Die Europäische Union hat zum Ziel, den Anteil an erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch im Verkehrssektor bis zum Jahr 2030 auf 29 Prozent zu erhöhen. Im Jahr 2022 lag der Anteil in Deutschland bei 6,8 Prozent. Neben Ladestrom und synthetischen Kraftstoffen zählen unter bestimmten Voraussetzungen auch Kraftstoffe biogenen Ursprungs zu den erneuerbaren Energien. Zu diesen Kraftstoffen zählen also unter anderem auch Biodiesel und Bioethanol.
Um dem Ziel eines ausreichenden Anteils an erneuerbaren Kraftstoffen gerecht zu werden, hat die Bundesregierung im Jahr 2015 die Treibhausgasminderungsquote eingeführt. Diese verpflichtet Inverkehrbringer von fossilen Kraftstoffen (Diesel und Benzin), ihre durchschnittlichen Emissionen von Treibhausgasen zu senken. Sie können das tun, indem sie ihren Kraftstoffen emissionsärmere, erneuerbare Kraftstoffe beimischen oder indem sie diese emissionsärmeren Kraftstoffe separat verkaufen. Außerdem können sie auch andere dafür bezahlen, dass sie an ihrer statt die emissionsärmeren Kraftstoffe verkaufen. Dadurch entsteht ein Markt für Treibhausgaseinsparungen, die durch alternative Kraftstoffe im Verkehr hervorgerufen werden.
Biokraftstoffe und ihre Herausforderungen
Biogene Kraftstoffe aus Futtermittelpflanzen und Altspeiseöl können nur begrenzt zur Erfüllung der Treibhausgasminderungsquote angerechnet werden, da der Anbau der für die Kraftstoffe benötigten Pflanzen landwirtschaftliche Flächen blockiert, die anderweitig benötigt werden.
Im Gegensatz dazu wird für sogenannte fortschrittliche Biokraftstoffe sogar eine Mindestquote festgelegt, mit der diese Kraftstoffe zur Erfüllung der Treibhausgasminderungsquote beitragen müssen. Zu diesen fortschrittlichen Biokraftstoffen zählen solche, die aus biogenen Abfall- und Reststoffen (Stroh, Weintrub, Nussschalen, Gülle etc.) hergestellt werden. Den Beitrag, den solche fortschrittlichen Kraftstoffe zur Erreichung der Treibhausgasminderungsquote real leisten, darf mit dem Faktor zwei multipliziert werden. Auf diese Weise wird die Nutzung dieser Kraftstoffe in besonderem Maße gefördert.
Zwar entstehen bei der Verbrennung biogener Kraftstoffe, wie bei der Verbrennung fossiler Kraftstoffe auch, Treibhausgasemissionen. Das auf diese Weise emittierte CO₂ wurde jedoch in einem relativ kurzen Zeitraum zuvor beim Wachstum der Pflanzen aus der Luft gebunden. Im Allgemeinen zählen biogene Rohstoffe deswegen zu den erneuerbaren Energien.
Zudem klassifiziert die Europäische Union nur solche Kraftstoffe als nachhaltig, die mindestens 35 Prozent der Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe einsparen. Nachhaltig sind daher nur biogene Kraftstoffe, die aus Pflanzen gewonnen werden, die auf kohlenstoffarmen Böden wachsen. Gleichzeitig wird darauf geachtet, dass keine Primär- und Regenwälder für die Herstellung nachhaltiger Biokraftstoffe eingesetzt werden, da diese Wälder aktiv zum Klimaschutz beitragen und zudem durch die Verbrennung von Waldpflanzen Treibhausgase emittiert würden, die ansonsten noch stofflich gebunden bleiben würden. Außerdem wird Monokulturen vorgebeugt, indem keine Flächen mit hoher biologischer Vielfalt für den Anbau genutzt werden dürfen.
Risiken und Kontroversen
Der Gefahr, dass aus anderen Gründen erschlossene Fläche für den Anbau von Biokraftstoffpflanzen und nicht für Aufforstungs- und Biodiversitätsprojekte genutzt wird, wird nicht entgangen. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass bewaldete oder biodiverse Flächen extra für den Biokraftstoffpflanzenanbau erschlossen werden. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Deutschland einen Großteil der Pflanzen für die Biokraftstoffherstellung importiert.
Dies birgt die Gefahr, dass der Anbau nicht nach dem gleichen strengen Maßstab wie in Deutschland kontrolliert wird. In der Folge kann es vorkommen, dass ein als nachhaltig deklarierter Kraftstoff dieses Kriterium in Wirklichkeit nicht erfüllt. So ist es in dem bisher nicht abschließend beurteilten Verdachtsfall aus dem Frühjahr dieses Jahres geschehen, bei dem chinesischer Biokraftstoff aus Alt- und Speiseöl fälschlicher und illegaler Weise als fortschrittlicher Biokraftstoff deklariert wurde.
Auswirkungen auf den Markt
Für die Treibhausgasminderungsquote bedeutet das, dass nicht fortschrittlicher Biokraftstoff für die Quotenerfüllung sogar mit einem erhöhten Faktor angerechnet werden konnte. Das verfälscht die Bilanz. Die hohe Verfügbarkeit von Biokraftstoffen führt außerdem dazu, dass sich die Preise für die Treibhausgaseinsparungen in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr halbiert haben. Für die Inverkehrbringer fossiler Kraftstoffe hat aus diesem Grund die finanzielle Belastung infolge der Treibhausgasminderungsquote nachgelassen.
Geht man davon aus, dass die Quotenverpflichteten ihre Belastung zumindest teilweise an die Verbraucher von Kraftstoffen weitergeben, führt das wiederum dazu, dass der Anreiz in Folge erhöhter Kraftstoffpreise, auf den Verbrauch von Kraftstoff zu verzichten, abgeschwächt ist. Damit verliert die Treibhausgasminderungsquote an klimaschützender Wirkung. Aufgrund der geringeren Preise für Treibhausgaseinsparungen erhalten auch Inverkehrbringer von Ladestrom und E-Auto-Besitzer für ihre THG-Quote weniger Geld.
Geht man davon aus, dass auch in diesem Fall die Entlastung infolge erzielter Erlöse aus den Treibhausgaseinsparungen durch Ladestrom an die Endverbraucher weitergegeben wird, ist davon auszugehen, dass der durch die Treibhausgasminderungsquote verursachte Anreiz auf Elektromobilität umzusteigen, abgeschwächt wird. Das ist umso kritischer zu bewerten, da Elektromobilität aufgrund der höheren Effizienz ohnehin als vielversprechender für den Klimaschutz gilt.
Über die Autoren: Verfasst von Constanze Liepold und Paul Fabianek. Vertiefende Literatur zum Thema des THG-Quotenhandels findet man im Working Paper – Grundlagenartikel zum THG-Quotenhandel oder im Working Paper – Bewertung des THG-Quotenhandels anhand umweltökonomischer Kriterien.