Der aktuelle Skandal um Fördermittel des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) im Wasserstoff-Sektor wirft einen Schatten auf den Politikbetrieb und beteiligte Unternehmen. Alle laufenden Wasserstoff-Förderprojekte mussten in diesem Zuge gestoppt werden. Dies sorgt nicht nur für große Verunsicherungen im Markt, es stellt auch andere Projekte der Mobilitätswende infrage.
Der Bundesverband Beratung neue Mobilität e.V. (BBNM) fordert die lückenlose Aufarbeitung der fragwürdigen Vorgänge innerhalb des Verkehrsministeriums und ruft zu einer Transparenz-Initiative in der Mobilitätswende auf, um der entstandenen Verunsicherung in der gesamten Branche entgegenzuwirken. In einer aktuellen Mitteilung macht der Verband mehrere Unsicherheitsfaktoren bei Treibstoffen aus, die für die nachhaltige Mobilität der Zukunft als Alternativen zum Batterieantrieb gehandelt werden.
Wasserstoff: Wenn Wasserstoff durch Förderungen wie die Befreiung von Strom-Netzentgelten und Taxonomiemehrfachanrechnungen bereits jetzt um hunderte Millionen subventioniert werden müsse, stelle sich die Frage, woher die Milliarden kommen sollen, falls tatsächlich viele Brennstoffzellenfahrzeuge zum Einsatz kommen, so der Verband. Die laut BBNM „absehbare Unfinanzierbarkeit“ würde zu einen Förderstopp nach bekannten Mustern führen. „Alle getätigten Investitionen in diesen Sektor gingen damit verloren“.
E-Fuels: Da synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, Wasserstoff als Vorprodukt benötigen, und zusätzlich dazu noch viele andere Produktionsschritte die Herstellung verteuerten, steckten E-Fuels in derselben Falle, so der BBNM weiter. Vermeintliche Lösungen wie 500.000 Windkrafträder in Peru oder PV-Anlagen mit der Flächengröße von Deutschland in der Sahara seien „nicht umsetzbare Hirngespinste“. Faktisch seien E-Fuels „ein Werkzeug der Desinformation im Sinne einer nicht faktenbasierten ‚Technologieoffenheit‘“.
Biokraftstoffe: Auch bei HVO100 und vielen Biokraftstoffbeimischungen würden Milliardenbeträge an Taxonomiesummen angerechnet. Mangels Rohstoffen, so der BBNM, finanzieren diese Milliarden „einen weltweiten Schmuggelring für illegal importiertes Pflanzenöl – darunter das in seiner Umweltwirkung besonders negativ zu bewertende Palmöl – und andere verbotene Rohstoffquellen“. Dieser mutmaßliche „Schmuggel-Taxonomie-Betrug“ schade Umwelt und Klima und koste den deutschen Bürger „viele Milliarden“. Zudem sei der Wasserverbrauch bei der Herstellung „gigantisch: Pro 100 Kilometer zurückgelegter Strecke werden 65 bis mehr als 900 Badewannenfüllungen davon benötigt“. Daher sei auch hier der nahende Stopp „unvermeidlich“.
„Millionen Bundesbürger haben einen Anspruch auf gesunde Innenstädte“
Hinzu komme: Sowohl E-Fuels wie auch HVO100 tragen aufgrund ihrer lokalen Emissionen nichts zum klar gesetzten Ziel der abgasfreien Städte bei und verursachen durch ihre Verbrennungsmotoren weiterhin vermeidbaren Lärm. „Millionen Bundesbürger haben einen Anspruch auf gesunde Innenstädte und können dies bald dank besserer Gesetzgebung einklagen“, so der BBNM. Kommunen und Unternehmen, die nicht frühzeitig auf abgasfreien Verkehr umstellen, würden dann die Verlierer sein.
All dies führe zur Blockade bei „allen dringend notwendigen sinnvollen Investitionen“ in der Mobilitätswende. Die derzeit bestehende Unsicherheit im Verkehrssektor hinterlasse nur Verlierer, wie der BBNM aufführt:
- Verlierer Autofahrer: Welches Auto soll er sich anschaffen?
- Verlierer Automobilindustrie: Die Absätze könnten durch die Unsicherheiten einbrechen. Auf welche Technologie soll gesetzt werden?
- Verlierer Wirtschaft und Kommunen: Notwendige Infrastrukturprojekte würden ausgebremst.
- Verlierer Bürger: Das Ziel „gesunde Innenstädte“ werde untergraben.
- Verlierer Politik: Der Glaubwürdigkeitsverlust untergrabe bereits jedes Engagement zur Mobilitätswende.
- Verlierer Klima und Umwelt: Die Mobilitätswende erfolge zu langsam.
Der BBNM stellt daher fest: „Technologieoffenheit“ dürfe kein Freibrief für Fehlsubventionen und Desinformation sein, so wie dies aktuell passiere. Lösen lasse sich dieses Problem nur durch offene Transparenz über Finanzierungswege und die Offenlegung bei den verschiedenen Verflechtungen zwischen Politik und Industrie.
Der BBNM schlägt daher eine neue unabhängige Kontrollebene mit Transparenzregister vor, aus dem hervorgehen soll, welche Mittel und Befreiungen in welche Maßnahmen fließen. Nach spätestens drei Jahren sollte dann eine Evaluation durch neutrale Gutachter erfolgen, die nachweislich nicht von einem direkten oder indirekten Nutznießer der Maßnahme abhängig sind. Die Ergebnisse sollen im Transparenzregister offenzulegen und den geplanten Effekten gegenüberzustellen sein. „Wir können es uns nicht erlauben, bei der Verkehrswende weiterhin sinnlos Zeit und Geld im Kampf gegen den Klimawandel zu verlieren“, ist sich BBNM-Vorstandsmitglied Thomas Mertens sicher.
Quelle: BBNM – Pressemitteilung vom 05.03.2024