Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat führende Unternehmen der Elektrofahrzeugbranche öffentlich dazu herausgefordert, innerhalb der kommenden fünf Jahre die erste vollständig ethische Batterie der Welt herzustellen. Auf dem Nordic Electric Vehicle-Gipfel in Oslo zeigte die Organisation auf, wie Lithium-Ionen-Batterien mit Menschenrechtsverletzungen einschließlich Kinderarbeit in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) sowie Umweltschäden zusammenhängen. Von „grüner Mobilität“ könne bei solchen Akkus keine Rede sein.
„Es ist absolut notwendig, wirksame Lösungen für die Klimakrise zu finden, und Elektroautos spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber ohne radikale Veränderungen werden die Batterien für umweltfreundliche Fahrzeuge weiterhin mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden.“ – Kumi Naidoo, Generalsekretär von Amnesty International
Die riesigen globalen Konzerne, die die Elektrofahrzeugbranche beherrschen, verfügen über die Ressourcen und das Know-how, um wirklich saubere und faire Energielösungen zu schaffen, sagte Naidoo weiter. „Wir fordern sie heraus, nächstes Jahr mit einem Beweis für echte Fortschritte nach Oslo zurückzukehren. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Batterien ist jetzt die Zeit für einen drastischen Wandel unserer Energiequellen, die den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in den Vordergrund stellt.“
Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Mineralgewinnung
Elektroautos sind der Schlüssel für die Abkehr der Automobilindustrie von fossilen Brennstoffen. Derzeit sind sie jedoch nicht so ethisch, wie es möglich und wünschenswert wäre. Jahrelang unregulierte Industriepraktiken haben zu nachteiligen Menschenrechts- und Umweltauswirkungen geführt. Regierungen und Industrie unternehmen nicht genug, um dagegen anzugehen, so Amnesty International.
Die Organisation hat schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Gewinnung von Mineralien in Lithium-Ionen-Batterien dokumentiert, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2016 habe ergeben, dass Kinder und Erwachsene vor allem im Süden der Demokratischen Republik Kongo in von Hand gegrabenen Kobaltminen arbeiten und dort ernsten Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind. Dabei werden sie weder von der Regierung geschützt noch respektiert von den Unternehmen, die von ihrer Arbeit profitieren. Amnestys Nachforschungen konnten diese Minen mit den Lieferketten vieler der weltweit führenden Elektronikmarken und Elektroautohersteller in Verbindung bringen.
Trotz der Prognosen, dass die Nachfrage nach Kobalt bis 2020 etwa 200.000 Tonnen pro Jahr erreichen wird, verlangt kein Land gesetzlich, dass Unternehmen öffentlich über ihre Kobalt-Lieferketten berichten. Da mehr als die Hälfte des Kobalts der Welt aus dem Süden der Demokratischen Republik Kongo stammt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Batterien für Elektroautos durch Kinderarbeit und andere Misshandlungen beeinträchtigt werden, inakzeptabel hoch.
„Wir müssen jetzt den Kurs ändern, oder diejenigen, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind – indigene Gemeinschaften und Kinder – werden den Preis für die Abkehr von fossilen Brennstoffen zahlen. Die Energielösungen der Zukunft dürfen nicht auf den Ungerechtigkeiten der Vergangenheit basieren.“ – Kumi Naidoo, Generalsekretär von Amnesty International
Seit 2016 sind erfreulicherweise aber auch einige Fortschritte zu verzeichnen. Als Reaktion auf die Nachforschungen von Amnesty haben mehrere führende Unternehmen – darunter Apple, BMW, Daimler, Renault und der Batteriehersteller Samsung SDI – Daten über ihre Lieferketten veröffentlicht. Amnesty forderte nun alle anderen Unternehmen dazu auf, das Gleiche tun. BMW geht sogar so weit, auf Kobalt aus dem Kongo künftig komplett zu verzichten.
Amnesty International hat auch begonnen, Verletzungen der Menschenrechte indigener Völker in der Nähe von Lithiumminen in Argentinien zu dokumentieren. Indigene Gemeinden werden zu Bergbauprojekten in ihrem Land nicht richtig konsultiert und erhalten unzureichende Informationen über die potenziellen Auswirkungen des Bergbaus auf ihre Wasserquellen. Ohne Menschenrechtsschutz könnte der Schaden für indigene Gemeinschaften steigen, da die Nachfrage nach Lithium steigt.
Andere aufkommende Bedrohungen
Die Auswirkungen der Produktion von Batterien auf die Umwelt sind ebenfalls ein Problem. Der Großteil der derzeitigen Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien konzentriert sich auf China, Südkorea und Japan, wo die Stromerzeugung nach wie vor von Kohle und anderen umweltverschmutzenden Stromquellen abhängig ist.
Elektroautos sind zwar ein wichtiger Baustein für die Abkehr von fossilen Brennstoffen und die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Es muss jedoch mehr getan werden, um den CO2-Fußabdruck bereits in der Fertigungsphase zu reduzieren, wie es zum Beispiel VW in Zukunft machen will. Inzwischen hat die steigende Nachfrage nach Mineralien wie Kobalt, Mangan und Lithium zu einem wachsenden Interesse am Tiefseebergbau geführt, von dem Studien prognostizieren, dass dies gravierende und irreversible Auswirkungen auf die Biodiversität haben wird.
Amnesty International ruft Unternehmen außerdem dazu auf, dass Batterien verantwortungsvoll entsorgt werden. Es gibt bereits signifikante Beweise dafür, dass der Batterieabfall von Elektronik, der verschiedene gefährliche Materialien enthält, verantwortungslos entsorgt wurde und Boden, Wasser und Luft verunreinigt.
„Unternehmen, die bei der Erneuerung ihrer Energiequellen Bedenken gegen die Menschenrechte übersehen, stellen ihre Kunden vor eine falsche Entscheidung. Menschen oder Planeten. Dieser Ansatz ist gravierend falsch und wird nicht die nachhaltigen Veränderungen bewirken, die wir benötigen, um die Menschheit vor der Zerstörung des Klimas zu retten. Wir bitten die Branchenführer, darüber nachzudenken, welche Zukunft sie aufbauen möchten.“ – Kumi Naidoo, Generalsekretär von Amnesty International
Quelle: Amnesty International – Amnesty challenges industry leaders to clean up their batteries