Anfang Mai 2018 hat die EnBW nun erstmalig die Diskussionen um die Netzstabilität beim vermehrten Einsatz von E-Autos aus der Theorie in die Praxis geholt. In der Belchenstraße in Ostfildern südlich von Stuttgart, stehen von Mai an, neben den bisherigen Verbrenner, auch E-Autos. Doch damit ist nun Schluss, denn nach rund eineinhalb Jahren wurde das Projekt als beendet erklärt.
Netze BW setzt auf Erfahrungen aus der Praxis
“Wir wollen uns nicht allein auf theoretische Berechnungen und Prognosen verlassen, sondern live beobachten und testen. Durch Projekte die E-Mobility Allee und ihre Folgeprojekte sind wir gerüstet, wenn der Hochlauf der Elektromobilität tatsächlich Fahrt aufnimmt”, unterstrich Martin Konermann, technischer Geschäftsführer der Netze BW, die erlangten Ergebnisse aus dem Projekt. Auch Baden-Württembergs Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller gab zu verstehen, dass das “bundesweit einmalige Projekt die Elektromobilität für die Menschen erlebbar gemacht und so zur Akzeptanz dieser Antriebstechnik in der Bevölkerung beigetragen hat.”
Festhalten lässt sich, dass alle Seiten – nicht nur die Netze BW selbst, sondern auch die Teilnehmer und die Kommune durch die Zusammenarbeit viel dazu gelernt hat. Wir erinnern uns:
“Für das Projekt hatte die Netze BW zehn Haushalten in der Belchenstraße in Ostfildern Elektroautos und die notwendige Ladeinfrastruktur für zu Hause zur Verfügung gestellt. Ursprünglich für zwölf Monate geplant, war das Projekt wegen des großen Interesses auf eineinhalb Jahre verlängert worden. Die teilnehmenden Haushalte reichten vom Vielfahrer bis zum Gelegenheitsfahrer und von der Familie mit Kindern bis zu Rentnern.”
Dieser Zusammenschluss der unterschiedlichen Projektteilnehmer hat gewährleistet, dass ein typisches Wohngebiet mit Eigenheimen, wie es häufig in Ballungsräumen vorkommt, die E-Mobilität im Alltag abbildet. Entscheidend war hierbei die Tatsache, dass alle Haushalte am gleichen Stromkreis hingen, in dem durch den Versuch eine E-Auto-Quote von 50 Prozent erreicht wurde.
Mehr Erfahrung mit E-Autos führt zu Veränderung im Ladeverhalten
Veränderungen im Ladeverhalten der Teilnehmer waren im Zeitverlauf erkennbar: Sie gewannen Vertrauen in die Reichweite der E-Autos und luden nach der Anfangsphase deutlich seltener. Dadurch und durch die unterschiedlichen Nutzungsarten und Fahrzeugtypen waren nie mehr als fünf Fahrzeuge gleichzeitig am Netz – und selbst das nur in extrem seltenen Fällen (0,1% der Zeit). In 70 Prozent der Zeit wurde hingegen überhaupt nicht geladen.
“Die oft geäußerte Befürchtung, wonach alle E-Autos nach Feierabend gleichzeitig laden und dadurch das Netz überlasten, scheint nach dieser Erfahrung nicht realistisch zu sein.” – Selma Lossau, Projektleiterin Netze BW
Bei den Eingriffsmöglichkeiten für den Netzbetreiber zeigte sich, dass vor allem das „intelligente Lademanagement“ großes Potenzial hat: „Durch die elektronische Zuteilung von Ladezeiten konnten Engpässe vermieden werden, ohne dass sich die Teilnehmer davon beeinträchtigt fühlten“, so Selma Lossau. Diese Erfahrung deckt sich mit dem zentralen Ergebnis einer Studie, die Agora Verkehrswende, Agora Energiewende und The Regulatory Assistance Project (RAP) vorgestellt hat.
Einsatz von Batteriespeichern durchaus eine sinnvolle Option
Des Weiteren sei der Einsatz von verschiedenen Typen von Batteriespeichern sinnvoll, die vorübergehend eingesetzt wurden und das Netz entlasteten. Vonseiten der Automobilhersteller gibt es hier bereits entsprechende Testprojekte. Sono Motors setzt Sion-Flotte als mobiler Energiespeicher in Mainzer Wohnquartier ein und untersucht die Ergebnisse.
Mit dem Erfolg des ersten Projektes im Rücken wird nun auch ein weiteres Folgeprojekt starten. Unter anderem werden im Raum Ludwigsburg ab November die Bewohner einer großen Wohnanlage mit 45 Elektroautos und 60 Ladepunkten ausgestattet, um auch hier das Verhalten und die Auswirkungen auf das Stromnetz kennenzulernen („E-Mobility-Carré“). Auch in einem ländlich geprägten Raum wird es ein Testfeld geben („E-Mobility-Chaussee“). „Als Stromnetzbetreiber wollen wir Möglichmacher der Elektromobilität sein. Unsere Projekte vor Ort sind dafür ein zentraler Baustein“, hielt Martin Konermann zum Abschluss fest.
Quelle: Netze BW – Pressemitteilung vom 28. Oktober 2019