Batterierecycling: Wann die Kreislaufwirtschaft Realität werden kann

Cover Image for Batterierecycling: Wann die Kreislaufwirtschaft Realität werden kann
Copyright ©

Fortum

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Mit der zunehmenden Produktion von Batterien für Elektroautos steigt auch die Nachfrage nach den dafür notwendigen Rohstoffen. Angesichts von Versorgungsrisiken, Umweltproblemen und nicht immer fairen Arbeitsbedingungen, die mit dem Abbau und Transport dieser Rohstoffe verbunden sind, ist das Recycling von Batteriematerialien zu einem wichtigen Thema in Wissenschaft, Politik und Industrie geworden.

Ein Forscherteam aus Wissenschaft sowie Auto- und Batterieindustrie um das Wirtschaftschemie-Team der Universität Münster hat daher die Frage untersucht, wann der Bedarf an den drei wichtigsten Batterierohstoffen Lithium, Kobalt und Nickel in Europa, den USA und China komplett durch Recycling abgedeckt werden kann – also wann in diesen Regionen eine vollständige Kreislaufwirtschaft möglich ist. Das Fazit: China soll dies zuerst gelingen, gefolgt von Europa und den USA, so die Universität Münster in einer aktuellen Mitteilung.

Die Ergebnisse im Detail: In China kann demnach der Bedarf an primärem, also durch Abbau gewonnenem Lithium für Elektroautos voraussichtlich ab dem Jahr 2059 durch Recycling gedeckt werden, in Europa und den USA erst nach 2070. Für Kobalt ist der Bedarf in China aller Voraussicht nach frühestens 2045, in Europa 2052 und in den USA erst ab 2056 durch Recycling gesichert. Für Nickel gilt: China kann den Bedarf wohl frühestens 2046, Europa erst ab 2058 und die USA ab 2064 durch Recycling decken.

Zwar haben frühere Forschungsarbeiten das Angebot recycelter Batterie-Rohstoffe und die Nachfrage danach erforscht. Jedoch war bislang nicht klar, wann die vollständige Kreislauffähigkeit erreicht wird, bei der Angebot und Nachfrage gleich sind, der sogenannte Gleichgewichtspunkt. Das Forschungsteam ging auch der Frage nach, ob es Möglichkeiten gibt, den Gleichgewichtspunkt schneller zu erreichen als anhand der aktuellen Entwicklungen vorausgesagt.

Ja, die gibt es“, unterstreicht Stephan von Delft, Juniorprofessur für Chemie und Unternehmertum an der Uni Münster. „Unsere Forschung zeigt, dass dabei vor allem eine schnellere Elektrifizierung der Automobilindustrie, wie sie in der EU momentan diskutiert wird, eine Rolle spielt. Denn je schneller der Automobilmarkt durch Elektroautos durchdrungen wird, desto schneller stehen Batterien in ausreichender Menge zum Recycling zur Verfügung.“

Batterierecycling-Kreislaufwirtschaft
Universität Münster

Doktorand Jannis Wesselkämper ergänzt: „Auch durch eine Verringerung der Batteriegrößen und durch die Vermeidung von sogenanntem Second-Life der Batterien – zum Beispiel als stationärer Stromspeicher für Solarstrom – könnte der Bedarf an Rohstoffen deutlich früher durch Recycling gedeckt werden.“ Hierbei ist allerdings einzuwenden, dass Second-Life-Anwendungen sowohl die Kosten- als auch die Umweltbilanz von Batterien deutlich verbessern. Es erscheint fraglich, ob ein frühzeitiges Recycling in dieser Hinsicht wirklich sinnvoll ist, wie auch die Studienautoren in der Originalpublikation bei ScienceDirect anmerken.

Das Forscherteam setzte für seine Studie eine sogenannte dynamische Materialflussanalyse ein, um den künftigen Bedarf und die dann vorhandenen recyclingfähigen Rohstoffe zu berechnen. Als Datenbasis nutzte das Team die Daten aus aktuellen Forschungsarbeiten und Marktprognosen zu den Entwicklungen von Batterieproduktion und -verkauf und dem damit verbundenen Rohstoffbedarf.

Quelle: Universität Münster – Pressemitteilung vom 08.12.2023

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Gastschreiber:

Vor diesem Hintergrund müsste doch das Konzept einer Einheitszelle, wie VW sie für den Konzern plant, ein guter Weg sein. Die Strategie von Tesla mit permanent wechselnden und oft eingegossenen Rundzellen, machen auch andere aber nicht in der Stückzahl, der weniger gute Weg sein.

Daniel W.:

Das Wichtigste kommt erst gegen Ende des Artikels.

—–
Hierbei ist allerdings einzuwenden, dass Second-Life-Anwendungen sowohl die Kosten- als auch die Umweltbilanz von Batterien deutlich verbessern. Es erscheint fraglich, ob ein frühzeitiges Recycling in dieser Hinsicht wirklich sinnvoll ist, wie auch die Studienautoren in der Originalpublikation bei ScienceDirect anmerken.
—–

Das Battere-Recycling sollte erst ganz zum Schluß kommen, wenn sich die Zellen nicht mehr als Speicher für Strom eignen. Im E-Auto dürften die Akku etwa 10 Jahre halten, dannach ca. 10 Jahre im Second Life, zusammen also rund 20 Jahre bis zum Recycling, so dass großen Menge wohl erst ab 2050 anfallen.

