EU-Kommissar Breton stellt Verbrenner-Aus infrage

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Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 3 min

Der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sagte eine Woche nach dem Beschluss zum EU-weiten Verbrenner-Neuzulassungsverbot ab 2035, dass er dieses Ziel zwar unterstützt – er warnt aber davor, dass die Automobilindustrie Schwierigkeiten bekommen wird, es auch zu erreichen. Die „gigantische Umstellung eines gesamten Industriesektors“ werde viele Herausforderungen mit sich bringen. Der EU-Binnenmarktkommissar wiederholt dabei viele Bedenken, die so oder so ähnlich schon seit vielen Jahren als Negativ-Argumente gegen die Elektromobilität aufgeführt werden.

Breton sagt etwa, dass europaweit gut 600.000 von aktuell 13 Millionen Arbeitsplätzen wegfallen könnten. „Wir sprechen nicht nur über die großen Automobilhersteller – die es sicherlich schaffen werden –, sondern wir sprechen über das gesamte Ökosystem“, etwa auch die Zulieferer. Ein Scheitern der Antriebswende bringe erhebliche Risiken mit sich. Sollte sich abzeichnen, dass der konsequente E-Weg ein Irrtum war, müsse die EU ihr Ausstiegsdatum „ohne Tabus“ neu definieren.

Außerdem seien für den Umstieg auf die Elektromobilität Unmengen an Rohstoffen notwendig: „Wir werden bis 2030 15-mal mehr Lithium benötigen, viermal mehr Kobalt, viermal mehr Graphit, dreimal mehr Nickel“, sagte Breton. „Wir werden also einen enormen Rohstoffverbrauch haben, und wir müssen all dies untersuchen“, sagte er. Auch beim Thema Ladeinfrastruktur sieht Breton Nachholbedarf: „Bis 2030 wollen wir 30 Millionen Elektrofahrzeuge auf Europas Straßen haben. Das heißt, wir brauchen rund sieben Millionen Ladestationen. Aber heute haben wir nur 350.000, davon 70 Prozent in nur drei Ländern – Frankreich, Deutschland und den Niederlanden.“

Viele Hersteller schon 2035 ohne Verbrenner im Portfolio

Allesamt Baustellen, die von der gesamten Automobilindustrie sowie den Energieversorgern bereits angegangen werden. Wenngleich etwas zu zaghaft, wie viele Branchenkenner anmerken. Was Breton allerdings nicht beachtet ist die Tatsache, dass etliche Autohersteller teils schon weit vor 2035 den Verkauf von Verbrennerfahrzeugen komplett einstellen wollen, darunter viele Marken des Stellantis-Konzerns wie etwa Opel (ab 2028), Fiat, Ford, Mercedes-Benz, Mini und Volvo ab 2030, VW und Audi spätestens ab 2033.

Verbrenner dürften also schon weit vor 2035 ohnehin bereits zur Minderheit bei den Neufahrzeugen gehören. Und die EU wäre schon jetzt gefordert, diese Transformation aktiv zu begleiten und zu gestalten, als wie nun in Form von Breton mahnend den Finger zu heben und eine Kehrtwende in Betracht zu ziehen.

In einer Sache allerdings darf man Breton wohl recht geben: Die Hersteller sollten auch nach dem Verkaufsverbot in der EU Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in Europa produzieren und in andere Märkte exportieren können. „Nach dem Verbrenner-Aus im Jahr 2035 muss die europäische Autoindustrie in der Lage sein, technisch hochwertige und saubere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in die Märkte in Asien, insbesondere nach China, aber auch nach Lateinamerika und Afrika zu verkaufen“, sagte Breton. „Europa ist keine Insel, die Hersteller haben allen Grund, weiter zu investieren in die Forschung und Verbesserung der bewährten Technologie des Verbrennungsmotors.“

Und hier kommen auch die viel diskutierten E-Fuels wieder ins Spiel. Denn mit diesem Treibstoff könnten auch Verbrenner klimaneutral betrieben werden – vorausgesetzt, der Kraftstoff wird ausschließlich unter Einsatz CO2-freier Energieerzeugung hergestellt. Eine weitere Baustelle, die dringend angegangen werden muss, soll die Pkw-Mobilität weltweit klimaneutral werden.

Quelle: Politico – Top EU commissioner calls for ‘no taboos’ review of 2035 car ban / Heise – Verbrenner-Ausstieg: EU-Kommissar Breton fürchtet um die Autoindustrie

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Birger:

Was wäre der nächste Schritt, wenn wir doch weltweit nur noch die E Mobilität hätten? Alle inzwischen 8 Milliarden Menschen zu Robotern umfunktionieren? Der menschliche Körper ist ein noch schlechter Verbrenner als beim PKW mit 20- 30 % Energieausbeute und stößt CO2 und Methan aus! Wie kommen wir bloß noch in Schlaf?

