Der Technologiekonzern ABB gehört bei Wallboxen und Schnellladestationen für Elektroautos zu den Weltmarktführern. Frank Mühlon, der bei dem Unternehmen die weltweiten Geschäfte bei der Ladeinfrastruktur verantwortet, sprach in einem Interview mit der Autogazette über das Engagement von ABB in der Formel E, den Ausbau des Ladenetzes und darüber, was die Autohersteller bei Elektroautos besser machen könnten.
„Wir sind in die Formel E eingestiegen, weil wir uns der Elektromobilität sehr verbunden fühlen“, sagt Mühlon zu Beginn des Gesprächs. Es sei bei der Formel E gut zu beobachten, dass „Elektromobilität für Emotionen sorgt“. Auch bei den Mitarbeitern von ABB habe sich dadurch eine kleine Veränderung ergeben: „Wir stellen fest, dass wir bei der der ABB immer mehr Mitarbeiter für das Thema begeistern.“
Mühlon spricht sich in dem Interview dafür aus, den Energiemix möglichst schnell möglichst nachhaltig zu gestalten, nur dann sei der CO2-Ausstoß von Elektroautos deutlich niedriger als von Verbrennern und die Maßnahme der EU, CO2-Limits von Fahrzeugen immer niedriger zu setzen, wirklich wirksam: „Wir brauchen die Fahrzeuge, die Infrastruktur, eine Stabilisierung der Grids und ich brauche erneuerbare Energien als Basis.“
Bei den Stromnetzen sieht Mühlon, wie etliche andere Energieexperten auch, kein Problem damit, dass es immer mehr Elektroautos gibt: Sollten in Deutschland „zu 100 Prozent Elektrofahrzeuge unterwegs sein, bräuchten wir nur zehn Prozent mehr Energie als wir jetzt haben“. Das sei problemlos zu schaffen. Etwas anderes sei für die flächendeckende Einführung von Elektroautos dringlicher: das gesteuerte Laden, um Lastspitzen zu vermeiden. „Wenn jeder sein E-Auto zeitgleich lädt, haben wir ein Problem, aber da sind wir beim intelligenten Laden – und mit dem kann man das Problem in den Griff bekommen“, so der Manager.
In Sachen öffentlicher Ladeinfrastruktur sei es „schwer, ein Geschäftsmodell zu entwickeln“, findet Mühlon. Bei „Schnellladestationen mit einem geringen Nutzungsgrad“, die nur von wenigen Fahrzeugen angefahren werden, dauere die Amortisation sehr lange. Von daher sei es „gut, was Ionity gerade im High-Power Bereich macht“. Das Unternehmen baut europaweit entlang der wichtigsten Autobahnen an gut 400 attraktiven Standorten Schnellladestationen mit bis zu 350 kW Ladeleistung auf. Fahrzeuge, die dieses Potenzial nutzen können (der Porsche Taycan wird das erste Auto sein, welches dies auch kann), laden an so einer Station innerhalb von zehn bis 15 Minuten ausreichend Strom für die nächsten gut 300 bis 400 Kilometer.
„Es gibt keinen Weg zurück mehr“
Damit eine Infrastruktur entsteht, die den künftigen Anforderungen des Marktes genügen kann, seien „alle Parteien von der Politik über die Hersteller bis hin zu den Energieversorgern gefragt. Nur durch eine konzertierte Aktion kommen wir voran“, sagt Mühlon. Es sei nicht sinnvoll, „dass ein einziger Hersteller, siehe Tesla, seine eigene Ladeinfrastruktur aufbaut.“ Für Tesla als Pionier war das zwar „nötig, aber in der Breite ist das nicht skalierbar.“ Das Betreiben von Ladestationen sei „ein Geschäftsmodell – und es muss sich Tragen. Nur damit kommt man zu einem Hochlauf.“
Von den Autoherstellern zeigt sich Mühlon etwas enttäuscht, „die Modelle bleiben noch deutlich hinter den Erwartungen zurück“, sagte er der Autogazette. „Dass es keinen Weg mehr zurück gibt, kein Weg mehr an der Elektromobilität vorbeiführt, das ist noch nicht in allen Köpfen angekommen“, findet er. Die Ankündigungen von Volkswagen etwa fand er „recht vollmundig, doch das erste Modell kommt nun erst Mitte 2020. Da klemmt es noch an ein paar Stellen.“
Quelle: Autogazette – „Nur durch konzertierte Aktion kommen wir voran“