Wolf-Henning Scheider wechselte Anfang des Jahres von Mahle zum drittgrößten deutschen Automobilzulieferer ZF. Das erste Interview in seiner neuen Funktion gab er nun dem Handelsblatt und sprach dabei unter anderem über die Megatrends elektrisches und autonomes Fahren. Die Zulieferer sieht er dabei im Vorteil, da die Autohersteller „inzwischen ja komplette und immer anspruchsvollere Systeme wie etwa eine elektrische Hinterachse“ bestellen. „Damit steigen bei uns die Vorleistungen und die Komplexität“, so Scheider.
Auch der Trend, dass immer mehr Start-ups und Technologiefirmen in den Automobilbau einsteigen, spiele den Zulieferern in die Hände: „Bei diesen neuen Anbietern, die sich häufig auf ihre Kompetenzen Vernetzung und Mobilitätsdienste konzentrieren, sind die Anteile der Zulieferer noch mal deutlich höher“, so der ZF-Chef. Hier sei es „noch wichtiger, als Systemlieferant auf Augenhöhe anbieten zu können“. Denn nur der „Verpacker“ für eine Technologie zu sein „geht nicht“.
ZF arbeite derzeit an einigen innovativen Lösungen für die Mobilität von morgen. Etwa mit der kalifornischen Firma Nvidia „für einen Supercomputer mit Künstlicher Intelligenz, sozusagen dem Gehirn der Roboterfahrzeuge der Zukunft“. Gemeinsam mit der Intel-Tochter Mobileye entwickelt ZF neue Kamerasysteme für autonome Autos. „Und mit Ibeo aus Hamburg bringen wir ein Lidar-System auf den Markt, also Sensoren, die für autonomes Fahren wichtig sind“.
Eine Lanze brach Scheider für Plug-in-Fahrzeuge, die von vielen nur als Übergangstechnologie zum vollständig elektrischen Fahren gesehen werden: „Wir brauchen den echten Volks-Hybrid“, sagte der ZF-Chef in dem Interview. Denn wenn eine Familie nur ein Auto habe, dann könne nur ein Hybrid mit einer elektrischen Reichweite, die den Pendelverkehr abdecke, ihre künftigen Mobilitätsanforderungen abdecken – vor allem mit Blick auf drohende Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotoren in den Städten. Künftige Plug-in-Stromer sollen problemlos 100 Kilometer elektrische Reichweite schaffen.
Ein reines Elektroauto jedoch dürfte für viele „aufgrund der Kosten für große Batterien und Ladezeiten zunächst nur Zweit- oder Drittfahrzeug bleiben“, vermutet Scheider. Zumindest für jene, die es sich leisten können. Dass Hybridantriebe dominieren werden, macht der ZF-Chef auch am Blick in seine Orderbücher fest: Der zeige, „dass in wenigen Jahren die Hybridgetriebe der nächsten Generation die Hälfte aller Bestellungen ausmachen werden. Heute sind es fünf Prozent.“
Quelle: Handelsblatt – Wolf-Henning Scheider: „Wir brauchen einen echten Volks-Hybrid“