Eine Information, die viele zugleich überraschen und vor den Kopf stoßen wird: Der Antrag auf den bis zu 9000 Euro hohen Umweltbonus darf nur gestellt werden, wenn der Kauf des Elektroautos oder Plug-in-Hybriden nicht zugleich durch andere öffentliche Mittel gefördert wurde. Die Kaufprämie darf also nicht mehr mit zusätzlichen Programmen von Kommunen, Ländern oder anderen des Bundes aufgestockt werden, bestätigte das Wirtschaftsministerium eine Recherche der Nachrichtenagentur Reuters. „Dadurch soll eine Überförderung vermieden werden“, zitiert die Nachrichtenagentur aus dem Ministerium. In der Vergangenheit war es noch ohne weiteres möglich, den Umweltbonus mit einer weiteren zielgerichteten Prämie zu kombinieren.
Damit heble der Bund eine Reihe von eigenen und von Länder-Projekten über mehrere Hundert Millionen Euro aus, kommentiert Reuters. Im Rahmen des Corona-Pakets etwa wurde parallel zum erhöhten Umweltbonus das Programm „Sozial & Mobil“ angekündigt, welches Sozialdienste bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge mit insgesamt 200 Millionen Euro unterstützen sollte. Ein Sprecher des Umweltministeriums, wo „Sozial & Mobil“ koordiniert wird, kündigte bereits eine Prüfung an, wie sich das Programm mit dem Umweltbonus vereinbare lasse. Das Verkehrsministerium berichtet von gleich mehreren Förderprojekten, die nun wegzubrechen drohten, etwa das beliebte Sofortprogramm „Saubere Luft“, für die Elektrifizierung von Taxis, Mietwagen und Carsharing-Autos oder das „Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie“. Man befinde sich daher in Abstimmung mit dem Wirtschaftsressort.
Zahlreiche Sonderinitiativen von Ländern und Kommunen würden ebenfalls ausgebremst, heiße es aus Regierungskreisen, etwa in Baden-Württemberg die Landesförderung für Taxen und Mietwagen, was Landes-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) scharf kritisiert: Sie findet es unverständlich, warum Elektroauto-Käufer bestraft werden sollten, wenn das jeweilige Bundesland oder Kommunen einen verstärkten Umstieg fördern wollten. Es könne „kaum im Interesse des Bundes sein, dass regionale oder lokale Förderungen von E-Autos eingestellt werden, sobald diese nicht mehr mit der Bundes-Prämie kombiniert werden können und damit unter Umständen wirkungslos werden“, sagte sie Reuters.
Mehrere Förderprojekte einzelner Kommunen wie München oder Berlin sind ebenfalls bereits gestoppt. München hat die Förderung Elektroautos im Förderprogramm „München emobil“ bis auf Weiteres ausgesetzt. Berlin wollte mit dem Programm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (Welmo) eigentlich Klein-Betrieben die Umstellung auf E-Mobilität erleichtern. Nun heißt es auf der Internetseite von Welmo, Interessenten mögen angesichts der neuen Richtlinie prüfen, „ob Sie lieber Ihren Welmo-Antrag zurückziehen und nur die erhöhte Umweltprämie in Anspruch nehmen möchten.“
„Das ist ein Widerspruch in sich“
Auch der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) reagierte mit Unverständnis auf die überraschende Änderung: „Das ist ein Widerspruch in sich, dass man auf der einen Seite eine erhöhte Förderung beschließt. Und auf der anderen Seite dann bestehende Programme ausbremst“, sagte BDL-Hauptgeschäftsführerin Claudia Conen zu Reuters. Leasing-Unternehmen hätten ihre Raten auf Basis der früher üblichen Richtlinie berechnet. Wenn die zusätzlichen Förderungen nun wegfallen, gehe die Attraktivität von E-Autos für viele Unternehmen und Kunden verloren.
Der Bundesverband E-Mobilität (BEM) vermutet, dass das Corona-Konjunkturprogramm mit heißer Nadel gestrickt worden sei und jetzt handwerkliche Mängel sichtbar würden. Die E-Auto-Interessen brauchten jetzt allerdings Planungssicherheit, stellt BEM-Präsident Kurt Sigl klar. Er erwartet, dass die Bundesregierung „in Sachen Elektromobilität jetzt gesamtheitlich nachbessert und ihre Förderprogramme insgesamt auf Sinnhaftigkeit durchleuchtet“.
Quelle: Reuters – Ärger um E-Auto-Prämie: Regierung bremst eigene Förderprogramme // Tagesspiegel – Verwirrung um Elektroauto-Förderung