Während derzeit fast jedes neue Elektroauto weltweit mit Lithium-Ionen-Batterien ausgestattet ist, könnte sich dies bald ändern. Die Lithium-Technologie, die sowohl in Autos als auch in vielen anderen Elektronikgeräten eingesetzt wird, ist teuer. Experten prognostizieren für 2028 einen weltweiten Jahresbedarf an Lithium von 1,6 Millionen Tonnen – zehnmal so viel wie noch im Jahr 2017. Lithium ist zwar nicht per se selten, aber seine Verfügbarkeit zu günstigen Preisen könnte in Zukunft zu einem Problem werden.
Vor diesem Hintergrund suchen Auto- und Batteriehersteller seit geraumer Zeit nach Alternativen zum Lithium-Ionen-Akku. Eine dieser Alternativen könnten Natrium-Ionen-Batterien sein.
Vorteile der Natrium-Ionen-Technologie
Die Natrium-Ionen-Technologie bietet mehrere Vorteile gegenüber Lithium-Ionen-Batterien. Erstens ist Natrium, ein Alkalimetall wie Lithium, deutlich besser verfügbar und günstiger zu gewinnen. Es ist als Kochsalz in jeder Küche und im Meer vorhanden. Zweitens werden viele kritische Rohstoffe wie Kobalt, Nickel, Graphit oder Kupfer für die Natrium-Batterie gar nicht mehr oder nur noch in geringen Mengen benötigt. Dies könnte die Preise senken, strategische Lieferprobleme mindern und die soziale Akzeptanz der Batterieproduktion steigern.
Allerdings gibt es auch hier Herausforderungen. Die Energiedichte von Natrium-Ionen-Batterien ist noch um einiges geringer als die von Lithium-Ionen-Batterien. Das bedeutet, dass ein Elektroauto mit Natrium-Ionen-Batterien bei gleicher Akkugröße weniger weit kommt und schwerer ist als ein Elektroauto mit Lithium-Ionen-Batterien. Das hat Natrium-Batterien für die Autoindustrie lange Zeit unattraktiv gemacht. Experten rechneten daher vor allem mit einem Einsatz in stationären Speichern, wo auch ihre hohe Zyklenfestigkeit ein Vorteil ist – also die Zahl der über die Lebensdauer möglichen Lade- und Entladevorgänge.
Trotz der geringeren Energiedichte könnten Natrium-Ionen-Batterien in Bezug auf die Kosten einen Vorteil haben. Im Vergleich mit Lithium-Ionen-Zellen könnten sie nur noch halb so viel kosten. Der chinesische Batterie-Gigant CATL geht sogar davon aus, dass die Kosten auf 40 Prozent gesenkt werden können. Damit würde der Preis pro Kilowattstunde auf deutlich unter 100 Euro fallen. Ein typischer Kompaktwagen-Akku mit 50 kWh würde dann beispielsweise nur noch rund 3000 bis 4000 Euro kosten – statt wie aktuell knapp 8000 Euro.
In Europa wird ebenfalls an der Technologie geforscht, in China ist man aber schon einige Schritte weiter. BYD, der zweitgrößte E-Autohersteller der Welt, hat den Seagull auf den Markt gebracht – einen Kleinwagen, der in China für knapp 10.000 Euro mit einer Natrium-Ionen Batterie erhältlich ist. Hier gibt BYD 30 Kilowattstunden und 305 Kilometer Reichweite an. Wenn diese Werte stimmen, dann ist der Wagen sehr effizient. So könnte der Natrium-Ionen Batterie der Durchbruch gelingen. Gerade im Segment der günstigen Stadtautos kann die Batterie ihre Stärken ausspielen. Denn dort ist ein niedriger Preis deutlich wichtiger als eine extreme Reichweite. Doch man muss die euphorischen Meldungen aus China und die Leistungswerte der Batterien, die sehr optimistisch klingen, immer auch ein wenig kritisch betrachten, so lange keine belastbaren Tests vorliegen.
Die Natrium-Ionen-Technologie ist eine vielversprechende Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien. Sie könnte dazu beitragen, die Kosten für Elektroautos zu senken und ihre Attraktivität für eine breitere Käuferschicht zu erhöhen. Doch derzeit gibt es noch wenige reale Anwendungen. Ob sie sich durchsetzen wird, ist damit noch nicht gesetzt. Durch einen preislich attraktiven Kleinwagen wie den BYD Seagull könnte die Natrium-Ionen Batterie aus China einen wirklichen Wettbewerbsvorteil erlangen, wenn das Auto den versprochenen Werten gerecht wird.
Quelle: Automobil-Industrie – Natrium-Ionen-Akku: JAC Motors stellt erstes Auto vor / Auto Motor Sport – Chinas VW ID.1 für 10.400 EuroÂ