Das was bis 2050 als „nicht mehr anderweitig verwendbar“ anfällt, das dürfte für zunehmende Zahl der Versuchsanlagen und deren Vergrößerung reichen. Erst danach dürfte es sich, nach meiner Einschätzung, für große Konzerne rechnen ins Recyclinggeschäft mit alten Akkus einzusteigen. Allerdings müssten sich Akku-Hersteller und deren Kunden, vor allem die Autohersteller, auf Standard einigen, damit die Zellen einfach zu entnehmen und zu sortieren sind.

Neuere Entwicklungen dürften die kritischen Stoffe in den Akkus weiter reduzieren bzw. ersetzen, z.B. Kobalt, siehe

—–
Prototyp mit neuer Zellchemie
Löst diese kobaltfreie Batterie einige dringende Probleme?

Mit der neuen Kombination ließ sich die ohne Kobalt eigentlich sinkende Speicherkapazität mehr als kompensieren. Theoretisch könnten die neuen Batterien bei gleicher Masse sogar rund 60 Prozent mehr Strom speichern als derzeit übliche Lithium-Ionen-Batterien. Zudem lieferten sie eine höhere Zellspannung von 4,4 Volt im Vergleich zu 3,2 bis 3,7 Volt bisheriger Varianten.
(Quelle: ingenieur.de/technik/fachbereiche/chemie/forschende-entwickeln-kobaltfreie-batterie-mit-guter-leistung/ 02.11.2023)
—–

Für mich sind bedarfsgerechte Akku-Ausstattungen von Fahrzeugen der Weg, um mit den Resourcen umweltschonender umzugehen bzw. diese einzusparen.

Was an Rohstoffen nicht in Akkus verwendet wird, das muss nicht abgebaut, transportiert, verarbeitet und später recycled werden.

alchemist:

Die Wirtschaftschemiker aus Münster und ihre Co-Autoren aus Industrie und anderen Forschungsinstituten sind auch nicht im Besitz einer Glaskugel. Ihre Studie (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S092134492300352X) stützt sich im Hinblick auf das Verhältnis der genutzten Kathodenmaterialien NMC/LFP auf eine Arbeit aus 2020 und im selben Kapitel dieser Studie wird der Markteinstieg für LFP in Europa für 2025 erwartet (das scheint sich aus dem Kontext heraus auf EVs, nicht die Batterieherstellung zu beziehen). In diesem Licht ist die Simulation von Li, insbesondere von Ni und Co über drei Dekaden eher mit Vorsicht zu betrachten.

Mich wunderte bei der Lektüre übrigens, dass die Autoren im Zusammenhang von LFP die Nutzung und Wiederverwertung von Phosphat nicht zumindest diskutieren, da Phosphate als knappe Ressource gelten. Das könnte sich allerdings in Zukunft entspannen, wenn man bereit ist, Norwegens Natur im Süd-Westen des Landes zu verschandeln. Zumindest laut einer Meldung von EURACTIV aus diesem Sommer (https://www.euractiv.com/section/energy-environment/news/great-news-eu-hails-discovery-of-massive-phosphate-rock-deposit-in-norway/?_ga=2.45730340.1241734413.1688388750-151657735.1598885243).

Gastschreiber:

Woher kommt die Aussage, dass kaum noch Kobald verwendet / benötigt wird?
Bitte gerne belegen.

Fred:

[Edit: Kommentar gelöscht. Kritik gerne, aber bitte auch mit der Realität entsprechenden Fakten und ohne Beleidigungen, danke / Die Redaktion]

Ähnliche Artikel

Cover Image for Diese 7 E-Autos interessieren derzeit besonders

Diese 7 E-Autos interessieren derzeit besonders

Daniel Krenzer  —  

Welche Elektroautos interessieren die Nutzer der EV Database eigentlich am meisten? Die jüngsten Aufrufzahlen zeigen, was das „beliebteste“ E-Auto ist.

Cover Image for Neue Version des Opel Frontera mit 100 km mehr Reichweite jetzt verfügbar

Neue Version des Opel Frontera mit 100 km mehr Reichweite jetzt verfügbar

Michael Neißendorfer  —  

Im Frühjahr feierte der Opel Frontera seine Händlerpremiere in Deutschland, jetzt gibt es eine neue Modellvariante des E-Autos mit höherer Reichweite.

Cover Image for Citroën preist neuen C5 Aircross Electric bei 42.590 Euro ein

Citroën preist neuen C5 Aircross Electric bei 42.590 Euro ein

Michael Neißendorfer  —  

Der neue C5 Aircross wurde von Grund auf neu entwickelt und basiert erstmals auf der STLA-Medium-Plattform von Konzernmutter Stellantis.

Cover Image for MG Cyber X könnte schon 2027 auf die Straße kommen

MG Cyber X könnte schon 2027 auf die Straße kommen

Sebastian Henßler  —  

Der kantige MG Cyber X soll ab 2027 als emotionales Familienauto auf britische Straßen kommen – mit pop-up-Scheinwerfern und starker Designsprache.

Cover Image for Uber investiert 300 Millionen Dollar in Robotaxi-Projekt mit Lucid

Uber investiert 300 Millionen Dollar in Robotaxi-Projekt mit Lucid

Michael Neißendorfer  —  

Mindestens 20.000 hochautomatisierte E-Autos von Lucid will Uber auf die Straße bringen, in Dutzenden Märkten weltweit.

Cover Image for Subaru bringt drei neue Elektroautos nach Europa

Subaru bringt drei neue Elektroautos nach Europa

Sebastian Henßler  —  

Subaru stellt Solterra, Uncharted und E-Outback für Europa vor – drei neue Elektroautos mit Allradantrieb, großer Reichweite und flexiblen Ladeoptionen.