Škoda Enyaq 4×4 im Winter-Test: Elektrisch über Eis und Schnee

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Wolfgang Plank

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Wer Winter mag und den gepflegten Drift, kann es kaum schöner treffen: Mittelschweden, Temperaturen ordentlich im Minus, der gefrorene See spiegelglatt im Wortsinn. Bestes Geläuf für einen Eis-Tanz der besonderen Art. Partner dabei sind die Allrad-Modelle von Škoda: Octavia, Superb, Karoq, Kodiaq – und der elektrische Enyaq. Allesamt mit den für Schweden typischen Spikereifen.

Bei den Verbrenner-Modellen aus Mladá Boleslav findet die Kraft klassischerweise ihren Weg über Kardanwellen und Differenziale. Klingt aufwändig und vor allem schwer, macht aber dennoch weniger als 100 Kilo Mehrgewicht aus. Im E-Škoda läuft die Sache schlicht über einen zweiten Motor. Das spart jede Menge Mechanik und das zusätzliche Gewicht bleibt auch hier zweistellig, sagt Škoda-Technik-Vorstand Johannes Neft. Entscheidend für das Zusammenspiel ist die klug programmierte Elektronik. Kleiner Nachteil: Das Plus an Stabilität und Vortrieb wird bei den Kolbenmotoren mit um die 17 Gramm CO2 extra erkauft, bei den E-Autos mit 24 Kilometer weniger Norm-Reichweite.

Am treffendsten hat es vermutlich Walter Röhrl beschrieben. Ein Auto mit zwei getriebenen Rädern, befand der Säulenheilige des Rallyesports, sei eben bloß eine Notlösung. Und auch wenn man mit Kraft an nur einer einzigen Achse den Grenzen der Physik technisch mittlerweile nahe kommt wie nie zuvor: Dieser Satz gilt noch immer. Und da muss man kein bisschen im Grenzbereich der Fahrphysik unterwegs sein – noch nicht mal auf Eis und Schnee. Schon ein Anhänger kann ein normales Auto an des Vortriebs Limit bringen, manchmal reicht schon eine feuchte Wiese.

Schweden bietet die ganz große Herausforderung für das 4×4-Konzept. In diversen Geschlängeln lässt sich erfahren, wie souverän man mit zwei getriebenen Achsen unterwegs ist. Aber auch, wie man sich die Physik zum Freund macht, und dass ein drängendes Heck nicht das Ende ist, sondern erst der Anfang. Mit jedem Meter mehr wird daraus ein Spiel mit dem Schwung des Lastwechsels. Eines, bei dem man mal Mut beweisen muss für den beherzten Gasstoß – und mal Geduld, bis endlich die Drehung um die Hochachse beginnt. Pfeil schnell – um im Bild des Markenlogos zu bleiben.

Für einen Stromer wie den Enyaq iV 80x sind das extrem harte Bedingungen. Die Kälte setzt der 82-kW-Batterie mächtig zu, Heizdrähte für Sitz und Scheiben ziehen zusätzlich Energie – und selbstverständlich läuft der Sport-Modus. Sehr viel schlimmer kann’s für Kilowatt und Radius kaum kommen.

Mit seinen beiden Maschinen (150 kW hinten und 75 kW vorne) krallt sich der Enyaq brutal ins Eis, allerdings sind auch 2,3 Tonnen durch die Kurven zu bringen. Möglichst flott und dennoch mit Gefühl, denn jenseits der Ideallinie lauern hohe Schneewälle, aus denen es auch mit Allrad kein Entrinnen gibt.

Ginge es allein um Zeit, man wäre vermutlich mit dem Karoq am besten bedient. Kompakte Abmessungen, wenig Gewicht – da lässt sich auch ohne überbordende Leistung kommod hantieren. Am schicksten indes driftet es sich tatsächlich mit dem Enyaq Coupé. Schon weil der elektrische Allrad so sanft und vor allem präzise agiert – aber eben auch, weil sich bei voller Rekuperation der ganze Wagen gripgünstig Richtung Vorderbau neigt.

Als über Frösön die Wintersonne untergeht, haben sich diverse Reifen für drei Erkenntnisse aufgerieben: Dass man Jahre an Rennerfahrung der Instruktoren in ein paar Stunden Eis-Tanz nicht annähernd aufholen kann. Dass mit ein bisschen Schwung vieles besser fährt. Und dass ein E-Škoda selbst bei klirrender Kälte zuverlässig unterwegs ist.

Das Thema Reichweite muss man unter diesen Bedingungen nicht allzu ernst nehmen. Schon deshalb, weil trotz Spikes nicht alles an Raddrehung auch Vortrieb bedeutet. Eher noch ist der Verbrauch ein Indiz, der um die 31-kWh-Marke liegt. Natürlich deutlich über dem Normwert von 17,4, aber durchaus noch akzeptabel. Zumal der Enyaq am Schnellader in sieben Minuten Gleichstrom für 100 Kilometer Strecke saugt, an der Wallbox dauert die volle Ladung siebeneinhalb Stunden.

Der Höhepunkt des Tages ist allerdings kein bisschen elektrisch und doch Hochspannung pur. Die Mitfahrt in einem Fabia RS Rally 2. Knapp 300 PS, sequenzielles Getriebe, ein Fahrwerk zum Niederknien. Das Modell gehört zu den absoluten Škoda-Bestsellern, obwohl sie in Mladá Boleslav seit April 2015 nicht mal ganz 500 Exemplare abgesetzt haben. WRC2-Weltmeister Emil Lindholm chauffiert mit dem Teil durchs Niemandsland der Fahrphysik, dass man vom Glauben an Naturgesetze abfallen möchte. Und ja, dem Champion wär’s auch egal, wenn das Auto elektrisch führe.

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Wolfgang Plank

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.
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Herwig:

Es gibt ja in manchen Zeitungen Suchbildrätsel mit zwei Fotos, von denen eines verfälscht ist.
Deshalb habe ich die ersten beiden Fotos lange und genau betrachtet – konnte aber keine Unterschiede finden!

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