Der Markt für Elektroautos wächst rasant und damit auch der Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien. Ihr Recycling ist ein wichtiger Teil des Produktionszyklus. Derzeitige Verfahren beruhen auf der Zersetzung aktiver Batteriematerialien in ihre molekularen Bestandteile, was mit einem hohen Verbrauch an Energie und Chemikalien verbunden ist. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun in Zusammenarbeit mit Industriepartnern ein effizienteres Recyclingverfahren für Altbatterien entwickelt, bei dem die aktiven Bestandteile unter Beibehaltung ihrer Funktionalität zurückgewonnen werden.
“Die Elektrifizierung des Mobilitätssektors ist notwendig, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreichen kann”, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung. Sie stelle daher einen Megatrend in der deutschen Automobilindustrie dar. “Der damit verbundene hohe Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien erfordert nachhaltige und geschlossene Stoffkreisläufe, vom Batteriematerial über den gesamten Lebenszyklus der Batterie bis hin zum Recycling sowie einen geschlossenen Kreislauf der Batteriezellenherstellung”, sagt Dr. Marco Gleiß vom Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik. Gleiß ist am KIT Koordinator des Projekts “Agile Prozesskette für das direkte Recycling von Lithium-Ionen-Batterien und die Regeneration von Aktivmaterialien” (DiRecReg). “Indem wir die Wertschöpfungskette schließen, können wir die Abhängigkeit Deutschlands und der Europäischen Union von Rohstoffen verringern”, so Gleiß weiter.
Rückgewinnung statt Zerkleinerung oder Zersetzung
Bei den derzeitigen Verfahren werden die Batteriezellen zerkleinert und die aktiven Stoffe bis auf die molekulare Ebene aufgelöst, um sie später in Form von Metallsalzen aus der Flüssigkeit zu extrahieren. Auf diese Weise können bis zu 90 Prozent der kritischen Elemente wie Kobalt, Lithium, Nickel und Mangan zurückgewonnen werden. Allerdings ist der Verbrauch von Energie und Chemikalien sehr hoch. Und noch mehr Energie und Rohstoffe werden für die Herstellung von neuem Batteriematerial aus den gewonnenen Materialien benötigt.
Neue, vielversprechende Ansätze beruhen dagegen auf dem direkten Recycling von Aktivstoffen aus Altbatterien oder Produktionsabfällen. “Die aktiven Materialien werden nicht mehr vollständig aufgelöst. Stattdessen werden sie in ihre Bestandteile zerlegt und mechanisch getrennt, so dass hochreine Fraktionen zurückgewonnen werden können”, erklärt Gleiß.
Die aktive Rückgewinnung von Batteriematerialien steckt noch in den Kinderschuhen. Ein solches direktes Recyclingverfahren wird in der Industrie noch nicht eingesetzt, da das Verhalten des recycelten Materials nicht vorhergesagt werden kann. Kriterien und Regeln zur Bewertung der Verwertbarkeit des gealterten Materials fehlen ebenso wie wirtschaftlich effiziente Lösungen, um verschiedene Batteriepacks mit vertretbarem Aufwand in ihre Bestandteile zu zerlegen. “Diese Aspekte werden in unserem Projekt adressiert. Es umfasst vor allem die Entwicklung einer agilen Prozesskette für das direkte Recycling von Lithium-Ionen-Batterien und die Aufbereitung der zurückgewonnenen Aktivmaterialien”, sagt Projektkoordinator Dr. Thomas Dreyer von Weber Ultrasonics. Wichtig sei, dass sich das Verfahren auf unterschiedliche Ausgangsmaterialien der Batterieproduktion sowie auf Produktionsabfälle einstellen lässt und für das Recycling verschiedener Batterietypen und -designs eingesetzt werden kann. “Außerdem wollen wir die energieaufwendigen Schritte heutiger Recyclingverfahren ersetzen, um nachhaltige Rezyklate von hoher Qualität zu erhalten”, so Gleiß weiter.
Verbundprojekt wird mit knapp drei Millionen Euro gefördert
Das Projekt DiRecReg ist auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt und wird vom Bundesforschungsministerium mit 2,95 Millionen Euro gefördert. Das Projektkonsortium unter der Leitung von Weber Ultrasonics besteht aus zehn Partnern und einem assoziierten Partner. Darunter sind vier Institute des KIT: das WBK Institut für Produktionswissenschaft, das Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik, das Institut für Angewandte Geowissenschaften mit dem Lehrstuhl für Geochemie und Wirtschaftsgeologie sowie die Arbeitsgruppe Dünnschichttechnik. Die sechs Industriepartner sind: Der Batteriezellenhersteller PowerCo, der Werkstofftechnik- und Recyclingkonzern Umicore, der Hersteller von Greif- und Handhabungssystemen Schunk, der Anlagenintegrator Fibro Päpple Technology sowie die Anlagenbauer Carl Padberg Zentrifugenbau und Weber Ultrasonics. Siemens unterstützt das Projekt im Bereich der Steuerungs- und Digitalisierungssysteme als assoziierter Partner.
Quelle: KIT – Pressemitteilung vom 28.11.2023