In der Automobilwoche.de konnte man am 18.8.2021 den Artikel lesen: „Strengere BAFA-Förderrichtlinien: Diese Plug-ins fallen 2022 durchs Subventions-Raster“. In dem Beitrag wird ausgeführt, dass bestimmte Plug-ins demnächst keine Förderung mehr erhalten würden. Das hört sich erst einmal gut an.
Denn erfreulicherweise gibt es einen weitreichenden Konsens, dass die Förderung von Plug-in Hybriden (PHEV) alle Ziele klar verfehlt hat. Auch die Grünen sprechen von staatlich subventioniertem Klimabetrug (Ecomento 12.5.2021). Fast alle sahen und sehen dringenden Reformbedarf.
Die Zaubermaßnahme besteht jetzt angeblich darin, dass die PHEVs mit voller Batterie ab 1.1.2022 60 km rein elektrisch schaffen müssen anstatt 40 km. Und ab 2025 sind es 80 km. Der Beobachter kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, dass damit eine wesentliche Wirkung erzielt werden soll. Neben den Subventionen bleibt der entscheidende Vorteil, dass nämlich der geldwerte Vorteil für Dienstwagen nur 0,5% des Listenpreises beträgt statt 1% bei Verbrennern. Bratzel spricht in diesem Zusammenhang nicht ganz zu Unrecht vom Klimakiller Dienstwagen.
Während das Ziel noch zutreffend angegeben wird – schwere umweltschädliche SUVs sollen nicht mehr gefördert werden – macht die Umsetzung fast sprachlos.
Denn es herrscht große Einigkeit, dass der Ausstoß von Treibhausgasen (insb. CO2, Methan) reduziert werden muss. Insofern wäre zu erwarten gewesen, dass die Nouvelle die Fahrzeuge von der Förderung ausschließt, die zu viel CO2 ausstoßen. Und das unabhängig davon, ob das CO2 aus dem Auspuff der Fahrzeuge kommt oder aus den Schornsteinen der Kraftwerke, welche den zusätzlichen Strom in Deutschland erzeugen müssen.
Somit musste man als Basis erwarten, dass eine korrekte Istanalyse durchgeführt wird, so dass dann geeignete Maßnahmen zur Reduktion abgeleitet werden können. Dem ist leider nicht so.
Tatsächliche CO2 Emission
Es ist zunächst zu fragen, wie der Strom für die zusätzlichen Plug-in Hybride, E-Fahrzeuge, Wärmepumpen, etc. erzeugt werden wird. Ökostrom wird heute und in der Zukunft maximal eingespeist, so dass zusätzliche Nachfrage hauptsächlich von fossilen Energien zur Verfügung gestellt werden muss. Dies gilt für neue Elektrofahrzeuge, für die Millionen von Wärmepumpen, die installiert werden sollen, und auch für die Wasserstoffelektrolyse.
Der Offenbarungseid von Minister Altmeyer zeigt dies deutlich, der im Juli 2021 (endlich) zugab, dass der Stromverbrauch per 2030 in Deutschland viel höher liegen wird (vgl. Handelsblatt vom 13.7) als heute und dass es noch nicht einmal möglich sein wird, den zusätzlichen Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen zu decken. Teurer und CO2 intensiver Strom wird auch 2030 unabdingbar. Für Steinkohle muss man mit ca. 800 g CO2 pro kWh rechnen, für Braunkohle über 1000. Beim Gas gibt es zunächst bessere Werte, die allerdings nicht berücksichtigen, dass bei Förderung und Transport sehr viel Methan freigesetzt wird, was eine vielfach höhere Klimawirksamkeit aufweist.
In jedem Fall werden für zusätzliche E-Fahrzeuge zusätzlicher fossiler Strom benötigt (Marginalansatz, vgl. hierzu insb. Ruhsert), so dass es sich verbietet, mit dem Durch-schnitt aller Stromerzeugungsarten zu rechnen.
Bei der Betrachtung der Plug-in Hybride muss nun differenziert werden, ob es um relativ umweltfreundliche Fahrzeuge geht. Im Extremfall handelt es sich um schwere SUVs, die auch CO2 Gründen eigentlich unerwünscht sein müssten und mit Strafen belegt werden müssten. Unsere Regierung fördert sie aber dennoch….
