Entwicklungspartner CECOMP, mit dem wir jetzt den 2.0 auch entwickelt haben, natürlich mit auch an Bord, aber in der Minderheit. Die bringen natürlich viel Knowhow auch mit. Das heißt aber für uns natürlich, dass wir auch dort eine Riesenbaustelle haben, dass wir da alles aufbauen müssen, das ganze assembly equipment und so. Aber ja, genau, es geht um den Start der Serienproduktion und das Ziel ist natürlich ganz klar, die ersten Fahrzeuge auch noch das Jahr auszuliefern.
Sebastian
Und da reden wir jetzt dann „nur“ von der Schweiz, wo ihr ausliefern wollt, oder dann auch schon DACH-Region/Europa?
Merlin Ouboter
Also dieses Jahr wahrscheinlich eher Fokus auf die Schweiz und dann ab nächstem Jahr, wenn wir dann den Ramp-up hochfahren können, die ganze Produktion, dann werden natürlich direkt auch andere Länder dazukommen.
Sebastian
Okay, jetzt sagst du schon Ramp-up hochfahren – habt ihr Stückzahlen, kommuniziert was ihr anpeilt? Jetzt so für ein vollständiges Projektjahr 2022, was peilt ihr da an?
Merlin Ouboter
Ja, in dem Sinne ist es immer ein wenig schwierig zu sagen, weil es ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Mittelfristig wollen wir uns so einpendeln, zwischen 7.000 bis 8.000 Fahrzeugen pro Jahr. Das ist eine gute Größe und persönlich, und da bin ich sehr überzeugt davon, das zeigen auch die Reservationen, die wir haben, ist der Markt sicher viel größer für der Microlino, aber irgendwo muss man starten und ich denke, sobald wir dann das Feedback haben vom Markt, ist natürlich auch die Möglichkeit, dass man da die Stückzahlen auch weiter hochfahren kann.
Sebastian
Klar. Ich denke, da ist es auch einfach vernünftig, dann eher realistisch und vielleicht ein wenig pessimistischer zu planen und sich dann positiv überraschen zu lassen, als wenn ihr da jetzt zu hoch drangeht und dann das Gegenteil eintritt. Aber ich denke auch, diese 7.000 bis 8.000 Fahrzeuge hört sich doch gut an. Und auch so, was ich jetzt bei uns im Umfeld mitbekomme, das ist natürlich nur ein Bruchteil von den Rückmeldungen, die ihr von euren Kunden bekommt, aber die Nachfrage nach dem Fahrzeug ist schon da. Also es vergeht, glaube ich, kaum eine Woche, wo bei uns irgendwie ein Kommentar im Portal landet oder wo wir eine E-Mail dazu bekommen: „Wie ist denn da der Stand? Hast du was gehört?“, und so weiter. Deswegen ganz gut, da jetzt mal aus erster Hand dann sozusagen wieder Informationen weitergeben zu können.
Merlin Ouboter
Sicher, sicher. Ja, gerne.
Sebastian
Jetzt ist es so, ihr seid aber bereits im Vorfeld der IAA, wo ihr dann eben die Serie kommuniziert habt, auch in die Testphase übergegangen und habt da dann auch gestartet, ich glaube, drei oder vier Protypen, die ihr mittlerweile auf die Straße gebracht habt. Habt ihr währenddessen denn auch noch mal größere Veränderungen vorgenommen? Oder waren dann so, ich sage mal, die erste Vision, die ihr hattet, konntet ihr die dann schon relativ gut umsetzen? Wie ist das Ganze vonstattengegangen?
Merlin Ouboter
Also grundsätzlich muss man so sehen, die Prototypen, die haben natürlich unterschiedliche Stände. Das ist so ein bisschen, während der Entwicklung gibt es da immer so Steps, wo man sagt, okay, es wird ein Prototyp gebaut, und die sind natürlich untereinander schon alle ein bisschen verschieden und natürlich gab es da schon ein paar Iterationsstufen, Lernstufen. Aber jetzt der Letzte, den wir hatten, der ist vom Serienfahrzeug schlussendlich nicht mehr groß anders. Der einzige Unterschied ist, dass teilweise dann da noch keine Serienwerkzeuge verwendet wurden. Aber das Ding ist, wir sind jetzt auch mitten in der Zulassung, in der Homologation. Das heißt, allzu große Änderungen wird es sowieso nicht geben.
Sebastian
Okay, das heißt, ihr seid dann … Ja gut, ich meine, IAA steht ja jetzt auch bevor und damit auch Start der Serienproduktion. Also ihr seid da schon relativ am Ende angelangt sozusagen mit eurem fertigen Microlino 2.0.
