Chemische Prozesse, die Otto Normalverbraucher nicht kennt. Wasserstoff, ein Gas, mit dem wir im Alltag wenig bis gar nichts zu tun haben. Strom auch noch dazu. Und Knallgas – ihm wird schon in geringen Mengen hohe Explosionsgefahr nachgesagt. Alles zusammen, in meinem Auto. Will ich das eigentlich? Gefühlsmäßig nicht unbedingt. Sind Brennstoffzellen im Auto gefährlich? Ist das nicht brandgefährlich? Wurde diese Kombination überhaupt ausreichend erprobt? Man liest so viele schlimme Dinge und fühlt sich oftmals als Versuchskaninchen. Andererseits ist der Zugang zu Verschwörungstheorien oft nur wenige Klicks weit entfernt – wen kann ich wirklich vertrauen?
Also, was ist nun: Sind Brennstoffzellen im Auto gefährlich?
Vorab: Nein, Brennstoffzellen sind nicht gefährlich. Um diesen Satz auch verständlich zu machen, finden sich hier bereits bekannte Pilot-Versuche, Anleitungen für Fachpersonal bei der Gefahrenabwendung in Kurzform und die dahinterstehenden Begründungen aus der Wissenschaft. Gute Information und Fachverständnis muss nicht immer teuer oder unzugänglich sein. Fangen wir ganz vorne an. Was eine Brennstoffzelle genau ist, woraus sie besteht und wie sie funktioniert sollte man vorab bereits wissen.
Die Vorgänge im Auto
Die erreichbare Spannung beim Betrieb einer Brennstoffzelle im Auto kann nicht höher als 1 Volt ein. Schon zum Erreichen dieses Werts ist ein Aneinanderreihen mehrere Zellen notwendig. Diese als „Stacks“ titulierten Stapel werden seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt. Damit geht vom Strom an sich einmal kein erhöhtes Risiko beim Betreib einer Brennstoffzelle aus.
Dann gibt es noch die Gefahren im Umgang mit Wasserstoff generell, also unabhängig von der jeweiligen Verwendung. Es wurden vor Jahren schon Leitfäden für die Feuerwehr und sonstiges relevantes Personal zur Gefahrenabwehr durch Explosionen erstellt. Dabei geht es vor allem um den Umgang mit diesem Gas bei bereits bestehenden Notfällen. Dort wird, wie unten näher erläutert, das Verhältnis von Wasserstoff zu Luft besonders genau dargetan. Er ist nämlich 14 Mal leichter. Von allen Gasen weist er das höchste Diffusionsvermögen auf. In der Praxis bedeutet das, seine Fähigkeit zur Ausbreitung aufgrund der Wärmebewegungen seiner Moleküle. Dabei ist seine Zündenergie sehr niedrig. Hält man sich diese Charaktereigenschaften vor das Auge, wird einem einiges klarer.
Die allgemeinen Risiken von Wasserstoff werden daher wie folgt zusammengefasst:
- Er kann sich beim Ausströmen unter gewissen Voraussetzungen entzünden. Das wären etwa elektrostatische Vorgänge. Solche sind bei einem zweckmäßigen Betrieb eines Autos allerdings nicht zu erwarten.
- Beim Austritt entsteht eine laute Geräuschentwicklung (Pfeifton)
- Der Austritt ist unsichtbar, aber sehr heiß. Das Risiko liegt darin, hineinzugreifen. Also ebenfalls ein äußerst unwahrscheinlicher Ablauf.
- Wasserstoff vermischt sich sehr schnell mit der Luft. Beim Einsatz in einer Brennstoffzelle ist das aber ein Vorteil, weil das Verhältnis von aus einer Brennstoffzelle ausströmenden Gases im Vergleich zur freien Luft sehr gering ist, siehe dazu Näheres unten.
- Spontanes Ausbreitungsvermögen nach Austritt – aufgrund seiner beinahe vollständigen Schwerelosigkeit nach oben.