Für die Mittelklasse sei der Golf GTE (Plug-in Hybrid) betrachtet. Laut Auto Strassenverkehr 19/2021, S. 31, weist er die folgenden Verbrauchswerte auf, auf deren Basis der Autor den CO2 Ausstoß berechnet hat:
Zunächst zeigt sich, dass auch die neuen WLTP Verbräuche noch zu positiv sind gegenüber den Testergebnissen. Es sei darauf hingewiesen, dass der Grenzwert bei 95 g/km liegt, also weit übertroffen wird. Da E-Fahrzeuge und Plug-in Hybride aber politisch gewollt sind, wurde festgelegt, dass der Strom ohne CO2 Belastung produziert werden kann. Als Folge geht der Golf GTE mit 26 g/km in die CO2-Bilanz von VW ein. Somit darf je GTE rechnerisch noch eine Dreckschleuder mit 2 * 95 – 26 = 164 g CO2 /km verkauft werden. Zusätzlich gibt es die Subventionen und das Dienstfahrerprivileg.
Andere Hybride, auch wenn sie deutlich weniger CO2 emittieren, werden nicht gefördert. So gibt es keine Subventionen für den Toyota Yaris Hybrid, der nur 88 g CO2 / km ausstößt, aber kein Plug-in Hybrid ist.
Der gleiche VW Golf Benziner ohne Hybridtechnik ist sogar im Betrieb umweltfreundlicher (siehe letzte Zeile der Abb. 1), ganz zu schweigen von der viel aufwändigeren Technik.
Gefördert werden jedoch u. a. große SUVs mit Plug-in Technik. Wenn sie 30 kWh pro 100 km verbrauchen, so beträgt der Ausstoß ca. 240 g CO2 pro km (vgl. den Test in efahrer.de vom 25.5.2021). Bei diesem Wahnsinn erstaunt es schon nicht mehr, dass Plug-in Hybride häufig mit dem besten Energielabel A+ belohnt werden.
Anpassungsreaktionen
Mit großer Verspätung reagiert die Politik. Ab 1.1.2022 müssen die Plug-in Hybride 60 km rein elektrisch schaffen, um in den Genuss der Förderung zu gelangen. Dies gilt wieder unabhängig vom Strom- und Kraftstoffverbrauch und damit von den tatsächlichen CO2-Emissionen. Weitere Änderungen gibt es nicht.
Die Autoindustrie ist natürlich begeistert. Es wird wieder kein Druck ausgeübt in Richtung kleiner leichter Fahrzeuge (mit oder ohne Hybridtechnik) mit geringem Kraftstoffverbrauch. Die Förderung der Plug-in Hybride bleibt bei Prämien von bis zu 7.110 €, wenn der Kaufpreis vor Umsatzsteuer unter 40.000 € liegt. Darüber und bis zu einem Nettopreis von 65.000 € sind es 75% davon. Dazu kommt das Dienst-fahrerprivileg, so dass sehr viele Plug-in Hybride in Firmen gefahren werden.
Die Anpassung an die neue 60 km Regel läuft. Die bestehenden Plug-in Hybride werden großenteils einen etwas größeren Akku bekommen, so dass sie zumindest auf dem Papier die 60 km schaffen. Neue Plug-in Hybride werden schon mit einer elektrischen Reichweite über 60 km auf den Markt gebracht.
Eine Überprüfung, ob überhaupt elektrisch gefahren wird, findet noch nicht statt. Und im Verbrennermodus verbrauchen die Fahrzeuge aufgrund des schwereren Akkus nochmals mehr.
Durch diese fast willkürliche Förderung einiger Fahrzeugklassen geraten andere nicht geförderte Fahrzeugklassen ins Hintertreffen. Die Hersteller stellen die folgenden Konzepte ein beziehungsweise reduzieren sie:
• Kleinwagen
• Erdgasfahrzeuge
• Kleinstfahrzeuge
• Mild-Hybride
Mild-Hybride haben noch eine kleine Chance, weil sie dazu dienen können, den Flottenausstoß an COs zu reduzieren. Ein kleiner Trost besteht darin, dass die Supercredits zurückgefahren werden. Mit ihnen werden Elektroautos und Plug-in Hybride mehrfach gewichtet bei der Ermittlung des Flottenausstoßes an CO2.
Schlussfolgerungen
Auch mit den neuen Regelungen ab 2022 werden falsche Anreize gesetzt. Die von der Automobilwoche genannten nicht mehr förderfähigen Fahrzeuge werden schnell Nachfolger finden, welche nur in Sonderfällen zu Verbesserungen, also weniger CO2 führen.
