Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich in einem Interview mit dem Handelsblatt für einen möglichst baldigen und beherzten Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft stark gemacht: „Es geht darum, dass deutsche Anlagenbauer ihre Technologieführerschaft bei der Herstellung von Wasserstoff und den Folgeprodukten, also etwa synthetischen Kraftstoffen, halten und ausbauen können“, sagte Schulze. Ihr Ziel sei es, dass Deutschland es schafft, „so schnell wie möglich einen Markthochlauf von Wasserstoff“ zu organisieren.
Gezielte Programme sollen die Herstellung von nachhaltig erzeugtem Wasserstoff beschleunigen: „Wir schreiben ab 2021 jährlich die Produktion von 5000 Tonnen grünem Wasserstoff aus. Wer den Wasserstoff zu den niedrigsten Kosten herstellt, bekommt den Zuschlag“, sagte die Ministerin. Die ausgeschriebene Menge könne bis 2030 um jeweils 5000 Tonnen pro Jahr steigen, um einen Markthochlauf und Skaleneffekte zu erzeugen.
Mit weiteren Maßnahmen wie einer Quote für synthetische und per Ökostrom gewonnene Kraftstoffe im Flugverkehr wolle sie dieses Ziel unterstützen. Das sichere „eine garantierte Abnahme zu stabilen Preisen“, sagte Schulze. Außerdem soll die Mineralölwirtschaft, wie sie es schon länger fordert, den Einsatz von grünem Wasserstoff im Raffinerieprozess auf ihre CO2-Minderungsziele anrechnen dürfen: „Die Anrechenbarkeit von grünem Wasserstoff in Raffinerien ist nach meiner Überzeugung eine attraktive Option zur Quotenerfüllung. Das reizt die Herstellung von Anlagen und die Produktion von Wasserstoff an. Das sollten wir rasch umsetzen“, sagte Schulze dem Handelsblatt.
Wasserstoff könne „den entscheidenden Beitrag“ leisten, um die industrielle Produktion im postfossilen Zeitalter zu ermöglichen, sagte Schulze in dem Interview. Der Umweltministerin ist es besonders wichtig, dass Wasserstoff dort eingesetzt wird, „wo er am dringendsten benötigt wird“, etwa in der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie. „Die Branche hat gar keine Alternative, wenn sie klimaneutral werden will“, sagte sie. Im Luft- und im Seeverkehr sei Wasserstoff „ebenfalls der zentrale Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Ohne Wasserstoff werden wir diese Bereiche nicht CO2-frei bekommen“.
„Wir können nicht weiter nur verkünden, dass wir beim Thema Wasserstoff etwas erreichen wollen. Jetzt gilt es, die entsprechenden Schritte einzuleiten“, sagte Schulze. Projektbezogene Zuschüsse, welche die Mehrkosten von Dekarbonisierungstechnologien in Milliardenhöhe ausgleichen sollen, seien ebenfalls geplant. Dass der Staat „erst mal Geld in die Hand nehmen“ müsse, „um eine neue Industrie zu etablieren“, liege auf der Hand. Auch der Bund „sollte als zuverlässiger Abnehmer den Markthochlauf mit anschieben“, zum Beispiel gebe es „in der Bundeswehr bei der Luftwaffe oder in der Marine große Anwendungsmöglichkeiten“.
Quelle: Handelsblatt — Bundesumweltministerin Schulze will schnellen Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft