Der Markthochlauf der Elektromobilität in Deutschland gerät etwas ins Stocken. Zwischen Januar und Dezember 2023 registrierte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) etwa 524.000 Neuzulassungen vollelektrischer Pkw, was einem Zuwachs von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (2022: 471.000) entspricht.
Gleichzeitig stiegen die Gesamtzulassungen aller Antriebe um 7 Prozent auf 2,84 Millionen Fahrzeuge, sodass der Marktanteil reiner Elektroautos mit 18,4 Prozent nur unwesentlich höher liegt als im Vorjahr (2022: 17,7 Prozent). Plug-In-Hybride spielen seit der Beendigung der Kaufprämie keine bedeutsame Rolle mehr. Ihr Neuzulassungsanteil liegt 2023 nur noch bei 6,2 Prozent (2022: 13,7 Prozent).
Die zukünftige Entwicklung des deutschen Elektroautomarktes ist mit Unsicherheiten behaftet. Angesichts konjunktureller Risiken, der vorzeitigen Beendigung der Kaufprämie für Elektroautos und weiterhin mangelnder preisgünstiger Modelle rechnet das Center of Automotive Management (CAM) für das laufende Jahr 2024 mit rückläufigen Elektroauto-Neuzulassungen in einer Spanne zwischen 430.000 bis 480.000 Fahrzeugen, so das Institut in einer aktuellen Mitteilung.
Ranking der Automobilmarken: VW überholt Tesla
Mit Blick auf die Automobilmarken lassen sich unterschiedliche Entwicklungen erkennen. VW verkaufte im Gesamtjahr 2023 rund 71.000 Elektroautos und steigerte damit seinen Absatz leicht überdurchschnittlich um 11,7 Prozent. Da Tesla in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr einen Absatzrückgang um 9 Prozent auf nunmehr 64.000 Einheiten verbucht, verliert der Elektropionier erstmals seine Spitzenposition auf dem deutschen Fahrzeugmarkt.
Die heimischen Premiummarken BMW, Mercedes-Benz und Audi rücken mit 40.000, 37.000 bzw. 31.000 neu zugelassenen Elektroautos auf die Ränge 3 bis 5 vor. Im direkten Vergleich verzeichnet BMW mit einem Absatzplus von 72,2 Prozent das größte Wachstum, gefolgt von Mercedes-Benz mit 45,7 Prozent, während Audi mit 8 Prozent nur unterdurchschnittlich zulegt.
Die Elektroauto-Verkaufsanteile der deutschen Marken bewegen sich dabei unter dem Durchschnitt des Marktes von 18,4 Prozent. Während bei BMW immerhin 17 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge in Deutschland vollelektrisch sind, sind es bei VW 14 Prozent, bei Mercedes-Benz 13 Prozent und bei Audi sogar nur 12 Prozent (zum Vergleich: Marktdurchschnitt = 18,4 Prozent).
Unter den 20 Automobilmarken mit den meisten Elektroauto-Neuzulassungen befinden sich mittlerweile vier Marken, die entweder ausschließlich oder nahezu vollständig vollelektrische Pkw verkaufen. Hierzu zählen Tesla (100 Prozent), Smart (100 Prozent), Polestar (100 Prozent) und MG (87 Prozent), die es als erste chinesische Marke sogar in die Top 10 der Elektroauto-Neuzulassungsstatistik schafft.
Ebenso stark überdurchschnittliche Elektroauto-Verkaufsanteile haben Fiat (30 Prozent), Hyundai (27 Prozent), Renault (23 Prozent) und Peugeot (22 Prozent). Außerhalb der Top 20 befinden sich weiterhin etablierte Volumenmarken wie Ford (3,3 Prozent), Toyota (4,5 Prozent), Mazda (7 Prozent) und Nissan (9,3 Prozent), deren Elektroauto-Portfolio im Wettbewerbsvergleich noch stark verbesserungswürdig erscheint.
Ranking der Elektromodelle: Tesla Model Y weiterhin ganz vorne
Von allen verkauften vollelektrischen Pkw mit mehr als 100 verfügbaren Modellen im Jahr 2023 entfallen mehr als die Hälfte (57 Prozent) auf 15 Elektroauto-Modelle. Dabei behauptet das Tesla Model Y wie schon im Vorjahreszeitraum mit knapp 46.000 Einheiten und einem Absatzplus von 29 Prozent seine Spitzenplatzierung und kann sich gegen die VW-Modelle ID.4/ID.5 (36.000 Einheiten, +46 Prozent) durchsetzen.