Während die Förderung kleiner leichter Hybride (es muss nicht Plug-in sein) noch sinnvoll sein könnte, sind die Subventionen von großen schweren SUVs kontra-produktiv und stellen eine Verschwendung von Steuergeldern dar. Sinnvoll wäre – wie von den 74 Wissenschaftlern in ihrem offenen Brief gefordert – eine Analyse auf Basis der tatsächlichen CO2 Emissionen. Welche Fahrzeugkonzepte sich dann durchsetzen, sollte nicht Sorge der Politiker sein.
Mit der Fehlsteuerung wird Deutschland die Pariser Klimaziele noch weiter verfehlen als es aus heutiger Sicht bereits der Fall ist. Der Untersuchungsentwurf des Bundesumweltamtes kommt zum Schluss, dass in 2030 vs. 1990 nur eine Minderung von 49% erreicht wird (was schon optimistisch ist) statt 65% (vgl. Tagesschau vom 19.8.2021). Wenn die Wirkung der verfehlten Plug-in Hybrid Strategie berücksichtigt wird, dürfte die Lücke noch wachsen.
Dieser Artikel wurde von Prof. Dr. Peter Hoberg von der Hochschule Worms verfasst und blickt auf die Sinnhaftigkeit der Förderung von Plug-In-Hybride unter teils "verschärften" Vorgaben. Dabei handelt es sich um seine Meinung, hinterlegt mit entsprechenden Quellen und gilt zu diskutieren.
Quellen
- Automobilwoche 17.8.2021: Strengere BAFA-Förderrichtlinien: Diese Plug-ins fallen 2022 durchs Subventions-Raster, in: https://www.automobilwoche. de/article/20210817/NACHRICHTEN/210819957/strengere-bafa-forderrichtlinien-diese-plug-ins-fallen-2022-durchs-subventions-raster
- Bratzel, S: in: Klimakiller Dienstwagen, in: Spiegel-Online vom 12.5.2021: https://www.spiegel.de/auto/dienstwagen-haben-ein-gewaltiges-emissionsproblem -elektroautos-wuerden-helfen-a-37a6ecf2-0c73-4391-9079-c424e2162604
- Ecomento vom 12.5.2021: Grüne: Förderung von Plug-in-Hybriden „staatlich subventionierter Klimabetrug“, in: https://ecomento.de/2021/05/12/gruene-foerderung-von-plug-in-hybriden-staatlich-subventionierter-klimabetrug/
- Efahrer vom 25.5.2021: 450 PS, 3 Liter Verbrauch? So sparsam ist Fords riesiges Hybrid-SUV Explorer, in: https://efahrer.chip.de/news/450-ps-3-liter-verbrauch-so-gut-ist-fords-riesiges-hybrid-suv-explorer-phev_104852
- Grimm, V.: Wir werden mehr Strom verbrauchen, in: https://www.handelsblatt.com
/unternehmen/energie/energiewende-wirtschaftsweise-veronika-grimm-wir-werden-mehr-strom-verbrauchen/27098778.html?, HB vom 16.4.2021. - Handelsblatt vom 13.7: Wegen strengerer Klimaziele: Altmaier erhöht Prognose für Stromverbrauch, in: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energie-wegen-strengerer-klimaziele-altmaier-erhoeht-prognose-fuer-stromverbrauch /
- Hoberg, P. (2020): Der große Denkfehler – Elektroautos in Deutschland – viel dreckiger als gedacht, in: https://www.elektroauto-news.net/2020/meinung-der-grosse-denkfehler-elektroautos-in-deutschland-viel-dreckiger-als-gedacht, 19.12.2020.
- IFW: Zusätzlicher Strombedarf hebelt Klimavorteile von E-Autos aus, in: https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/medieninformationen/2020/zusaetzlicher-strombedarf-hebelt-klimavorteile-von-e-autos-aus/, Abruf vom 27.3.2021
- Offener Brief von 74 Wissenschaftlern, in: https://holgerwatter.files.word press.com/2021/04/2021-01-21-offener-brief-mit-anschreiben.pdf
- Ruhsert, K.: Der Elektroauto-Schwindel, Norderstedt 2020.
- Tagesschau vom 19.8.2021: Klimaziele 2030 dürften verfehlt werden, in: https://www.tagesschau.de/inland/klimaziele-2030-verfehlt-101.html