Die Europäische Union (EU) plant eine Untersuchung der chinesischen Elektroauto-Exporte. Die deutsche Automobilindustrie sieht das kritisch: Autobauer BMW hat nun nach bereits mehreren kritischen Stimmen ebenfalls Bedenken geäußert, wonach mit Gegenmaßnahmen zu rechnen sein und der Absatz begrenzt werden könnte. Eine berechtigte Angst?
Die EU-Kommission plant die Einleitung einer Wettbewerbsuntersuchung, die sich mit der staatlichen Unterstützung für chinesische Elektroautohersteller befasst. Eine solche Untersuchung könnte möglicherweise zu Strafzöllen für importierte Autos führen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe laut Focus online während einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg gesagt, dass “der Preis dieser Autos durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt wird, was unseren Markt verzerrt”. Die Weltmärkte würden mit kostengünstigeren chinesischen Elektroautos überflutet.
Erst die IAA verdeutlichte jüngst, wie stark die Autoindustrie von der Elektromobilität und somit von China abhängig ist. Gut ein Drittel der deutschen Autos wird in China verkauft, bei manchen Herstellern sind es sogar etwa 40 Prozent, dazu stammen viele Rohstoffe und Bauteile aus China, darunter die wertvollen Batterien. Die deutsche Autobranche ist nicht zuletzt deshalb bei Themen wie potenziellen Strafzöllen für chinesische Elektroautos zurückhaltend.
Dies liegt zum Teil daran, dass die deutschen Autohersteller erhebliche Investitionen in China getätigt haben und von den Rohstoffen des Landes sowie der politischen Unterstützung vor Ort abhängig sind. Die deutschen Autohersteller haben den Zugang zum riesigen chinesischen Absatzmarkt erlangt, indem sie sich gezwungen sahen, Joint Ventures mit einheimischen Unternehmen einzugehen, bei denen sie nicht nur Gewinne abführen, sondern auch Know-how teilen mussten. Chinas eigene Stärke bei der Batterietechnologie kombinieren sie nun mit diesem erworbenen Wissen, um den Weltmarkt zu erobern.
“Aktionen lösen immer Gegenreaktionen aus”
Experten warnen vor möglichen Strafmaßnahmen der EU, die zu Gegenmaßnahmen Chinas führen könnten. Insbesondere die deutsche Autoindustrie ist gefährdet, da sie 30 bis 40 Prozent ihrer Autos in China verkauft und daher wahrscheinlich das Hauptziel solcher Gegenmaßnahmen wäre. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research, hat laut Focus online betont, dass ein Bruch mit China die deutsche Autoindustrie erheblich schädigen würde. Dies liegt daran, dass diese Hersteller viele hochpreisige Fahrzeuge im Wert von über 100.000 Euro nach China importieren, wie den 7er-BMW, Rolls-Royce oder Maybach. Selbst bei günstigeren Modellen wie dem 5er-BMW werden die Top-Modelle nicht immer in China gefertigt. Porsche hat überhaupt keine Produktion vor Ort, weshalb eine chinesische Gegenantwort für die Zuffenhausener besonders einschneidend wäre.
Im Segment der günstigen Elektroautos könnten die Käufer außerhalb Chinas ebenfalls die Leidtragenden sein. Zum Beispiel wird der Dacia Spring, das derzeit billigste Elektroauto in Deutschland, ausschließlich in China produziert. Mit anderen Worten: Maßnahmen der EU könnten dazu führen, dass die ohnehin begrenzte Anzahl erschwinglicher E-Autos noch weiter schrumpft. Autohersteller aus Frankreich oder Italien hätten weniger Probleme mit einem möglichen Handelsstreit, meinen Experten, da sie wesentlich weniger Autos in China produzieren und verkaufen.
Man sollte auch bedenken: Mögliche Gegenmaßnahmen Chinas könnten nicht zwangsläufig nur die Autoindustrie betreffen, sondern auch andere Bereiche wie etwa den Maschinenbau in Bedrängnis bringen. Am Ende, und da sind sich so ziemlich alle sicher, könnten alle Seiten zu Verlierern werden. Und das helfe schließlich keinem. Sinnbildlich für die deutsche Autoindustrie stehend, hat vor allem BMW jüngst Bedenken gegenüber möglicher Zölle auf chinesische Elektroautos geäußert, wie die Automobilwoche berichtet. Finanzchef Walter Mertl habe erklärt, er sei kein Befürworter von Strafzöllen und wies darauf hin, dass historisch gesehen Aktionen immer Gegenreaktionen auslösen. BMW könnte von EU-Strafzöllen für Elektroautos aus chinesischer Produktion betroffen sein, insbesondere bei Modellen wie dem SUV iX3 und dem Elektro-Mini.
Tesla wäre am stärksten betroffen
Ein weiteres Problem, auf das Mertl laut Automobilwoche hinweist, seien die möglichen Nachteile für den neuen Elektro-Mini, der zunächst in China hergestellt und von dort aus in die Welt exportiert wird. Dieses Fahrzeug könnte bereits im nächsten Jahr aufgrund der französischen Bonusregeln benachteiligt sein, da es aufgrund der in China vorherrschenden kohlelastigen Energieerzeugung wahrscheinlich nicht die Kriterien für klimafreundliche Produktion erfüllt. Frankreich will ab 2024 Elektroauto-Kaufprämien insbesondere an eine umweltfreundliche Produktion koppeln. Auch blickt Mertl auf die drohenden Importzölle zwischen der EU und Großbritannien ab Januar 2024, wenn keine politischen Maßnahmen ergriffen werden. Er warnte davor, dass dies zu einer Preiserhöhung führen würde, da zehn Prozent Importzoll für Elektroautos in beide Richtungen erhoben werden könnten. Dies würde dazu führen, dass Nicht-Europäer auf dem Markt stärker vertreten sein werden.
Auch andere Hersteller wären von möglichen Zöllen betroffen, darunter Tesla, da die in China hergestellten Tesla-Modelle für die weltweiten Märkte von großer Bedeutung sind. Das Unternehmen exportiert die meisten seiner Fahrzeuge von China nach Europa. Laut dem Handelsblatt, das sich auf Daten von Schmidt Automotive Research bezieht, verschifft die US-Marke jährlich etwa 190.000 Elektroautos nach Europa. Obwohl die offiziellen Untersuchungen voraussichtlich noch Monate dauern, deuten Berichte darauf hin, dass sich bereits jetzt ein mögliches Ergebnis abzeichnet: Insidern der EU-Kommission zufolge strebe man einen höheren Zollsatz an, der jedoch voraussichtlich “deutlich unterhalb von 20 Prozent” liegen wird, heißt es beim Münchner Merkur. Eine mögliche neue Zielmarke könnte bei 15 Prozent liegen, was dem Zollsatz entspricht, den China seinerseits für den Import ausländischer Fahrzeuge verlangt.
Quellen: Automobilwoche – BMW-Finanzchef sieht Strafzölle kritisch / Focus Online – Experte: Es droht ein Wirtschaftskrieg mit China / Merkur.de – BYD fürchtet EU-Strafzölle nicht – am meisten betroffen wäre nämlich ein anderer Autobauer