Während der Absatz des Fiat 500e in Deutschland um knapp ein Viertel (-24 Prozent) einbricht und das Modell auf Rang 4 zurückwirft, rückt der Skoda Enyaq mit einem Zuwachs um 93 Prozent auf Platz 3 vor. Die Top 10 vervollständigen die Modelle VW ID.3, Audi Q4, Cupra Born, Tesla Model 3, BMW iX1 und der Mini Cooper.
Im Modellranking verpasst MG knapp den Einzug in die Top 10. Der Verkaufsschlager MG 4 wurde im Gesamtjahr 2023 mehr als 13.000 mal neu zugelassen und liegt damit nur knapp hinter dem Opel Corsa-e und dem Mercedes EQA auf Rang 13.
Anschaffungspreis und Reichweite der Elektromodelle
Damit der Hochlauf der Elektromobilität kurz- und mittelfristig weiter an Fahrt aufnimmt, sind neben ausgereiften technischen Fähigkeiten bei Reichweite, Ladeleistung und Verbrauch der Fahrzeuge insbesondere wettbewerbsfähige Anschaffungspreise erforderlich. In einer Analyse von mehr als 100 Elektromodellen, die im vergangenen Jahr in Deutschland neu zugelassen wurden, weisen der BYD Dolphin und das Tesla Model 3 gegenwärtig das attraktivste Verhältnis zwischen den Anschaffungskosten und der verfügbaren WLTP-Reichweite auf.
Der BYD Dolphin ist bereits zu Preisen ab 35.990 Euro erhältlich und bietet in der Einstiegsvariante 427 km Reichweite laut WLTP-Messung, was einem Preis-Reichweiten-Verhältnis von gut 84 Euro je km entspricht. Ähnlich attraktiv positioniert sich das Tesla Model 3: Mit einem Bruttolistenpreis von 45.668 Euro und einer WLTP-Reichweite von 513 km ergibt sich ein Faktor von 89 Euro je km. Damit liegen beide Modelle deutlich unterhalb des mittleren Preis-Reichweiten-Verhältnisses, das über alle 105 untersuchten Fahrzeuge in Deutschland rund 115 Euro je km beträgt.
Auch der neue Fiat 600e (89 Euro/km) und das Schwestermodell Jeep Avenger (91 Euro/km) aus dem Stellantis-Konzern weisen als Volumenmodelle eine günstige Relation zwischen dem Bruttolistenpreis und der verfügbaren WLTP-Reichweite auf. Die Top 5 komplettiert überraschend der in der Anschaffung eher kostspielige VW ID.7, der insbesondere unter Berücksichtigung seiner Fahrzeugklasse (Obere Mittelklasse) stark positioniert ist. Bei einem Anschaffungspreis von mindestens 56.995 Euro wird den Kunden eine WLTP-Reichweite von 621 km geboten.
„Die Elektromobilität in Deutschland befindet sich nach dem Wegfall der Kaufprämie in einer schwierigen Übergangsphase mit rückläufigen Elektroneuzulassungen im Jahr 2024. Die hohen Anschaffungspreise von Elektroautos von im Mittel rund 52.000 Euro und der Mangel an günstigen Modellen im Vergleich zu Verbrennerfahrzeugen sind für breite Käufergruppen ein Kaufhindernis“, sagt Studienleiter Stefan Bratzel.
Es sei davon auszugehen, dass viele Automobilhersteller im Jahr 2024 durch entsprechende Rabatte die Anschaffungspreise reduzieren und damit geringere Margen in Kauf nehmen werden. VW hat dies bereits umgesetzt und zeitlich befristete Rabatte in Höhe von bis zu beinahe 8000 Euro eingeführt. „Vorteile haben Automobilhersteller wie Tesla oder chinesische Hersteller, die dank ihrer hohen vertikalen Integration und Erfahrung bereits eine bessere Kostenposition besitzen“, so Bratzel weiter. Erst im Jahr 2025 könne aufgrund einer höheren Anzahl kostengünstiger Modelle wieder mit einer stärkeren Dynamik der Elektromobilität in Deutschland gerechnet werden.
Quelle: CAM – Pressemitteilung vom 10.01.2024