Die Verkehrspolitik konzentriert sich noch immer zu stark auf die autogerechte Stadt. Ein neues Projekt des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland (VCD) zeigt, welche Folgekosten unsere Gesellschaft dafür tragen muss. Untersucht wird auch, welche Mobilitätsbedürfnisse Menschen mit geringem Einkommen haben und wie sozial gerechte Mobilität gelingen kann.
Jeder Mensch in Deutschland verbringt im Durchschnitt 80 Minuten am Tag im Verkehr. Mobil zu sein ist die Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, einer Arbeit nachzugehen, seine Freizeit zu gestalten. Mobilität ist damit eine Frage der Teilhabe und der sozialen Gerechtigkeit. Das VCD-Projekt „Verkehrswende: klimaverträglich und sozial gerecht“ untersucht, wie wir die Kosten und Lasten im Verkehrsbereich fairer verteilen können, und welche Mobilitätsbedürfnisse Menschen mit geringem Einkommen haben.
In einem ersten Fact Sheet (hier als PDF) beleuchtet das VCD-Projekt die wahren Kosten des Verkehrs für die Gesamtgesellschaft. Diese werden oft nicht ausreichend berücksichtigt. Verkehr verursacht hohe externe Kosten durch Schäden, die uns alle betreffen: Veränderungen des Klimas, Luftverschmutzung, Verkehrsunfälle und Lärm. Den überwiegenden Anteil daran hat der Straßenverkehr mit etwa 95 Prozent. Die Kosten tragen alle Steuerzahler. Wer nur Fahrrad fährt, den ÖPNV nutzt oder zu Fuß geht, finanziert somit indirekt die Schäden durch den Autoverkehr mit.
„Wenn es um Kosten und Lasten des Verkehrs geht, sind wir von einer fairen Verteilung für Mensch, Umwelt und Klima weit entfernt. Soziale Ungerechtigkeit zeigt sich auch daran, dass oft Menschen, die selbst kein Auto haben, am stärksten unter dem Autoverkehr der anderen leiden. Wer nur eine niedrige Miete zahlen kann, wohnt häufig an großen, verkehrsreichen Straßen, an denen viel Lärm und viele Abgase entstehen.“ — Alexander Kaas Elias, VCD-Sprecher für klima- und sozialverträgliche Mobilität
Autos sind aber nicht nur für die Allgemeinheit teuer, sie sind es auch für ihre Besitzer. Das tatsächliche Ausmaß ist ihnen oft nicht bewusst, sie unterschätzen die Kosten für ihren Pkw um mehr als 50 Prozent. Die realen monatlichen Ausgaben für Abnutzung, Steuer, Versicherung oder Werkstattbesuche liegen im Durchschnitt bei rund 425 Euro. Ein eigenes Auto können oder wollen sich viele Menschen daher nicht leisten. Etwa 13,5 Millionen Menschen in Deutschland besitzen keinen Führerschein. 14,2 Millionen Haushalte haben kein Auto.
Was ist gute Mobilität?
„Gute Mobilität heißt nicht, dass alle Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden können“, sagt Alexander Kaas Elias. Stattdessen brauchen gerade Menschen mit geringerem Einkommen einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr, ein sicheres Radwegenetz und barrierefreie Fußwege. „Die Verkehrswende ist deshalb nicht nur gut für Umwelt und Klima, sie ist sozial gerecht.”
Das Projekt „Verkehrswende: klimaverträglich und sozial gerecht“ wird vom Umweltbundesamt (UBA) gefördert und geht über eine Laufzeit von eineinhalb Jahren. Im weiteren Verlauf werden Ungleichheiten bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, die Auswirkungen des CO2-Preises, sowie die Mobilitätsbedürfnisse von Menschen im ländlichen Raum untersucht.
Quelle: VCD — Pressemitteilung vom 17.06.2020