E-Autos werden in Europa ab 2025 wieder deutlich zulegen

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Michael Neißendorfer
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Im Jahr 2023 erholte sich der europäische Automobilmarkt mit einem Anstieg der Neuzulassungen um 13,6 Prozent von der Delle der Corona-Jahre. Das Gesamtvolumen von 12,9 Millionen Einheiten lag jedoch immer noch deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie von 15,9 Millionen Neuwagen im Jahr 2019.

Für 2024 und 2025 bleibt das Marktumfeld herausfordernd. Während die Auslieferungen noch 2023 von einem deutlich gestiegenen Auftragsbestand profitierten, wird nun die Auto-Nachfrage wieder zum Engpass. Diese wird wiederum durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten gedämpft. Hersteller und Händler greifen daher auf Rabatte, Leasingangebote und taktische Zulassungen zurück, um das Wachstum aufrechtzuerhalten. Dataforce prognostiziert für 2024 einen weiteren Anstieg um 2,2 Prozent, womit der europäische Pkw-Markt auf 13,1 Millionen Neuzulassungen ansteigen wird.

Ein weiterer Sondereffekt ist die bevorstehende Verschärfung der CO2-Vorgaben. Um das Flotten-Ziel der Hersteller von 93,6 g/km CO2 (WLTP) im Jahr 2025 zu erreichen, sind ein durchschnittlicher Elektroauto-Anteil von 23 Prozent, sowie ein Marktanteil von Plug-in-Hybriden von mehr als 8 Prozent erforderlich. Um dahin zu kommen, werden die Hersteller den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren zurückfahren und sich auf den Verkauf von Elektroautos und Plug-in-Hybriden konzentrieren müssen. Hersteller, die ihre aktuellen Ziele übertreffen, können außerdem die Auslieferungen von Verbrennungsmotoren bis 2024 vorziehen.

Rein von der wirtschaftlichen Entwicklung gesehen, würden ein sich beschleunigendes BIP-Wachstum, niedrigere Finanzierungskosten und sich erholende verfügbare Einkommen ein schnelleres Wachstum des Pkw-Markts erlauben, aber mit Blick auf die CO2-Vorschriften erwartet Dataforce nur einen Anstieg um 4,1 Prozent auf 13,7 Millionen Einheiten im Jahr 2025. Ein Marktvolumen, das immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegt.

Elektrifizierung: Ein Blick hinter den Hype-Zyklus

Und wie sind die Aussichten für E-Auto-Zulassungen? Von Januar bis Mai 2024 stagnierte der Absatz von Elektroautos. Die Zulassungen von batterieelektrischen Fahrzeugen in Europa stiegen – überproportional stark ausgebremst vom deutschen Markt – nur um 2,5 Prozent und ihr Marktanteil sank leicht von 13,7 Prozent in den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 auf 13,4 Prozent im Jahr 2024. Von der aktuellen Markterholung profitieren vor allem erschwingliche Benziner und die schnell wachsende Palette der Vollhybridmodelle. Darüber hinaus haben die Zölle der EU auf in China hergestellte Elektroautos bereits zu ersten Preiserhöhungen für Autokäuferinnen und -käufer geführt.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen wird klar: Der Hype ist vorbei, nun ist es Zeit für einen rationaleren Blick auf die E-Mobilität. Der aktuelle Rückgang hängt zusammen mit der Rücknahme der staatlichen Unterstützung wie etwa des Umweltbonus in Deutschland, steigenden Finanzierungskosten und schrumpfenden verfügbaren Einkommen für einen Autokauf.

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Diese Faktoren werden sich jedoch mit dem Konjunkturzyklus und dem technologischen Fortschritt der Elektroautos verbessern, wie zum Beispiel dem Wechsel von NMC zu LFP bei günstigeren E-Autos zu Preisen um 20.000 Euro oder die zunehmende Verbreitung der 800-Volt-Technologie und der verbesserten Energieeffizienz, die Mittelklasse-Stromer für längere Fahrten besser wappnen.

Aus Sicht von Dataforce wird der entscheidende Faktor die Ladeinfrastruktur sein. Für die meisten Autofahrenden mit einer Wallbox zu Hause oder am Arbeitsplatz bedeuten Elektroautos einen Komfortgewinn: Keine Fahrten mehr zur Tankstelle und mehr Fahrvergnügen. Andererseits bietet ein E-Auto für Menschen, die keine Möglichkeit haben, zuhause oder am Arbeitsplatz aufzuladen, weniger Freiheit als ein Verbrenner. Für eine Massenmarkttauglichkeit der E-Mobilität ist daher ein unkomplizierter und wohnortnaher Zugang zu Ladesäulen erforderlich – vor allem auch in Städten.

Hersteller werden ab 2025 deutlich mehr E-Autos verkaufen müssen

Insgesamt prognostiziert Dataforce einen Rückgang der E-Auto-Zulassungen um 2,5 Prozent für das gesamte Jahr 2024. Im Jahr 2025 wird voraussichtlich die strenge CO2-Regulierung dann wieder einen Sprung nach oben auslösen, bei dem das E-Auto-Volumen über die Marktnachfrage hinausgehen dürfte.

Die weitere Entwicklung von 2026 bis 2029 hängt von vielen externen Faktoren ab: Wird die EU ihren Green Deal rückgängig machen und mehr CO2-Emissionen für einen längeren Zeitraum zulassen? Können die Regierungen die finanzielle Unterstützung für E-Auto-Käufer beibehalten oder sogar wieder erhöhen? Wie wirken sich die höheren CO2-Abgaben ab 2027 auf die Kosten von fossilen Treibstoffen und somit die Attraktivität von Verbrennern aus? Erreichen E-Autos, wie in vielen Analysen prognostiziert, schon beim Kaufpreis – und nicht erst wie aktuell der Fall bei den Gesamtbetriebskosten – bald die Kostenparität mit Verbrennern? Und was mit am wichtigsten ist, wird die Ladeinfrastruktur auch in Städten und bislang unterversorgten Regionen schnell genug ausgebaut, um mehr Autofahrenden den Umstieg zu ermöglichen?

Quelle: Dataforce – Pressemitteilung vom 17.07.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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