Max Gro ist ein in München lebender Autor, Manager und Berater. Seine Themenschwerpunkte sind Disruption, Transformation, Innovation, Agilität, Internationalisierung, IT und Startups. Immer wieder arbeitete er für die Autoindustrie. Zum Jahreswechsel veröffentlichte er seinen Debütroman ULTIMATUM E. Die Geschichte basiert auf einem fiktiven Szenario: Was passiert hierzulande, wenn China aufgrund eines eigenen technisch überlegenen Akkus für E-Autos seinen Markt für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor schließt.
Für die deutschen Hersteller würden dann immerhin 40 Prozent ihrer Produktion wegbrechen. Das Buch stieg schon kurz nach der Veröffentlichung in die Top 20 Amazon-Bestsellerliste in der Kategorie Techno-Thriller. Im Bereich Polit-Thriller erreichte der Roman sogar eine Top 10 Platzierung. Max Gro gab Elektroauto-News.net ein exklusives Interview zum Konjunkturpaket der Bundesregierung.
Herr Gro, der Satz… “Wir denken obendrein über Kaufprämien für Autos mit Verbrennungsmotor nach. Umweltschutz hin oder her. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Notfalls müssen wir für eine Ãœbergangszeit die harten Grenzwerte außer Kraft setzen.” …stammt nicht aus einem Diskussionspapier des Bundeskanzleramts rund um die Kaufprämien für Verbrenner. Er ist aus Ihrem Roman. Sind Sie enttäuscht, dass Ihre Prophezeiung nicht eingetreten ist?
Nein, natürlich nicht. In meinem Buch skizziere ich ja auch kein pandemisches Szenario, in dem die Nachfrage nur temporär unterbrochen oder geschwächt ist. In der Geschichte geht es ja um ein plötzliches, dauerhaftes Wegbrechen der Nachfrage. Ich weiß nicht, ob eine Bundesregierung in diesem Fall sich doch für eine Verbrenner-Prämie entschieden hätte. Aber so oder so: Ich glaube langfristig wird die deutsche Automobilindustrie vom beschlossenen Konjunkturpaket stark profitieren.
Das sehen die Gewerkschaften aber anders. Am Wochenende konnte man überall Berichte lesen, dass die Betriebsräte der großen Hersteller und die Chefs der IG Metall höchst unzufrieden sind, dass es keine Kaufprämie für Autos mit modernen Verbrennungsmotoren gibt. Sie fühlen sich vor allem von der SPD im Stich gelassen.
Ich glaube in der Debatte um die Kaufprämie für Verbrenner werden zwei politische Ziele miteinander vermischt. Auf der einen Seite sollen Arbeitsplätze im Bereich der Produktion von Autos mit Diesel- und Benzinmotoren erhalten werden. 95% der Mitarbeiter in der Automobilindustrie inklusive ihrer Zulieferer arbeiten in dem Bereich. Denen hilft wirklich nur ein Nachfrageimpuls für herkömmliche Autos. Wer aber – und dies ist ein anderes politisches Ziel – den Umstieg in Richtung E-Mobilität beschleunigen will, der muss den E-Auto-Absatz mit einer Prämie fördern, weil E-Autos preislich noch nicht konkurrenzfähig sind.
Die Regierung hat sind für das zweite politische Ziel entschieden. Das ist gut für die Transformation zu E-Mobilität und schlecht für die Arbeitsplätze in der Verbrenner-Produktion. Ich fürchte, wir werden nach dem Auslaufen der Kurzarbeit dort einen größeren Stellenabbau sehen.
Warum ist das Konjunkturpaket dann aus Ihrer Sicht trotzdem gut für die deutsche Autoindustrie.
Weil es die richtigen Akzente setzt. Damit können wir mittelfristig in den wichtigen Bereichen E-Mobilität und autonomes Fahren mitmischen. Es gibt viele industriepolitische Aspekte im Eckpunktepapier, die die deutsche Industrie unterstützen.
