Der batterieelektrische Langstrecken-Lkw Mercedes-Benz eActros 600 geht in den Kundentest. Die ersten beiden Erprobungsfahrzeuge des im vergangenen Jahr vorgestellten E-Lkw für den Fernverkehr werden in den nächsten Wochen sukzessive vom Container-Logistikunternehmen Contargo und vom Recyclingspezialisten Remondis in der Betriebspraxis eingesetzt, so Hersteller Daimler in einer aktuellen Mitteilung.
Beide Unternehmen sind Teil des global agierenden Rethmann-Konzerns. Contargo werde seinen E-Lkw über mehrere Monate hinweg für den Transport von Containern zwischen dem Hafen in Wörth am Rhein und unterschiedlichen Be- und Entladestellen einsetzen. Dabei soll das Fahrzeug täglich mehr als 800 Kilometer zurücklegen. Im ersten Schritt werde der Elektro-Lkw an einer Schnellladesäule am Contargo-Terminal in Karlsruhe geladen. In Kürze plant Contargo den Aufbau einer eigenen Ladeinfrastruktur auf seinem Betriebshof. Contargo baut nach eigenen Angaben derzeit das größte private Ladenetz für schwere E-Lkw in Deutschland auf, mit 90 Ladepunkten an 18 Standorten.
Remondis werde das Erprobungsfahrzeug bei Köln im Rahmen des Projekts „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“ (HoLa) einsetzen. Ziel von HoLa ist der Aufbau, Betrieb und die wissenschaftliche Begleitung einer Hochleistungs-Ladeinfrastruktur für den batterieelektrischen Lkw-Fernverkehr. Am Projekt sind neben Daimler Truck weitere Konsortialpartner aus Industrie und Forschung beteiligt. Das Testfahrzeug für Remondis werde vor allem für den Transport von recycelten Rohstoffen eingesetzt und werde mit einem eigens für die Erprobung produzierten Auflieger der Firma Kögel ausgestattet. Mercedes-Benz Trucks plant, weitere Erprobungsfahrzeuge sukzessive an Kunden mit unterschiedlichen Anwendungsfällen zu übergeben.
Michael Starke, Geschäftsführer von Rhenus Trucking, freut sich, das Fahrzeug mit der Nummer 1 testen zu dürfen: „E wie Erster – das war, ist und bleibt für uns als Contargo unsere DNA. Wir stehen wirklich unter Strom und setzen unsere Dekarbonisierung konsequent um“. Mit Mercedes-Benz Trucks habe das Unternehmen in der Vergangenheit bereits unterschiedliche Innovationen gemeinsam erprobt. „Daher war es für uns von Anfang an eine Freude und auch logische Konsequenz, bei diesem Fahrzeug dabei zu sein“.
Von der Alltagstauglichkeit scheint Rhenus schon vor dem Start der Erprobung überzeugt: „Wir haben wir vergangenes Jahr 20 dieser Fahrzeuge verbindlich bestellt“, so Starke weiter. „Damit werden wir auch zu den ersten gehören, die diese dann auf der Straße im flächendeckenden Einsatz fahren – was uns unsere E-Touren in der Containerhinterlandlogistik sowie im nationalen Fernverkehr erleichtern wird.“
Andreas Roer, Geschäftsführer von Contargo, präzisiert, wie der Langstrecken-Lkw bei seinem Unternehmen eingesetzt werden soll: „820 Kilometer am Tag – dafür setzen wir den eActros 600 jetzt in einem Shuttle-Service im Zweischichtbetrieb ein. Dank unserer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur ist das eine ideale Anwendung für den Einsatz dieses Fahrzeugs.“
Auch Sascha Hähnke, Geschäftsführer von Remondis Sustainable Services, verweist darauf, dass sich Elektro-Lkw in seinem Unternehmen bereits bewährt haben: „Wir konnten über die letzten Jahre bereits viele wertvolle Erfahrungen mit E-Lkw sammeln. Für uns stand deshalb außer Frage, gleich als erstes Unternehmen an der Kundenerprobung des eActros 600 teilzunehmen. Gerade in der Kreislaufwirtschaft, in der Remondis weltweit tätig ist, beginnt alles mit der Logistik. Wir freuen uns, mit dem E-Lkw hier einen weiteren Schritt in Richtung Klimaneutralität gehen zu können.“
Der Mercedes-Benz eActros 600 in der Serie
Die hohe Batteriekapazität von mehr als 600 Kilowattstunden – daher die Typbezeichnung 600 – sowie eine neue, laut dem Hersteller besonders effiziente elektrische Antriebsachse aus eigener Entwicklung, sollen eine Reichweite des E-Lkw von 500 Kilometern ohne Zwischenladen ermöglichen. Trotz des aus Sicht eines Pkw-Fahrers hohen Verbrauchs von gut 120 kWh je 100 Kilometer werde der eActros 600 deutlich mehr als 1000 Kilometer am Tag zurücklegen können, so Daimler. Zwischenladen während der gesetzlich vorgeschriebenen Fahrerpausen – auch ohne Megawattladen – mache dies problemlos möglich.
Der eActros 600 wird neben dem CCS-Laden mit bis zu 400 kW später auch das Megawattladen (MCS) ermöglichen. Hierfür können Kunden eine Vorrüstung bestellen. Die Batterien können an einer entsprechenden Ladesäule mit etwa einem Megawatt (1000 kW) Leistung in ca. 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent aufgeladen werden. Mit 400 kW Ladeleistung benötigt der eActros dafür etwas mehr als eine Stunde.
Optisch zeichnet sich der E-Lkw durch ein grundlegend neues, puristisches Design mit klaren Linien und einer aerodynamischen Form aus. Bei der Profitabilität für Flottenbetreiber soll der Elektro-Lkw neue Maßstäbe setzen, womit er langfristig die Mehrheit der Diesel-Lkw im wichtigen Fernverkehrs-Segment ablösen könne, so Daimler. Kern des Konzepts von Mercedes-Benz Trucks für den batterieelektrischen Fernverkehr sei, Kunden eine gesamtheitliche Transportlösung aus Fahrzeugtechnologie, Beratung, Ladeinfrastruktur und Services zu bieten.
Der Start der Serienproduktion ist für Ende 2024 vorgesehen. Der eActros 600 werde von Anfang an als Sattelzugmaschine sowie als Pritschenfahrgestell-Variante produziert, was den Kunden zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten im vollelektrischen Transport bietet. Derzeit entsteht eine Flotte von rund fünfzig Prototypen, von denen einige Fahrzeuge in einem nächsten Schritt auch zu ersten Kunden in die Praxiserprobung gehen sollen.
Quelle: Daimler Truck – Pressemitteilung vom 16.04.2024