Zusammenfassend bezieht sich das Gefährdungspotenzial bei Wasserstoff auf große Mengen desselben, also beim Transport und der Speicherung. Nur subsidiär befasst man sich ernsthaft mit einem eventuellen Austritt beim Betrieb eines Wasserstoff-Autos. Dort geht es um das richtige Löschen.
Sind Brennstoffzellen im Auto gefährlich? – „Aber: Was wäre, wenn…?“
Wasserstoff in Verbindung mit Sauerstoff brennt und Sauerstoff ist in der Luft – wie wirkt sich eine Beschädigung der Brennstoffzelle aus? Was passiert im Falle eines Brandes? Ein Entzünden von Wasserstoff, also die Entstehung von Knallgas, kann erst ab einem Anteil an Wasserstoff von 18 Prozent bewirkt werden. Er ist zugleich vierzehn Mal so leicht wie Sauerstoff selber. Das bedeutet, dass diese kleine Menge ganz schnell weg ist. Nur wenn er sich durch schmale Ritze verflüchtigt, kann er schon in diesem geschlossenen Raum einen hohen Bestandteil ausmachen, andernfalls wäre das Erreichen dieses Verhältnisses gar nicht möglich. So weit, so richtig. – da es sich aber um einen komplett geschlossenen, also außergewöhnlich abgedichteten Körper handeln müsste, den es so nicht gibt, würde er entweichen. Diese Gefahrenquelle kann schon ausgeschlossen werden.
Stellen wir uns vor, der Wasserstoff dringt aus seinem Behälter aus. Er würde einfach nur ganz schnell entweichen. Er vermischt sich nicht mit der Umgebungsluft in einem relevanten Ausmaß. Er würde deshalb keine 18 Prozent der Umgebungsluft ausmachen können.
Feldversuch mit brennenden Autos
Trotzdem startete ein Team von der University of Miami einen Feldversuch und setzte tatsächlich zwei Autos zur Gänze in Brand – ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle und einen Benziner. Die Treibstoffleitungen haben sie zuvor etwas gelöchert um den Effekt mit beobachten zu können. Beide Fahrzeuge brannten. Nach einer Minute befand sich das mit fossilem Treibstoff angetriebene Fahrzeug in Flammen. Es wurde vollkommen zerstört. Jedoch erstaunte der Effekt beim Wasserstoff-Auto die anwesenden Wissenschaftler nicht wenig: Der Wasserstoff verbrannte selber einfach in einer Stichflamme, die quer nach oben „schoss“ und sich dort auflöste. Das Fahrzeug dagegen blieb ziemlich unbeschadet. Der Vergleich beider Antriebsarten bei einem Brand spricht für sich.
Als klare Botschaft, selbst ohne diesem „Test“, wüsste man heute gesichert: Wasserstoff flieht aufgrund seiner ziemlichen Schwerelosigkeit nach oben. Zwar ist er ab einem bestimmten Vermischungsverhältnis eine explosive Materie – aber alle bisher bekannten Treibstoffe brennen schneller, länger und breiten sich – im Gegensatz zu ihm – noch wesentlich weiter aus. An diesem Punkt angelangt wird deutlich, dass Wasserstoff insofern zu Unrecht beschuldigt wird. Benzin und Diesel sind wesentlich gefährlicher.
Erst im Dezember 2019 befasste sich Ulf Groos vom Fraunhofer ISE in Freiburg mit den noch immer vorherrschenden Ängsten in der Bevölkerung. Er bringt die Sachlage seinerseits beschwichtigend auf den Punkt: „ Im Vergleich zu flüssigen Brennstoffen oder auch Batterien stellt das Gas keine grundsätzlich höhere Gefahr dar.“ Und fügt ergänzend hinzu, dass man heute schon mit einem Wasserstoff-Auto quer durch Deutschland fahren könnte, sofern man die einzelnen Tankstationen zuvor gut einplant.