Volta:

Nur dass ich das richtig verstehe, wir gehen also auf die Elektromobilität ein, versuchen aber auf der anderen Seite den Verbrenner zu retten?
Das ist ein klares weiter so!
Die Frage für mich als Verbraucher ist nur, warum sollte ich den Lobbyisten einer Industrie glauben, die vor nicht so langer Zeit behauptet haben, dass ihre Motoren sauber sind??
Ja richtig dieser Breton ist für mich ein Lobbyist, ein anderes Fazit lassen die Äußerungen nicht zu.
Mit fehlt in seinen Äußerungen auch der Hinweis zu den Veränderungen der individuellen Mobilität, auch das wird sich auf die Hersteller und Zulieferer auswirken und doch kommen wir nicht drum herum. Wir müssen Emissionen reduzieren, das geht nur mit einer Verbesserung des Wirkungsgrades, nicht mit Verschwendung. E – Fuell sind keine Lösung, wäre das so, dann könnten damit auch Dampfmaschinen betreiben, obwohl deren Wirkungsgrad nahe 6% liegt.
Time to Change!!

Birger:

Tja ist mit der E Mobilität auch viel besser, wenn der Strom aus Kohle, Erdgas und nun auch noch länger mit Atomkraft betrieben wird. Damit bleibst du ganz gesund;)!

Birger:

Jep, genau! Für die saubere Stromversorgung Erdgas und Kohle zu verheizen um damit Auto zu fahren ist wirklich eine Frechheit, finde ich auch. Zum Glück wurde nun ja noch die Atomkraft verlängert um sauberen Strom zu produzieren. Was gibt es doch besseres als die saubere E Mobilität:)!

Birger:

Richtig, deswegen wird der große Teil um den so sauberen Strom zu gewinnen aus Kohle, Erdgas und Atomkraft gewonnen! Sauber, wenn der Strom dann ohne Abgase aus der Steckdose kommt.

egon_meier:

irgendein Sachbeitrag ???

floki:

Rohstoffe tagtäglich zu verbrennen als sinnvoll zu betrachten erscheint mir etwas fragwürdig.

Daniel W.:

In China werden Autos geradezu spottbillig produziert, aber die Chinesen werden kaum billige normalgroße E-Autos in der EU anbieten, wenn sie auch den mehrfachen Preis dafür verlangen können.

Was billig aus China kommt sind vor allem L6e-Fahrzeuge mit einfacher Karosserie, mit 3 oder 4 Rädern und 2 Türen ab 3.500 Euro, aber sobald die Fahrzeuge etwas größer werden, dann kosten sie schon über 10.000 bis knapp 20.000 Euro, so dass man sie auch in der EU bauen könnte – bei kleinerer Marge.

In Deutschland ist vieles hoch automatisiert, die Zulieferer liegen oft im günstigen Ausland und pro E-Auto werden nur wenige Stunden für den Zusammenbau gebraucht, so dass auch bei uns günstige E-Autos möglich wären, wenn man keine 2 Tonnen an Material und vor allem keine großen Akkus verwendet.

Microlino mit etwa 500 kg als Kleinserie für rund 15.000 Euro in der Basisversion zu haben, er wäre in Großserie mit 4 Sitzen und rund 1.000 kg für ca. 20.000 Euro auch bei uns oder zumindest in Europa möglich.

Yoyo:

Und wieder das übliche Renault-Bashing von unserem Egon…..
:-(

Johann:

Endlich sagt es mal jemand, danke Herr Breton.

Das Verbrennerverbot macht nur Sinn wenn man ökologische Kriterien verabsolutiert und so tut als gäbe es keine anderen.
Die Produktion von E-Autos ist so teuer, dass man in Deutschland nur Luxusschlitten produzieren kann, bezahlbare Autos für die Masse aber zukünftig aus China kommen werden.

Darüberhinaus wird China ab 2035 nachdem europäische Hersteller schon längst aus der Verbrennertechnologie ausgestiegen sind für den Weltmarkt billige Benziner bauen.
Mit dem Ergebnis, dass China zum Autohersteller Nummer eins wird, noch dazu hat man dort die Technologieführerschaft bei der Batterie.

Und dann redet man davon, dass man Chinas Einfluss begrenzen will, die E-Mobilität wird aber Chinas Macht deutlich vergrößern.

Geo- und wirtschaftspolitisch ist der politisch forcierte Schwenk zum E-Auto pure Selbstbeschädigung.

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