Die Stimmen gegen eine staatliche Kaufprämie, um der Autoindustrie nach der Corona-Krise wieder auf die Beine zu helfen, werden immer mehr. In einem Interview mit dem Handelsblatt sprach sich nun auch Deutschlands mächtigster Gewerkschafter, der IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, gegen eine unreflektierte Einführung von Kaufpreis-Prämien aus. Ein Konjunkturprogramm für nach Corona müsse mehrere Probleme angehen und dürfe nicht einseitig auf Autos fixiert sein.
„Wir sollten auch Technologien fördern, die die Energieeffizienz etwa im Maschinenbau steigern oder für die Energie- und Verkehrswende gebraucht werden“, sagte Hofmann in dem Interview. Auch „Sonderabschreibungen für Investitionen, die zum Klimaschutz beitragen“ schlägt Hofmann vor. Als „allein stehende Maßnahme“ sei eine Kaufprämie für Autos hingegen nicht sinnvoll. „Wir brauchen ein Konjunkturprogramm, das der Breite der Wirtschaft Schwung verschafft“, so der IG-Metall-Chef. Im Fokus der Maßnahmen sollte „eine Beschleunigung des ökologischen und digitalen Umbaus“ stehen. Und dies müsse „schnell kommen, eine Politik des Abwartens würde die gesellschaftlichen Kosten enorm erhöhen“.
„Eine klar konditionierte Umweltprämie“ müsse drei Prämissen erfüllen, führt Hofmann aus: Sie müsse „erstens nachweisbar zu einer deutlichen Senkung der Emissionswerte beitragen“. Zweitens müsse sie Beschäftigung und Produktion sichern, nicht nur bei den Autoherstellern selbst, sondern „vor allem bei den Zulieferern“. Und drittens sei „auch den Herstellern selbst ein nennenswerter Eigenbeitrag abzuverlangen“. Der Steuerzahler dürfe „nicht die ohnehin gewährten Rabatte finanzieren.“
Eine reine Elektroauto-Prämie sei allerdings trotz Fokus auf eine Senkung der Emissionen nicht sinnvoll, sonst werde es nichts „mit der zweiten Prämisse, Produktion und Beschäftigung zu stützen. Wenn wir in den Werken der Zulieferer und Hersteller möglichst schnell wieder aus Kurzarbeit in Arbeit kommen und die Sozialkassen entlasten wollen, dann muss eine Prämie natürlich auch die Teile der Industrie umfassen, die heute an modernsten Verbrennern arbeiten“, erklärt Hofmann.
Wichtig sei, dass bei einer Förderung „nachweisbar ein signifikanter Einsparungseffekt in den Emissionen realisiert“ werde, etwa wenn ein altes Euro-3-Fahrzeug durch einen modernen, emissionsarmen Verbrenner ersetzt wird. Da Autohersteller im vergangenen Jahr hohe Gewinne einfahren konnten — etwa VW mit 13 Milliarden Euro und BMW mit 5 Milliarden Euro — sollten sie sich finanziell an den Kaufanreizen beteiligen. „Sonst ist das gesellschaftlich nicht darstellbar“, so der IG-Metall-Chef.
Quelle: Handelsblatt — Streit um Kaufanreize: IG-Metall-Chef und Ökonomen warnen vor neuer Abwrackprämie