Merlin Ouboter
Genau, definitiv. Also es ist von der Entwicklung eigentlich mittlerweile alles abgeschlossen natürlich. Wirklich die großen Punkte gehen in die Industrialisierung, wenn es wirklich geht, dass man all die Formen hat et cetera. Da ist es halt gerade am Anfang so, gewisse Teile sind schon bereit, gewisse Teile muss man noch warten et cetera. Das ist halt so eine Übergangsphase. Bis man dann wirklich komplett loslegen kann, Vollgas, dauert es dann halt einfach ein bisschen noch.
Sebastian
Klar. Ist ja aber auch nachvollziehbar, dass es dann solche Wartezeiten gibt beziehungsweise wo ihr natürlich auch wieder auf eine Rückmeldung von anderen Partnern und Unternehmen wartet. Ihr werdet euch aber danach dann trotzdem nicht ausruhen auf dem hoffentlich großen Erfolg des Microlino 2.0, sondern wollt auch weitermachen. Plant ihr dann schon das kommende Facelift für die nächsten Jahre irgendwann oder denkt ihr da in andere Fahrzeuge da noch mal rein, wo ihr gehen wollt? Habt ihr da euch schon Ideen drüber gemacht oder liegt der Fokus jetzt Moment rein auf dem 2.0er Microlino?
Merlin Ouboter
Nein, das ist definitiv so. Also das Model-Update ist natürlich auch bereits in Plan. Man muss ja immer ein wenig vorausplanen, weil es gibt natürlich immer irgendwelche Punkte, wo man gesagt hat, okay, das schaffen wir jetzt nicht von der Entwicklungszeit, das müssen wir nachholen et cetera. Und da haben wir einfach eine Liste, wo wir dann durchgehen, und sind bereits jetzt die ersten Themen am Abklären. Das wäre so Thema Model-Update. Aber wir haben natürlich auch viele andere Ideen, wie man den Microlino noch anderweitig einsetzen könnte.
Die Microletta wäre auch ein Beispiel. Die werden wir natürlich auch an der IAA vorstellen, wo wir da auch mal in die Entwicklung starten können. Ich denke, sobald wir das alles mit dem Microlino in trockenen Tüchern haben und auch die Produktion läuft, dann haben wir auch wieder mehr Kapazität, um neue Projekte in Angriff zu nehmen.
Sebastian
Klar. Um noch mal kurz aufzugreifen: Die Microletta, das ist ein E-Roller, wenn ich’s noch richtig im Kopf habe.
Merlin Ouboter
Genau, richtig. Ein Dreirad-E-Roller, ja.
Sebastian
Dreirad-E-Roller – dass wir das bloß unseren Lesern und Zuhörern, die da eben noch nichts mitbekommen haben davon, auch noch mal so aufführen. Und wäre natürlich eine gelungene Ergänzung und wird ja auch wieder in euer Feld der Mikromobilität oder Urbanmobilität auch im Umfeld dieses Speckgürtels dann wieder einzahlen. Jetzt habe ich noch einen Punkt, den ich gerne mal aufgreifen würde, dass wir vielleicht da noch mal darauf eingehen. Du hast das jetzt auch schon gesagt oder ich auch aufgegriffen: Wir reden bei Microlino 2.0 von einem „Elektrofahrzeug“, nicht „Elektroauto“. Kommt bei uns immer wieder auf diese Frage: Gibt es denn dann auch den Umweltbonus für den Microlino? Wie kann man den beantragen? Kann man eben nicht, weil es eben ein Elektrofahrzeug ist. Kannst du für unsere Hörer da noch mal die wesentlichen Unterschiede aufzählen, warum denn der Microlino jetzt als „Fahrzeug“ gewertet wird und nicht als vollständiges Auto?
Merlin Ouboter
Genau, eigentlich nennt man diese Kategorie „Leichtelektrofahrzeuge“ und die Bezeichnung ist eigentlich L7e. Das ist einfach so ein bisschen die Einteilung in diese Fahrzeugklassen. Und der Unterschied ist, es gibt unterschiedliche Zulassungsklassen, ebendiese L-Klasse, das ist eigentlich die Motorradklasse. Die M-Klasse, das ist für Fahrzeuge. Und dann gibt es noch weitere für Lastwagen, Nutzfahrzeuge et cetera.
Das Lustige ist, dass der Microlino, obwohl er eigentlich aussieht wie ein Auto, in der L-Klasse zu Hause ist, und zwar eben L7e, also eigentlich in der höchsten Stufe. Das heißt, es ist so wirklich ein bisschen, ja, schon fast ein bisschen in der Schnittnette von Motorrad und Auto und deswegen hat er auch ein bisschen andere Richtlinien. Wir haben etwa eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h und wir haben auch ein Gesamtgewicht, das limitiert ist. Also wir dürfen ohne Batterie nicht schwerer als 450 kg sein. Ja, da gibt es noch ein paar technische Feinheiten, aber so grundsätzlich sind das die größten limitierenden Faktoren, was natürlich auch wieder eine Challenge ist, dass man das hinbekommt, vor allem das Gewicht. Aber ich denke, es füllt natürlich eine Nische, die sehr interessant ist.
