Herbert Diess hat einen Plan: Er will Volkswagen zum weltweit größten E-Auto-Hersteller machen. Mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sprach der VW-Chef am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos darüber, wie das gelingen kann, welche Rolle Greta Thunberg dabei spielt und warum Tesla momentan das Maß der Dinge ist.
„Davos zeigt aber abermals deutlich, dass wir die Umwelt wesentlich stärker in die Rechnung einbeziehen müssen“, sagte Diess zu Beginn des Interviews. VW habe sich mit seinem Fokus auf die Elektromobilität bereits „klar positioniert“ und arbeite „intensiv daran, dass der Konzern bis 2050 klimaneutral wird.“ Das Jahr 2020 werde für Volkswagen „extrem wichtig.“ Nach einem guten Jahr 2019, in dem der Hersteller Marktanteile gewinnen konnte, will der Konzern nun „mit vielen neuen Modellen den Durchbruch mit den Elektroautos schaffen, unsere Flottenziele für die Emissionen erreichen und dabei unsere Margen halten.“
Auf die Klima-Aktivistin Greta Thunberg und seine eigene CO2-Bilanz angesprochen sagt Diess, das Thema mache ihn „persönlich betroffen. Denn wir haben zwar vieles geplant, aber wenn man ehrlich ist, muss man zugeben: Wir sind in diesem Punkt 2019 nicht wirklich vorangekommen.“ Auch er habe mit Blick auf seine persönliche Klimabilanz „nicht das geschafft, was ich mir vorgenommen habe.“ Vor allem die vielen berufsbedingten Flüge mit dem Firmenflugzeug seien seine „große Herausforderung“. Er hatte sich eigentlich vorgenommen, seinen CO2-Fußabdruck um 20 Prozent zu verringern, „aber die habe ich bei weitem nicht erreicht. Ich nehme mir das Ziel jetzt für 2020 abermals vor.“
Diess bringt auch das Thema Kompensation im Zusammenspiel mit effektiver Vermeidung von CO2 ins Spiel. Der ID.3 sei VWs „erstes klimaneutrales Auto. Wir sparen schon viele Emissionen in der Herstellung ein und was wir nicht schaffen, das forsten wir auf und kontrollieren das auch. Einfach nur CO2-Zertifikate zu kaufen, reicht nicht aus.“ Im Jahr 2020 will der Hersteller vier Prozent elektrifizierte Fahrzeuge absetzen. Das sind in der VW-Größenordung „dann rund 400.000 bis 450.000 Autos.“
„Tesla ist der größte Herausforderer“
Im Jahr 2021 führt Deutschland einen CO2-Preis ein, um die Vermeidung des Klimagases zu fördern. Zum Start der Bepreisung sind es 25 Euro pro Tonne, danach steigt er nach und nach. Diess hält diesen Preis für „zu niedrig“ und wünscht sich „weiterhin eine höhere CO2-Steuer von der Politik.“ Als Beispiel nennt er Schweden, wo der Preis für eine Tonne oberhalb von 100 Euro liegt, „und das funktioniert gut.“
Den US-Elektroauto-Pionier Tesla nimmt der VW-Chef nicht „als unmittelbare Bedrohung“ wahr. Sondern eher als Inspiration: „Es hilft uns derzeit eher, dass Tesla zeigt, wie es geht.“ Volkswagen könne nur dann mit Tesla mithalten, „wenn wir jetzt in der Elektromobilität schnell hochfahren und die nötigen Software-Kompetenzen aufbauen.“ Aber auch Tesla werde „schnell weiter wachsen und bleibt wahrscheinlich der schärfste Herausforderer“, sagte Diess. Tesla habe den großen Vorteil, „sehr fokussiert auf ein Produkt“ zu sein, „das hochvernetzte Elektroauto“. Dazu komme „ein Team mit sehr hoher Software-Kompetenz, das unheimlich schnell und flexibel ist. Das ist ein ganz neuer Typ von Wettbewerber, der keine lange Historie hat, der aber jetzt den Maßstab setzt.“ VW müsse in den Kernbereichen von Tesla „deutlich schneller werden“, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Man habe bereits erwogen, Unternehmensteile auszugründen, um gegenüber dem E-Auto-Primus, den Diess als „größten Herausforderer“ betrachtet, Boden wett zu machen. „Für unser Elektrokonzept haben wir dann bewusst eine eigene Baureihe gegründet mit großen Freiheiten, die aber noch im Konzern geblieben ist“, was „ein guter Kompromiss zwischen Schnelligkeit und Kompetenz“ sei. „Aber das müssen wir jetzt nochmal beschleunigen. Das ist uns allen klar.“ In den nächsten drei, vier Jahren werde sich zeigen, so Diess, „wer bei den Skaleneffekten für Elektroautos die Nase vorne hat – Tesla oder wir.“
Quelle: FAZ – „Ich wünsche mir eine höhere CO2-Steuer“