„Der Wandel hin zur Elektromobilität ist die größte Transformation in der Geschichte von Volkswagen“, sagt Klaus Zellmer, seit beinahe einem Jahr Vorstand für Vertrieb, Marketing und After Sales der Marke Volkswagen Pkw, in einem vom Porsche Consulting Magazin veröffentlichten Interview. Das Ziel: VW wolle „zur begehrenswertesten Marke für nachhaltige Mobilität und Marktführer bei batterieelektrischen Fahrzeugen werden“.
VW sei sich auch der gesellschaftlichen Verantwortung für den Klimaschutz bewusst, weshalb der Hersteller seine Maßnahmen forciert, um CO2-neutral zu wirtschaften. Parallel dazu vollziehe sich „seit geraumer Zeit auch bei der Mediennutzung die große Transformation“, weshalb VW auch die Kundenansprache „massiv“ digitalisiere: „Es geht darum, den Menschen an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit den richtigen Content zur Verfügung zu stellen“, auch um neue Zielgruppen zu erreichen, individuelle Angebote unterbreiten zu können und den Zugang zu individueller Mobilität zu vereinfachen.
Dabei stellt Zellmer aber auch klar, dass der Handel „weiterhin unser Gesicht zum Kunden“ sei. „Ein Autokauf ist für die allermeisten Menschen immer noch eine emotionale Erfahrung – das lässt sich nicht einfach digitalisieren“, sagt VWs Vertriebsvorstand. „Das haptische Erlebnis, das Anfassen und das Fahren spielen eine sehr große Rolle“. Um auch jene Kunden anzusprechen, die kein eigenes Auto haben, aber dennoch eines nutzen wollen, biete VW „die gesamte Palette von Kauf, Leasing, Abo, Share und Ride“ an. „So erreichen und begeistern wir viele Menschen, die heute noch keine Volkswagen-Kunden sind“, ist sich Zellmer sicher.
In Nordamerika etwa, wo Zellmer fünf Jahre lang das Porsche-Geschäft verantwortet hat, habe er „sehr positive Erfahrungen mit Abo-Modellen gesammelt“. Viele der dortigen Abo-Kunden haben demnach „zuvor noch nie ein Porsche-Autohaus betreten und haben sich hinterher ein Fahrzeug gekauft, weil wir sie im Abo vom Produkt begeistern konnten“.
In der Kundenansprache generell „ändert sich natürlich auch enorm viel“, so Zellmer weiter. Das Nutzerverhalten habe sich auch vor Corona schon deutlich verändert, „aber der Lockdown hat im Marketing wie ein digitaler Turbo gewirkt“, sagt der Manager. Früher etwa sei VW „aus dem Kundendialog ausgestiegen, wenn der Kunde sein Auto gekauft hatte“. Heute müsse und wolle VW seine Kunden „auch darüber hinaus weiter begleiten“. Um „die Customer Journey von einem linearen Kanal in einen geschlossenen Kreislauf zu verwandeln“, und „noch besser auf die persönlichen Wünsche der Kunden eingehen zu können“, bündelte VW „alle Web-Touchpoints unter einem Dach: dem OneHub“. Diesen habe der Hersteller „im Eiltempo in mehr als 100 Märkten ausgerollt“.
„Dreistellige Millionenumsätze“ mit digitalen Services
Im OneHub kommen Kunden „mit wenigen Klicks beim Konfigurieren und bestmöglichem Kundenerlebnis so jetzt schnell zu ihrem Wunschauto“. Und anders als zuvor will VW nun „auch nach dem Kauf oder Leasing mit ihnen im Austausch bleiben, um etwa die traditionellen wie auch die neuen digitalen Services anzubieten“, etwa die Freischaltung von Fahrerassistenzsystemen, welche nur für eine Urlaubsfahrt gebucht werden können. Mit seinen digitalen Zusatzdiensten über den gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge will VW „in den nächsten Jahren zusätzliche dreistellige Millionenumsätze erlösen“.
Damit dies reibungslos gelingt, soll „die Software-Integration in das Fahrzeug und das digitale Kundenerlebnis zur Kernkompetenz des Unternehmens“ werden. Vorreiter hierbei ist die rein elektrische ID-Familie, für welche VW ab Sommer 2021 „Over-the-Air-Updates im 12-Wochen-Rhythmus anbieten“ will. Diese seien „ein Riesenvorteil für Nutzer. So bleibt das Fahrzeug immer auf dem neuesten Stand und die neuesten Services können dauerhaft oder temporär hinzugebucht werden“. So wie bei Smartphones und Computern sollen nun auch bei Pkw Updates „zur neuen Normalität“ werden, erklärt Zellmer.
Damit ändere sich auch die Angebotsstruktur grundlegend: „Künftige Fahrzeuggenerationen werden mit erheblich weniger Varianten produziert“, so VWs Vertriebsvorstand, und die individuelle Konfiguration werde nicht mehr über die Hardware beim Kauf festgelegt. „Das Auto hat quasi alles bereits an Bord und der Kunde kann gewünschte Funktionen jederzeit on demand über das digitale Ökosystem im Auto hinzubuchen. Die Komplexität in der Fertigung nimmt dadurch deutlich ab“, so Zellmer.
Autonomes Fahren wird Kunden „Zeit schenken und Stress ersparen“
„All das, was sich Volkswagen für die Zukunft vorgenommen hat, wird im Jahr 2026 erstmals in einem Fahrzeug für die Kunden erlebbar“, sagt Zellmer abschließend. In dem neuen Flaggschiff Trinity fließen demnach alle Faktoren zusammen: „Das Fahrzeug wird in dreifacher Hinsicht neue Standards setzen: technologisch, beim Geschäftsmodell 2.0 und bei neuen Produktionsansätzen“. Trinity soll von Beginn an automatisiertes Fahren mit Level 2+ ermöglichen und perspektivisch Level 4. Dies werde den Kunden „Zeit schenken und Stress ersparen“.
Beginnend mit Trinity will Volkswagen ab 2026 federführend im Konzern „über die vollvernetzte Fahrzeugflotte hinweg ein neuronales Netz aufbauen“, welches mit der Zeit immer cleverer wird. Da Fahrzeuge dann „kontinuierlich Daten austauschen, etwa zur Verkehrslage, Hindernissen oder Unfällen“, werde das Autofahren deutlich sicherer, komfortabler und entspannter.
Quelle: Porsche Consulting Magazin – „Mehr Leistungen auf Knopfdruck“