Eine Studie der Stanford-Universität kommt zu dem Schluss, dass ab Ende der Dekade das nächtliche Laden der Elektroautos das Stromnetz immens belastet. Zur Stabilisierung sind die Vehicle-to-Grid-Technologie und ein verändertes Ladeverhalten nötig.
Als vor wenigen Wochen das Kälte-Armageddon die USA und Kanada ĂĽberrollt hat, waren einige Menschen von der AuĂźenwelt abgeschnitten. Wenn dann noch der Strom ausfällt, ist die Apokalypse komplett. Nicht wenn man einen Ford F150 Lightning sein Eigen nennt. „44 Stunden ohne Strom! Dieses Baby hat uns gerettet“, schrieb ein Mann aus Ottawa auf der Plattform „Reddit“. Was war geschehen? Als der Schnee-Blizzard die Leitungen kappte, nutzt der Kanadier einfach die Batterie seines E-Pickup, um sein Heim mit Strom zu versorgen. Ausgehend von der Steckdose des Fahrzeugs legte er Leitungen in sein Haus, um das Licht, das WLAN, mehrere KĂĽhlschränke und den Fernseher mit Strom zu versorgen. Als der Spuk nach 44 Stunden vorbei war, hatten die Energiespeicher des Fords immer noch 65 Prozent ihrer Kapazität.
Vehicle-to-…: Die Lösung aller Probleme?
Die Vehicle-to-Load (Vehikel zu Last) bei der ein Elektrofahrzeug per Steckdose als Stromversorger für Haushaltsgeräte dient, ist der einfachste Teil des bidirektionalen Ladens (V2X, Vehikel zu allem), das es in Zukunft in jedem Elektroauto geben wird. Die anderen beiden Disziplinen sind Vehicle-to-Home (V2H, also für ein ganzes Haus) und vor allem Vehicle-to-Grid (V2G, vom Fahrzeug zum Netz). Der Umstand, dass ein Auto Teil des intelligenten Stromnetzes wird, ist die Königsdisziplin und wesentlicher Bestandteil der Elektromobilität.
Sobald das Auto V2G-fähig ist, kann man dann laden, wenn der Strom gĂĽnstig ist und seine Batterie zur VerfĂĽgung stellen, um mit Strom Geld zu verdienen oder das Stromnetz zu stabilisieren, falls nötig. Fast jeder Automobilhersteller tĂĽftelt am bidirektionalen Laden. Hyundai hat beim Ioniq 5 bereits V2L installiert, bald soll V2G folgen – vermutlich beim Ionig 6. Renault und Allianzpartner Nissan sind mit Testflotten von V2G-Fahrzeugen unterwegs. Die Franzosen simulieren schon seit einiger Zeit auf der portugiesischen Insel Porto Santo ein intelligentes Stromnetz mit allem drum und dran – unter anderem V2G.
Dass diese Vision in ein paar Jahren Realität wird, muss bei der Soft- und Hardware noch einiges passieren. Aktuell entwickelt Renault gemeinsam mit dem französischen Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien (CEA) ein V2G-fähiges bidirektionales 22-kW-Ladegerät, dass die Energieverluste beim Laden um 30 Prozent reduzieren und gleichzeitig die Haltbarkeit der Batterie verbessern soll. Dabei geht es um die Ur-Besorgnis der Elektromobilisten – nämlich das Altern der Batterie beim wiederholten Be- und Entladen. Auch um dieses Phänomen kümmern sich die Techniker.
Hält das amerikanische Stromnetz das Wachstum der E-Mobilität aus?
Klingt alles ganz wunderbar. Aber die bis zum Ende der Dekade rasch wachsende Anzahl der Elektroautos verlangen den Stromnetzen auch einiges ab. Die renommierte Stanford-Universität aus dem Elektromobilitäts-Kernland Kalifornien hat sich mit der Zukunft des Ladens der Elektromobilität beschäftigt. Demnach müssen sich die E-Mobilfahrer vom abends einstöpseln und morgens vollgeladen losfahren, verabschieden, da das Nachtladen das Stromnetz extrem stresst. Bis zur Mitte der nächsten Dekade wird der Energiehunger beim nächtlichen Stromtanken im Westen der USA um 25 Prozent steigen. Das lokale Stromnetz könnte dann instabil werden, wenn ein Drittel der Haushalte in einer Gegend E-Fahrzeuge besitzt und die meisten Besitzer weiterhin ab 23 Uhr Laden, weil dann die Strompreise besonders günstig sind.
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass im Westen der USA weniger Stromerzeugungskapazitäten und -speicher benötigt und weniger Solar- und Windenergie verschwendet wird, wenn weniger zu Hause und mehr tagsĂĽber aufgeladen wird“, so Siobhan Powell, eine der Hauptautorinnen der Studie – wie wir einer Mitteilung der Universität Stanford entnehmen konnten. Sobald 50 Prozent elektrifiziert sind, sind mehr als 5,4 Gigawatt an Energiespeichern nötig, falls man beim Laden an den bisherigen Gewohnheiten festhält. Das entspricht der Kapazität von fĂĽnf groĂźen Atomreaktoren. Lädt man am Arbeitsplatz statt zu Hause, sinkt der Speicherbedarf auf 4,2 Gigawatt. „Wir ermutigen die Entscheidungsträger, Tarife zu installieren, die das Aufladen während des Tages fördern und Anreize fĂĽr Investitionen in die Ladeinfrastruktur schaffen, damit die Besitzer ihr Auto während der Arbeit laden“, verdeutlicht der Co-Autor der Studie, Ram Rajagopal.
