Jens Tübke ist Professor am Fraunhofer Institut für Chemische Technologie und am KIT in Karlsruhe. Im Gespräch mit Battery News hat er sich über den Stand der Lithium-Ionen-Technologie ausgelassen, Verbesserungspotential aufgezeigt und hervorgehoben, wie Europa einen Wettbewerbsvorteil im Bereich der Batterietechnologie erreichen kann. Die wichtigsten Inhalte haben wir nachfolgend aufgegriffen.
Den aus unserer Sicht wertvollsten Gedanken greift Professor Tübke zum Ende des Interviews auf. Wir möchten vorab auf diesen eingehen. Laut diesem tendiere man immer mehr dazu, dass man auf die „vermeintlich bessere zukünftige Technologie“ und darauf wartet, „dass damit alle Probleme gelöst sein werden“. Dies wird allerdings nicht der Fall sein. Denn wie Tübke auch klar zu verstehen gibt:
„Nicht die Batterie mit der doppelten Energiedichte wird Elektromobilität ermöglichen, sondern eine nachhaltig produzierte deren Materialien zu einem Großteil wiederverwendet werden können sowie die kostengünstige und schnellladefähige Batterie mit einer an den Kundenbedarf und an ein vernünftiges Mobilitätskonzept angepassten Reichweite wird das Rennen machen.“ – Jens Tübke, Professor am Fraunhofer Institut für Chemische Technologie und am KIT in Karlsruhe
Nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen und Energie als wichtige Stellhebel
Laut Peter Altmaier, Bundeswirtschaftsminister müsse man dafür sorgen, dass die neue Wertschöpfung, die mit Elektroautos verbunden ist, in Deutschland stattfinde. “Es wird einen Riesenbedarf an elektrischen Batterien geben, die kommen derzeit alle aus Japan, Korea und aus China”, so Altmaier weiter. “Wir müssen den Ehrgeiz haben, die besten Batterien der Welt in Deutschland und Europa zu bauen.”
Laut Professor Tübke seien die wichtigsten Stellhebel hierfür unter anderem der nachhaltige Umgang mit Rohstoffen und der eingesetzten Energie zur Produktion. Aber vor allem auch die eingesetzten Fertigungsverfahren. Geht es nach ihm verlangen aktuelle, als auch zukünftige Anwendungen zunehmend nach maßgeschneiderten Batterie-Zellen, „dies wäre für einen europäischen Fertigungsstandort ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der Fertigung von Standard-Zellen in asiatisch dominierten Gigafactories“.
Des Weiteren kann insbesondere durch seinen Maschinenbau glänzen, welcher im Ausland, vor allem auch in Asien „aufgrund der hohen Präzision und Zuverlässigkeit der Fertigungsmaschinen sehr geschätzt“ wird. Diesem kommt eine wichtige Rolle zuteil, da der Maschinenbau „vor allem auch für neue weiter entwickelte Fertigungsmethoden, wie zum Beispiel Trockenbeschichtungen oder der Verarbeitung von Materialien für Festkörperbatterien“ essentiell sei.
Weiterentwicklung der Batterietechnologie als Chance für Europa
Merkel gab bei einer Veranstaltung zum 70-jährigen Bestehen der Fraunhofer-Gesellschaft in München zu verstehen, dass die Weiterentwicklung von Batterietechnologien eine europäische Möglichkeit sei, eine entscheidende Rolle bei der E-Mobilität zu spielen. Ähnliche Töne hat sie bereits im Mai 2017 angeschlagen. Zum damaligen Zeitpunkt führt die Kanzlerin auf, dass man derzeit die Zellen importieren müsse, es aber für die weitere Entwicklung der E-Mobilität in Deutschland wünschenswert ist, dass die Entwicklung und Produktion im eigenen Land stattfindet.
Eben diese Weiterentwicklung sowie die „nachvollziehbaren Forderungen nach höheren Energie- und Leistungsdichten mit neuen leitungsfähigen Materialien und Zellaufbauten zu erfüllen, gleichzeitig aber einen sicheren Betrieb und eine möglichst lange Nutzungsdauer auf Systemebene zu ermöglichen“, sei ein Anspruch den man in Deutschland / Europa durchaus erfüllen kann. Dazu ist es nötig, Zellen immer in Verbindung mit der Anwendung und den sich daraus ableitenden Anforderungen zu entwickeln.
Tübke: Man muss über eigentliche Batterie hinausdenken
Professor Tübke gibt allerdings auch zu verstehen, dass man über die eigentliche Batterie hinausdenken müsse. Denn auch Dinge wie Gehäuse, die Wärmeableiter und vieles mehr bieten Potential zur Verbesserung. Diese werden auch als sogenannte Passivmaterialien bezeichnet, wohingegen die energiespeichernden Werkstoffe als Aktivmaterialien gelten.
Entsprechende Forschungsprojekte starten nach und nach auch in Europa. Die auf zehn Jahre angelegte europäische Forschungsinitiative BATTERY 2030+ bringt führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Unternehmen aus ganz Europa zusammen, um entscheidende Fortschritte in der Batteriewissenschaft und -technologie zu erreichen.
Ziel von BATTERY 2030+ ist die Entwicklung leistungsstärkerer Batterien und einer Spitzentechnologie für die europäische Industrie. Batterien gehören zu den Schlüsseltechnologien, wenn es darum geht, Energie nachhaltig aus erneuerbaren Quellen zu speichern und so Kohlendioxidemissionen zu reduzieren.
Quelle: Battery News – Prof. Tübke: „Maßgeschneiderte Batterie-Zellen wären für einen europäischen Fertigungsstandort ein Wettbewerbsvorteil“