Die Wachstumsdynamik der Elektromobilität verschiebt sich angesichts konjunktureller Herausforderungen und zurückhaltender Kundennachfrage zugunsten von Hybrid-Technologien. Während vollelektrische Pkw (BEV) in den automobilen Kernmärkten China, Europa und USA im ersten Quartal des Jahres noch um 11 Prozent auf 1,75 Millionen Elektroautos zulegten, stiegen Plug-In-Hybride (PHEVs) überdurchschnittlich um 52 Prozent auf 1,1 Millionen Einheiten.
Der E-Auto-Marktführer Tesla verzeichnet ein reduziertes Absatzvolumen von 387.000 Fahrzeugen (-9 Prozent) und selbst BYD meldet trotz signifikanter Preissenkungen nur eine Steigerung um 13 Prozent auf 300.000 Elektroautos. Unter den deutschen Herstellern weist BMW (+28 Prozent) das stärkste Wachstum auf. Die VW Group (-1 Prozent) und Mercedes-Benz (-7 Prozent) müssen hingegen Volumeneinbußen hinnehmen. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet das Center of Automotive Management (CAM) aufgrund der angespannten Lage mit etwa 10 Millionen Elektroautos (+11 Prozent), davon knapp 6 Millionen in China, 2,3 Millionen in Europa und rund 1,3 Millionen in den USA.
China treibt die Elektromobilität als größter Automobilmarkt der Welt wie gehabt am stärksten voran. Zwischen Januar und März 2024 wurden dort rund 1 Million Elektroautos sowie etwa 740.000 Plug-in-Hybride neu zugelassen, was einem Wachstum von 15 Prozent bzw. 75 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht. Mit einem E-Anteil von gut 37 Prozent ist damit mehr als jedes Dritte neu zugelassene Auto in China entweder vollelektrisch oder ein Plug-In-Hybrid (Q1 2023: 31 Prozent). Speziell PHEVs erfreuen sich einer erhöhten Beliebtheit: Machte die Antriebsart im März 2023 noch etwa 10 Prozent der Neuzulassungen aus, so waren es ein Jahr später bereits rund 17 Prozent.
Frankreich und UK steigern E-Auto-Absatz, Deutschland schwächelt
In Europa verlieren Elektrofahrzeuge dagegen etwas an Momentum. In der EU, EFTA und UK steigt der Elektroauto-Absatz nach Schätzungen des CAM leicht um 6 Prozent auf etwa 460.000 Einheiten und die Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden um 14 Prozent auf 260.000 Pkw. Dabei büßt Deutschland seine Position als europäischer Leitmarkt der E-Mobilität nach abgesetztem Fahrzeugvolumen ein. Während die E-Auto-Neuzulassungen hierzulande um 14 Prozent auf 81.000 Einheiten schrumpfen, verzeichnet das Vereinigte Königreich ein Wachstum von 11 Prozent auf 84.000 E-Autos. Auch Frankreich vermeldet einen starken Zuwachs von 24 Prozent auf 80.000 Elektroautos. Selbst wenn man die Plug-in-Hybride hinzurechnet, liegt das Vereinigte Königreich mit 127.000 Neuzulassungen knapp vor Deutschland mit 126.000 E-Fahrzeugen und Frankreich mit 119.000 Einheiten.
In den USA schwächt sich der Hochlauf der Elektroauto-Neuzulassungen ebenfalls ab. Für das erste Quartal 2024 rechnet das CAM mit einem Niveau von etwa 265.000 rein elektrischen Pkw, was einer Steigerung von lediglich 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Tesla hat zwar mit einem Volumen von 167.000 (+3 Prozent) noch immer den größten Marktanteil in seinem Heimatmarkt, kann diesen jedoch angesichts stärkerer Konkurrenz immer schwieriger verteidigen. Machte das Unternehmen im Vorjahreszeitraum noch über 62 Prozent der Elektroauto-Verkäufe aus, so sind es jetzt nur noch 55 Prozent.
Hinzu kommt, dass auch in den USA Plug-In-Hybride verstärkt als Alternative zum vollelektrischen Antrieb angesehen werden. Einige Hersteller, darunter auch die einheimischen Konzerne Ford und General Motors, haben ihre E-Auto-Pläne zugunsten von Plug-in-Hybriden nach hinten korrigiert.