Welche meinen Sie konkret?
Es soll allgemeine Forschungszulagen in Höhe von 2 Milliarden Euro geben. Die Autoindustrie erhält nochmals extra eine Forschungsförderung von 2 Milliarden Euro. Weitere 2,5 Milliarden Euro fließen in die Akku-Forschung und die Ladeinfrastruktur. Wenn man dann noch die 5 Milliarden Euro für den Ausbau eines flächendeckenden 5G-Netzes hinzurechnet, das ja für autonomes Jahren unabdingbar ist, dann ist das schon beachtlich. Bedenklich ist eher, dass es erst eine Pandemie braucht, um solche Akzente für die Zukunft zu setzen.
Die massive Förderung der Wasserstofftechnologie haben sie nicht aufgezählt. Warum?
Das ist sicher auch interessant. Vor allem im Bereich Schwerlasttransport, wann man an LKWs und Schiffe denkt. Aber für die individuelle Mobilität ist Wasserstoff aufgrund des geringen Energieeffizienzgrades wenig geeignet. Auch wenn ich mir es aus Beschäftigungssicht anders wünschen würde. Denn eine komplexe Technologie braucht für die Herstellung viele Menschen und bringt damit viele Arbeitsplätze.
Kommen wir zur erhöhten Kaufprämie für E-Autos. Die erweiterte Förderung ist bis Ende 2021 befristet. Bis dahin können die deutschen Hersteller ihre Kapazitäten für E-Autos gar nicht in dem Maße noch fahren, um eine erhöhte Nachfrage zu bedienen. Also werden vor allem ausländische, europäische Hersteller im Kleinwagensegment profitieren. Glauben Sie die Erhöhung der Prämie ist sinnvoll?
Sie haben recht. Deutsche Hersteller werden im E-Auto-Segment nur unterproportional profitieren. Daher hätte auch eine geringere Prämie ausgereicht. Schließlich werden auch E-Autos durch die Mehrwertsteuersenkung günstiger. Der Aspekt, dass europäische Kleinwagenhersteller die großen Gewinner der E-Auto-Prämie sind, wurde glaube ich bewusst einkalkuliert. Denn im Eckpunktepapier ist als Ziel ausdrücklich festgehalten, dass Deutschland Europa unterstützen will. Das tun wir damit. Europa ist generell unser größter Kunde. Nur wenn es den anderen Ländern in Europa gut geht, können sie Waren aus Deutschland kaufen.
Herr Gro, seit der Veröffentlichung Ihres Romans, in dem Sie unter anderem einen Glas-Akku beschreiben, der unsichtbar in die Autoscheiben eingebunden wird, gelten Sie vielen in der Szene als „E-Auto-Visionär“. Wie wahrscheinlich ist es, dass solche Entwicklungen in naher Zukunft verwirklicht werden?
Wenn die Anreize aus dem Konjunkturpaket konsequent genutzt werden und die Bundesregierung, vielleicht aufgrund erster positiver Effekte, die Mittel noch aufstockt, dann glaube ich wird sich in den kommenden 3 bis 4 Jahren viel tun. Vor allem die bisher in der Öffentlichkeit kaum diskutierte Förderung der Quantentechnologie in Höhe von 2 Milliarden Euro wird Wirkung zeigen. Mit Quantenrechnern lassen sich in kurzer Zeit im Bereich der Akku-Forschung vielfältige technische Möglichkeiten simulieren. Damit werden wir technische Lösungen sehen, die sich heute nur Wenige von uns vorstellen können. Es wird leider nicht von heute auf morgen gehen. Dazu haben sich die Hersteller hierzulande viel zu lange auf ihren Verbrenner-Erfolgen ausgeruht. Spaltmaße waren wichtiger als vollelektrische WOW-Autos. Aber das Thema E-Auto ist nicht mehr aufzuhalten und wird uns allen noch viel (mehr) Spaß machen.