Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat mit sofortiger Wirkung sämtliche Förderungen seines Ministeriums von Wasserstoff-Projekten eingefroren. Hintergrund ist – wie bereits von uns berichtet – die Entlassung eines Abteilungsleiters. Dieser soll laut im Raum stehenden Vorwürfen Millionenförderungen bevorzugt an befreundete Unternehmer bewilligt haben.
In einen internen Schreiben durch Staatssekretär Stefan Schnorr habe Wissing nun verfügt, dass bis auf Weiteres keinerlei Fördergelder für Wasserstoff-Projekte mehr bewilligt werden dürfen, schreibt nun Spiegel online. Auch Änderungsbescheide für bereits laufende und geförderte Wasserstoffprojekte müssten zunächst separat bewilligt werden, heißt es ferner.
Zudem widerspricht der Spiegel der Darstellung des Ministeriums, dass die interne Untersuchung aufgrund teilweise nicht vorliegenden Mailverkehrs zunächst den Abteilungsleiter entlastet hätten. Schnorr selbst habe dies mehrfach so dargestellt. Spiegel schreibt dazu: “Tatsächlich aber wurden diese bereits am 1. November nach einer Anfrage des Portals fragdenstaat.de durch das Ministerium versendet – und damit über einen Monat vor Fertigstellung eines entsprechenden Revisionsberichts.”
Gute Freunde, gute Förderungen?
Inzwischen gibt es dem Bericht nach mehrere Verdachtsfälle, bei denen der gekündigte Abteilungsleiter große Fördersummen an befreundete Unternehmen bewilligt haben soll, mit denen er unter anderem auch privat in den Urlaub gefahren sei. In einem Fall seien vom Bundesverkehrsministerium 72 Millionen Euro an eine Wasserstofffabrik in Bayern geflossen. Ob dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist, soll nun offenbar genauer untersucht werden. Viel soll offenbar zunächst auf den Prüfstand gestellt werden, ehe wieder Fördergelder in Verkehrsprojekte zu Wasserstoff fließen dürfen.
Medien wie der Spiegel, das Handelsblatt und Lobbycontrol hatten den Stein zunehmend ins Rollen gebracht und auf womöglich fragwürdige Vergabemethoden hingewiesen. Dies hat Volker Wissing offenbar zunehmend unter Druck gesetzt, sodass der Sache nun nach anfänglicher Zurückweisung doch intensiv nachgegangen wird.
Seitens der Elektromobilitätsbranche waren zuletzt kritische Stimmen auch mit Blick auf das generelle Verhältnis von Wasserstoff- und E-Mobilitätsförderung vermehrt aufgekommen. So beobachte der Bundesverband Beratung neue Mobilität e.V. (BBNM) “sehr kritisch, was an Lobbyarbeit in Sachen Wasserstoff in den Bundesbehörden vor sich geht“, schrieb der Vorstand kurz bevor die Entlassung des Abteilungsleiters bekanntgeworden war.
Batterieelektrische Elektromobilität sei aufgrund seiner Effizienz klar vor der Brennstofftechnologie zu bevorzugen – im Pkw-Bereich sowieso, aber bis auf wenige Ausnahmen gelte das laut BBNM auch im Nutzfahrzeugbereich. „Wenn wir dann aber sehen, welche Fördersummen angesichts der knappen Mittel für den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur im Verkehrssektor freigemacht werden sollen, dann müssen wir uns ernsthaft fragen, welche Interessen die Entscheidungsträger damit tatsächlich verfolgen“, führte der BBNM aus.
Quelle: Spiegel.de – “Affäre um Projektvergabe: Verkehrsministerium friert Wasserstoffförderung ein”