Tesla wieder vor BYD
Die regional unterschiedlichen Entwicklungen der Elektromobilität machen sich in den Absatzbilanzen der Automobilhersteller bemerkbar. Der US-Hersteller Tesla kann seinen geplanten Wachstumspfad gegenwärtig nicht umsetzen und meldet stattdessen ein Auslieferungsdefizit von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Mit rund 387.000 verkauften Elektroautos ist das Unternehmen dennoch international wieder der größte Hersteller von reinen Elektroautos, nachdem BYD den Amerikaner im letzten Quartal 2023 diesen Platz streitig gemach hatte. Der chinesische Hauptwettbewerber BYD erzielt u.a. dank seiner aggressiven Preispolitik ein marktdurchschnittliches Wachstum von 13 Prozent bei seinen E-Autos und liegt mit einem Volumen von 300.000 Einheiten auf dem zweiten Rang. Zählt man die 324.000 ebenfalls verkauften Plug-in-Hybride hinzu, dann ist BYD mit weitem Abstand der größte Fertiger von Elektrofahrzeugen.
Im Rennen um den dritten Platz der Hersteller mit den am meisten verkauften Elektroautos kann sich nach Schätzungen des CAM der chinesische Automobilkonzern SAIC gegenüber dem VW-Konzern durchsetzen. SAIC berichtet über einen Verkaufszuwachs seiner „New Energy Vehicles“ (BEV, PHEV, HEV, FCEV) von 48 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf 210.000 Fahrzeuge, wovon etwa 150.000 Elektroautos (+13 Prozent) sein dürften. Damit wäre nahezu jedes dritte neu zugelassene Fahrzeug (32 Prozent) des Unternehmens vollelektrisch.
Der VW-Konzern hat hingegen insbesondere in Europa (-24 Prozent) und den USA (-16 Prozent) mit rückläufigen E-Auto-Absätzen zu kämpfen und rutscht mit einem globalen Verkaufsvolumen von 136.000 Elektroautos (-1 Prozent) auf den vierten Platz ab. Ebenso bedenklich sei der mit weiterhin 7 Prozent unverändert niedrige E-Auto-Anteil an den Gesamtverkäufen. Die Geely Group, der unter anderem die Hersteller Volvo, Polestar und Lotus zugehören, wächst mit einem Volumen von 130.000 Elektroautos (+31 Prozent) am stärksten und vervollständigt damit die Top 5. Da auch die Gesamtzulassungen stark ansteigen (+35 Prozent), bleibt der E-Auto-Anteil unverändert bei etwa 20 Prozent.
Die weiteren deutschen Automobilhersteller BMW und Mercedes-Benz entwickeln sich gegensätzlich. BMW erhöht mit rund 83.000 ausgelieferten Fahrzeugen (+28 Prozent) seinen Elektroauto-Absatz überdurchschnittlich im Vergleich zum Gesamtmarkt und erreicht einen Elektro-Anteil von 14 Prozent (Q1 2023: 11 Prozent). Dagegen vermeldet Mercedes-Benz einen leichten Rückgang der Auslieferungen vollelektrischer Pkw und Vans auf 51.000 Einheiten (-7 Prozent). Dies kann einerseits auf die auslaufende Produktion des Smart Fortwo sowie andererseits den ebenfalls rückläufigen Gesamtabsatz (-6 Prozent) zurückgeführt werden. Nichtsdestotrotz bleibt der Elektroauto-Anteil von Mercedes-Benz mit 9 Prozent auf einem anhaltend niedrigen Niveau.
Elektroauto-Zulassungen mit global unterschiedlichen Trends
Bei den Prognosen für das Gesamtjahr 2024 geht das CAM weltweit von etwa 10 Millionen Elektroauto-Neuzulassungen aus (+11 Prozent). Der chinesische Markt werde dabei mit knapp 6 Millionen Einheiten und rund 60 Prozent des weltweiten Absatzes eine führende Rolle bei der Antriebswende einnehmen (+17 Prozent).
In Europa dürfte sich die konträre Entwicklung der einzelnen Binnenmärkte sowie die ausbleibende Preisattraktivität von Elektroautos dämpfend auf die Neuzulassungen auswirken. Das CAM geht hierbei von etwa 2,3 Millionen E-Autos aus (+15 Prozent), wobei für Deutschland rund 470.000 Elektroautos (-10 Prozent) prognostiziert werden.
Die USA befinden sich angesichts der hohen politischen Unsicherheit im Zuge der anstehenden Präsidentschaftswahl in einem schwierigen Findungsprozess mit unklarem Ausgang. Für die Elektromobilität könnten diese Rahmenbedingungen nur ein geringfügiges Wachstum auf 1,3 Millionen E-Autos (+8 Prozent) bedeuten.
Quelle: CAM – Pressemitteilung vom 15.04.2024