Sebastian
Ja, definitiv. Und ich sage mal, mit 90 km/h Höchstgeschwindigkeit kann man ja dennoch zügig unterwegs sein im Alltag dann, Landstraße, Überland dann auch mal, ohne dass man sich da dann gleich wie so ein Bremsklotz vorkommt für die anderen Fahrzeuge, die dort unterwegs sind oder Autos.
Merlin Ouboter
Ja, definitiv. Also das kann ich bestätigen. In den meisten Fällen, also, auch wenn man mal auf die Autobahn muss, was auch erlaubt ist, klar, man ist nicht auf der linken Spur, sicher in Deutschland nicht, aber ich denke, für kurze Strecken reicht es absolut. Und das Spannende ist natürlich eben, du hast es vorhin angesprochen, die Förderung. Obwohl es eigentlich ein sehr nachhaltiges Fahrzeug ist, also ich bringe immer den Vergleich: Unser gesamtes Fahrzeug wiegt zusammen, also mit Fahrer und Gepäck im Kofferraum, weniger als nur die Batterie eines Elektro-SUVs – einfach so ein bisschen, um den Leuten das so ein bisschen in den Kopf zu bringen. Das Gewicht macht einen Riesenunterschied und ist schlussendlich auch für einen Großteil der Energie, die aufgewendet wird, verantwortlich. Und ja, leider eben ist diese Kategorie noch ausgeschlossen von der Förderung, aber wir sind da eigentlich sehr zuversichtlich, dass sich das ändern wird.
Sebastian
Das wäre ja schön. Das wird ja den Markt dann noch weiter öffnen, noch mehr interessierte E-Auto-Fahrer oder E-Fahrzeug-Fahrer dann anziehen und es euch natürlich auch erleichtern, da noch mal eine breitere Masse anzusprechen. Aber interessant finde ich vor allem auch den Vergleich, den du jetzt gezogen hast, dass die Batterie von einem Elektro-SUV mehr wiegt als das Fahrzeug von euch mit Gepäck und Fahrer. Das ist ja schon eine Ansage.
Merlin Ouboter
Das ist absolut eine Ansage und ich finde, das ist vielen Leuten teilweise nicht so bewusst, weil man immer so denkt, ja, Elektro gleich immer nachhaltig. Und ja klar, ein Stück weit kann man das schon sagen, ist sicher besser, als wenn er ein Verbrenner ist. Aber das hat meiner Meinung nach trotzdem nicht so viel mit Nachhaltigkeit zu tun, weil man bewegt trotzdem irgendwie zwei Tonnen mit sich, um ein paar Brötchen zu holen. Das ist einfach komplett unsinnig. Und da finde ich, ja, darf man auch mal den Finger draufhalten und sagen, hey, das geht ein bisschen in die falsche Richtung.
Sebastian
Definitiv. Ich meine, so wie du sagst, es ist schon mal gut, dass der E-SUV rein elektrisch unterwegs ist, haben wir schon mal einen Vorteil gegenüber den Verbrenner-Klötzen da, aber natürlich muss diese Masse ja dann dennoch erst mal bewegt werden und gerade in puncto Nachhaltigkeit ist da dann doch noch mal mehr möglich, klar.
Merlin Ouboter
Absolut, absolut. Und das finde ich auch immer spannend, der SUV, was ist eigentlich der Einsatzzweck von einem SUV? Ich meine, mittlerweile ist es einfach ein Stadtfahrzeug geworden. Das ist ja eigentlich völlig unsinnig. Aber der hat ja eigentlich den Ursprung eben Sports Utility Vehicle und gibt auch die Möglichkeit, höhere Lasten zu ziehen als ein normaler PKW. Das wissen auch viele Leute nicht unbedingt. Also alle, die einen Anhänger haben, die verstehe ich absolut, wenn man da ein SUV besitzt, und das hat auch seinen Einsatzzweck. Aber eben, wenn man mal so ein bisschen darauf achtet, die wenigsten haben eine Anhängerkupplung und es ist eigentlich ein reines Lifestyle-Fahrzeug geworden.
Sebastian
Das stimmt definitiv. Das war doch jetzt aber auch wieder ein guter Abriss von der Geschichte bei Microlino, was sich getan hat. Wir sind gespannt, was bei der IAA noch so rauskommt, wird man bei uns auf dem Portal natürlich nachlesen können. Vielen Dank noch mal für deine Zeit, Merlin, dass du uns da noch mal diese Einblicke gegeben hast.
Merlin Ouboter
Ja, danke vielmals für die Einladung, hat Spaß gemacht.
Sebastian
Ja, vielen Dank. Dann mach’s gut. Bis demnächst.
Merlin Ouboter
Merci! Bis demnächst.