Beschäftigt man sich ausgiebig mit Elektroautos, muss man sich immer wieder sehr wundern, wie schlecht und teils tendenziös über Elektromobilität berichtet wird. Da machen sich etwa „Tester“ auf Langstreckenfahrten, ohne sich vorher über Lademöglichkeiten schlau zu machen und wundern sich, dass sie fast mit leerem Akku liegenbleiben, oder versuchen krampfhaft, irgendwelche anderen Negativaspekte zu Papier zu bringen. Andere verbreiten munter Unwahrheiten weiter oder längst von hieb- und stichfesten Studien widerlegte Annahmen. Wie etwa der sich hartnäckig haltende Mythos, dass bei der Produktion eines Elektroauto-Akkus 17 Tonnen CO2 freigesetzt werden.
Dass dies so nicht stimmt, sagten die unfreiwilligen Urheber dieses Mythos bereits, als er in den Medien verbreitet wurde, das war vor etwa eineinhalb Jahren. Damals, im Juni 2017, war eine Metastudie des schwedischen Umweltforschungsinstituts IVL, gerne auch als „Schweden-Studie“ bezeichnet, in den Nachrichten. Kern dieser Meldung sind die 17 ominösen Tonnen CO2. Die Autoren der Studien sagten schon damals, dass dies zu pauschalisierend sei und nicht der Wahrheit entspreche. Aber da sich diese Halbwahrheit seitdem munter weiterverbreitet, hat sich das Team des Fachmagazins Edison mal darum bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen.
„Schuld“ an der Misere hat demnach der schwedische Journalist Johan Kristensson, der in einem Artikel für das Magazin „Ny Teknik“ Zahlen aus der Schweden-Studie stark vereinfacht und aus dem Zusammenhang gerissen veröffentlichte, um beispielhaft das Thema CO2 bei der Elektroauto-Akku-Produktion zu illustrieren. „Da eine 100-Kilowattstunden-Batterie eine im Vergleich sehr große ist, ist die Aussage, dass ein durchschnittlicher E-Auto-Akku solche Emissionen verursacht, natürlich nicht gültig“, sagte er nun im Nachhinein in einem Gespräch mit Edison.
Aber damit waren die 17 Tonnen CO2 in der Welt, das dänische Magazin „Ingenioren“ übernahm den Text von „Ny Teknik“ im Rahmen einer Kooperation. Ein anderer Journalist zitierte diesen Bericht auf nordschleswiger.dk, das wiederum mit der Schleswig-Holsteiner-Zeitung in Deutschland kooperiert und das Thema ebenfalls aufnahm. Diese Übersetzung schließlich griff die Motor-Agentur Spotpress auf, womit die 17 Tonnen CO2 unter anderem bei den Nachrichtenmagazinen Welt und Focus landeten. Inklusive etlicher falscher Berechnungen und Annahmen, nicht nur durch die Vereinfachung von Kristensson. Schließlich waren die Autoren der Studie von schwedischen Verhältnissen ausgegangen, hatten bei der Berechnung von Vergleichen mit anderen Fahrzeugen auch Hybridautos zu den Verbrennern gezählt oder die in Schweden üblichen Ökokraftstoffe berücksichtigt. All das hat mit den Verhältnissen in Deutschland nichts zu tun.
Das in Deutschland aus der Studie verbreitete Zitat „Damit sich ein Elektro-Auto von der Größe eines Tesla Model S ökologisch rechnet, muss man acht Jahre damit fahren“ stimmt also hierzulande gar nicht. „Aus einem Beispiel wurde ein (falscher) Fakt, und der verbreitete sich schnell rund um den Globus“, schreibt Edison in seiner Aufarbeitung des Sachverhalts.
Und ein ganz entscheidender Fakt wurde komplett vergessen: Durch den Einsatz von Ökostrom bei der Akkuproduktion lässt sich der CO2-Rucksack einer Elektroauto-Batterie deutlich verkleinern, worauf auch Tesla-Chef Elon Musk per Twitter hinwies: „Hier von Ahnungslosigkeit zu sprechen, wäre noch großherzig“, schrieb er damals.
Calling this cueless would be generous. Much less energy required for lithium-ion batteries & Gigafactory is powered by renewables anyway.
— Elon Musk (@elonmusk) June 20, 2017
„Viele interpretierten die Studie leider so, dass die Ergebnisse direkt auf eine Tesla-Batterie anwendbar seien – aber das ist falsch. Und in meinem Artikel habe ich auch klar geschrieben, dass dies nicht geht“, erklärte Kristensson, der Urheber des Mythos, im Gespräch mit Edison. Und gibt nun selber zu: Elektroautos „haben das Potenzial, ihren CO2-Fußabdruck viel substanzieller zu senken, als das Fahrzeuge, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, jemals könnten. Sie sind damit eine Antwort auf eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, den Klimawandel.“
Es sei unwahrscheinlich, dass irgendwo in der Welt ein Elektroauto unterwegs ist, dessen Akku auch nur für zehn Tonnen CO2 in der Luft verantwortlich ist, schreibt Edison auf Basis von glaubwürdigen Zahlen. Die Mehrzahl der Akkus, deren Standardkapazität zwischen 40 und 60 Kilowattstunden liegt, dürfte einen Klimarucksack mit sich tragen, der zwischen drei und fünf Tonnen schwer ist. Und selbst das wird sich weiter nach unten korrigieren, schließlich haben sich etliche Autohersteller wie etwa auch Volkswagen bereits dazu verpflichtet, ihre Elektroautos klimaneutral zu produzieren.
Quelle: Edison – Elektroauto-Akkus: So entstand der Mythos von 17 Tonnen CO2