Hyundais Deutschlandchef Jürgen Keller sprach mit der Autogazette über den Wandel zur Elektromobilität, die immer schärferen CO2-Vorgaben der EU, die Zukunft des Wasserstoffantriebs und wie der Hersteller auf die Coronakrise reagiert.
„Wir verfolgen und bewerten sehr aufmerksam die dynamische Entwicklung dieser außergewöhnlichen Situation“, sagt Keller über die Coronakrise. Dem Hersteller sei es besonders wichtig, auf „die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter, Geschäftspartner und ihrer Angestellten“ Rücksicht zu nehmen: „In diesen Tagen heißt es, mit großer Besonnenheit zu handeln und sich gegenseitig zu helfen.“
Konkrete Maßnahmen, um die finanziellen Auswirkungen möglichst stark zu dämpfen, „sind unter anderem die Verlängerung unterschiedlicher Fristen und zinsfreier Räume. Zum Beispiel gibt es einen Tilgungsaufschub für noch nicht abgelöste Fahrzeuge im Händlerlagerbestand“. Außerdem zahle Hyundai „einzelne Prämien für Verkäufe an Privat- oder Gewerbekunden nicht mehr monatlich, sondern wöchentlich“ aus. Auch die Regelungen für die Haltung von Lager- und Vorführwagen werden gelockert, um Händler in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen.
Gleichzeitig muss Hyundai trotz aller Schwierigkeiten darauf achten, den EU-weiten Grenzwert der Neuwagenflotte von durchschnittlich 95 g/km CO2 zu erreichen. Dieser sei „sehr ambitioniert“ und stelle „auch für Hyundai eine Herausforderung dar“. Die Südkoreaner fühlen sich darauf allerdings aufgrund ihres „breiten Angebots an alternativen Antrieben gut vorbereitet“. Es sei „ein anspruchsvolles Ziel“, doch Hyundai sei „zuversichtlich, es zu erreichen“.
Um die künftig nochmals strengeren Grenzwerte für das Jahr 2030 einhalten zu können, müsse „jeder Autobauer im Hinblick auf sein Portfolio umdenken“. Hyundai habe dies „bereits sehr früh getan“, wie der Blick auf die Antriebspalette zeigt: Der Hersteller hat als einziger Hersteller weltweit Hybride, Plug-in-Hybride, Elektroautos und Wasserstoffautos im Programm.
„Die neuen Technologien bedeuten für den Kunden eine große Umstellung“
„Für die Erreichung der CO2-Ziele ist es aber wichtig, dass die Kunden an die neuen Antriebe herangeführt werden“, sagt Keller. „Die neuen Technologien bedeuten für den Kunden eine große Umstellung, sie müssen sich mit Antrieben auseinandersetzen, mit denen sie bisher nichts zu tun hatten.“ Bis Ende des Jahres will der Hersteller bereits 75 Prozent seiner Modelle elektrifiziert haben. Welche reinen Elektroautos demnächst erscheinen, wollte Keller jedoch nicht verraten. Immerhin hat Hyundai mit der Kombilimousine Ioniq und dem City-SUV Kona bereits zwei Batterie-Autos im Programm, mehr als so manch anderer Autohersteller. „Doch eines kann ich sagen, dass wir auf Basis der neuen Elektroplattform – auf der die Konzeptstudien Hyundai 45 und Prophecy basieren – in den nächsten Jahren E-Fahrzeuge auf den Markt bringen werden“, so Hyundais Deutschlandchef.
„Sehr wichtig“ für Hyundais Elektroauto-Strategie in Europa sei der Start der Serienproduktion des Kona Elektro im Werk in Tschechien: „Mit diesem Schritt haben wir die Produktionskapazitäten verdreifacht“, auf allein 30.000 Einheiten pro Jahr in Tschechien, wie Keller erklärt. „Damit können wir dem Kunden deutlich kürzere Lieferzeiten von drei bis vier Monaten anbieten“, zuvor mussten Käufer auch mal ein ganzes Jahr auf ihr Fahrzeug warten.
Die Coronakrise mit der Schließung des tschechischen Werks für zwei Wochen habe „vorerst“ noch keine gravierenden Auswirkungen auf die Lieferzeiten, „da bereits Hunderte Autos für den deutschen Markt vorproduziert wurden“. Den „weiteren Werdegang“ müsse man jetzt abwarten. Das Thema ist durchaus knifflig, schließlich sei der Kona für Hyundai „das wichtigste Fahrzeug, um die CO2-Grenzwerte zu erfüllen“.
„Natürlich“ sei auch die Brennstoffzellentechnologie, mit dem SUV Nexo in einem Serienmodell verfügbar, „nach wie vor wichtig“. Hyundai habe derzeit sogar „nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung, um die hohe Nachfrage zu erfüllen“. Keller glaube fest daran, dass die Technologie „langfristig der Antrieb der Zukunft sein wird, insbesondere bei größeren Fahrzeugen wie den Lkws“.
Quelle: Autogazette — „Neue Technologien für Kunden große Umstellung“