Die Studie geht davon aus, dass Kalifornien am späten Vormittag und frühen Vormittag aufgrund der Sonnenenergie einen Überschuss an Strom hat, der verpufft oder in teure Speicher geleitet wird und es effizienter wäre, ihn zum Laden zu nutzen. Inwieweit das auf Mitteleuropa zutrifft, wo das Klima und die Wohneigentumsstruktur anders sind, wird sich zeigen. Allerdings könnte dieses Phänomen auch beim forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien auftreten. So oder so wird Vehicle-to-Grid unabdingbar sein, um das Stromnetz zu stabilisieren.
Ziemlich reiĂźerische Ăśberschrift. Aktuell leidet das amerikanische Stromnetz sicher unter vielem, aber eben nicht unter den vergleichsweise wenigen BEV.
Eine Studie, die zu dem Schluss kommt, dass bei deutlich erhöhten Zahlen gleichzeitig ladender Fahrzeuge am Ende dieser Dekade Probleme entstehen, ist nicht wirklich aussagekräftig.
Momentan laden die BEV-Besitzer ab 23 Uhr, weil dann ein Überangebot herrscht, das die Preise drückt. Aber wer glaubt denn ernsthaft, dass alle anderen Rahmenbedingungen fix bleiben, und sich nur die Zahl der BEV massiv ändert?
Wenn zukĂĽnftig ganz andere Zahlen an BEV’s vorliegen, werden sich natĂĽrlich die Verhältnisse ändern.
Eine höhere Nachfrage führt direkt zu höheren Preisen. Allein dies kann schon zu einer zeitlichen Entzerrung führen. Und, oh Wunder, sind moderne Wallboxen durchaus in der Lage, Zeitfenster und Ladestromlimits zu berücksichtigen.
In manchen Bundesstaaten gibt es jetzt schon Zeiten mit absurd hohen Stromtarifen. Da schraubt sich dann vielleicht doch der ein oder andere dieses neumodische Zeugs, das Strom aus Sonnenlicht erzeugen soll, aufs Dach. Bis zum Ende de Dekade werden Speicherlösungen dann z.B. durch Natriumbatterien deutlich günstiger sein.
Ja, V2G kann auch helfen. Aber das wird dann sicher eher das Sahnehäubchen sein. In Deutschland wird bei vollständiger Elektrifizierung des Verkehrssektors mit einem Strommehrbedarf von 25%, was dem derzeitigen Haushaltsstromanteil entspricht, gerechnet. Das wird in Amerika sicher nicht höher liegen. (Die fahren zwar mehr und dickere Autos, dafür liegen die Haushaltsverbräuche deutlich über deutschem Standard) Dazu kommt: Dies passiert ja nicht über Nacht, sondern erstreckt sich über mehr als eine Dekade.
BEV als Bedrohung für Stromnetze zu projizieren, ist daher rational nicht zu begründen. Mit V2G-Fähigkeit sind BEV sogar aktiv entlastend. Und ja, an der Strominfrastruktur muss und wird deutlich was verändert werden, sowohl in den USA als auch bei uns.
Was wird z.B. wenn nun alle ihre Gasheizungen auf Wärmepumpe umstellen? Dann haben wir ein Problem, weil dann in einer Kälteperiode alle gleichzeitig ordentlich Leistung benötigen, die in Summe deutlich ĂĽber dem Strombedarf fĂĽrs Auto liegt. (Auto: Knapp 40 Kilometer Durchschnittsfahrleistung mit 20 kWh/100 km ergibt 8 kWh Tagesbedarf. Haus: 150 qm, durchschnittliche Heizlast 8 kW, mit Wärmepumpe und (aufgerundeter) Arbeitszahl 2 (bei <-10°C ist die Wärmepumpe fernab der Katalogwerte) ergibt 4×24= 96 kWh Tagesbedarf.
Jetzt aber immer schön weiter den Blackoutteufel an die Elektroautowand malen…
FĂĽr die BĂĽrger dĂĽrfte das Egoismusprinzip am Besten sein – ein Beispiel:
Nach massivem Ausbau von PV- und Windkraftanlagen gibt es den ĂĽberschĂĽssigen Ă–kostrom fĂĽr 10 Cent/kWh, Normalpreis ist 25 Cent/kWh und bei Stromknappheit kostet es 50 Cent/kWh.
E-Autos werden dann geladen, wenn der Ökostrom reichlich vorhanden ist, also tagsüber beim Arbeitgeber auf dem mit PV-Anlagen überdachten Firmenparkplatz oder zuhause neben dem E-Auto auch der Hausspeicher, wenn nachts der Wind kräftig bläst, es aber kaum Abnehmer für den Ökostromüberschuss gibt.
Mit den 50 Cent/kWh in Ökostrommangelzeiten kann ein Gewinn erzielt werden, mit dem die Kosten der Speicherung des Ökostromüberschusses in Batterien oder in Form von H2 bezahlt wird. Dabei können dann Kommunen, Firmen oder Bürger Strom aus ihren Speichern für 25 Cent/kWh abgeben.
Die Preise von 10, 25 und 50 Cent/kWh sind nur Beispiele. Dabei kann der Gesetzgeber für die Bürger einfache Regeln und einen Mehrtarifzähler einführen, damit es keine Bürokratiemonster gibt und sich die Kosten für Speichertausch in E-Auto und Haus rechnen, wenn sie nach einiger Zeit ersetzt werden müssen.
http://www.ecotopia.jimdo.com auf Ithaka ist autark bei Wasser und Strom und will das auch bei der Mobilität werden.Sobald die Bididirektionalitat Standard wird und die Bürokratie es zulässt. Wir bieten jetzt auch Platz für tiny houses.1qm/1Euro/Monat. Mindestens 200 qm.