Satte 1,5 Milliarden Euro liegen in einem Fördertopf, mit dem die Bundesregierung für bessere Luft in stickstoffgeplagten Innenstädten sorgen will. 250 Millionen Euro davon kommen von den Autoherstellern. Mit dem Geld sollten eigentlich Maßnahmen finanziert werden, die dort Fahrverbote vermeiden sollten, wo die Luft zu stark mit gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid (NO2) belastet ist. Städte könnten die Fördermittel zum Beispiel für digitale Systeme zur Verkehrsleitung gegen Staus, die Nachrüstung von Diesel-Bussen oder die Anschaffung elektrischer Busse verwenden.
Vom „Sofortprogramm Saubere Luft“, das vor mittlerweile zwei Jahren ins Leben gerufen wurde, sind nach Angaben der Bundesregierung bisher nur magere 15,6 Millionen Euro abgerufen worden, berichtet das Handelsblatt. Weitere 748,2 Millionen Euro an Fördermitteln seien zwar bereits gebunden und für konkrete Projekte reserviert, die die Partei “Die Grünen” auf Anfrage vom Verkehrsministerium erfuhr. Dieses Geld erhalten die Kommunen allerdings erst dann, wenn ein Projekt abgeschlossen ist und die Rechnung vorgelegt wurde.
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer nennt diese Zwischenbilanz deshalb ein „politisches Armutszeugnis“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (DPA): „Die vor zwei Jahren unter großem Tamtam beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung sind kurzfristig nutzlos. Es wird auch noch einige Jahre brauchen, bis wirklich nennenswerte Beträge abfließen.“ Er vermisse erkennbar nachdrückliches Bemühen, Fahrverbote zu verhindern und die Luft in den belasteten Straßenzügen zu verbessern. Im Verkehrsministerium hingegen ist man der Meinung, dass sich aus der geringen Summe der ausbezahlten Fördergelder nicht auf den Erfolg des „Sofortprogramms Saubere Luft“ schließen lasse. Immerhin ist die Hälfte des Betrages bereits reserviert.
Nach „Anlaufschwierigkeiten“ läuft es nun besser
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, bestätigte der DPA, dass es zu Beginn „einige Anlaufschwierigkeiten“ gegeben habe. Zwar laufe die Maßnahme nun besser, da das Verkehrsministerium die Programme übersichtlicher angelegt habe. Es gebe aber noch immer einige Probleme, zum Beispiel beim Management der Anträge. Aufgrund der Struktur der Förderung seien die zuständigen Stellen der Kommunen „über Gebühr belastet“ gewesen. Kurzfristig dürfte dies auch noch zu blieben, meint Dedy.
Kritikern wie dem Grünen-Politiker Krischer entgegnet Dedy, dass für die Umsetzung so eines Förderprogramms ein wenig Geduld nötig sei: Schließlich brauchen die Städte „Vorlauf, Planungen, politische Beschlüsse und finanzielle Absicherung im Haushalt“.
Auch der Städte- und Gemeindebund in Person des Hauptgeschäftsführers Gerd Landsberg zeigt sich zufrieden mit dem Sofortprogramm. Die Fördermaßnahmen würden „mit hoher Priorität umgesetzt“, sagte er der DPA.
Weitaus mehr Maßnahmen notwendig
Einig sind sich Dedy und Landsberg auch darin, dass Städte beim Verkehr für noch größere Aufgaben noch mehr Unterstützung brauchen: Wolle die „Mobilitätswende“ beschleunigt werden, müssen etwa mehr alternative Antriebe bei Bussen und Pkw eingesetzt werden sowie der Ausbau von Rad- und Fußwegen beschleunigt werden.
Der Städtetag-Chef Dedy sieht für nachhaltige Mobilität einen enormen finanziellen Bedarf: Er spricht von zwei Milliarden Euro pro Jahr über „mindestens zehn Jahre“. Zudem müssten sowohl der Bund als auch die Länder und Kommunen ihre Anstrengungen „deutlich intensivieren“.
Und auch die Autohersteller nimmt Dedy in die Pflicht: Denn um die Stickoxid-Belastung zu verringern, sei die Hardware-Nachrüstung älterer Diesel durch die Autohersteller dringend geboten. Dieser Meinung ist auch Grünen-Politiker Krischer: Nur mit zusätzlichen Nachrüstungen der Abgasreinigung am Motor anstatt lediglich Anpassungen der Software vorzunehmen, könne es eine kurzfristige Besserung der Schadstoffwerte geben.
Quelle: Handelsblatt – Fördermittel: Erst 15,6 Millionen Euro von Milliarden-Programm für „saubere Luft“ abgerufen