Es scheint zu kommen, wie viele vorausgesagt haben: Nachdem die USA ihre Zölle auf Elektroautos aus China auf 100 Prozent erhöht haben und die EU erwägt, diese von bislang 10 auf dann 25 Prozent anzuheben, holen die Chinesen nun ebenfalls aus – und wollen ihrerseits ebenfalls 25 Prozent Einfuhrzoll auf Autos erheben. Am Ende trifft es aber vor allem die E-Autofahrer:innen, wie das IfW Kiel in einer aktuellen Betrachtung ausführt.
Die Europäische Union erwägt, Zölle auf chinesische Elektroautos zu erheben. Dies könnte Peking etwa 3,8 Milliarden US-Dollar (ca. 3,5 Mrd. Euro) an Handelsverlusten mit dem europäischen Markt kosten, so eine Analyse des deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts IfW Kiel. Laut einer neuen Studie des Instituts würde die Anzahl der in die EU importierten chinesischen Elektroautos um ein Viertel sinken, wenn Brüssel einen Importzoll von 20 Prozent verhängt. Dies entspricht etwa 125.000 Elektroautos.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut führt in seiner Betrachtung zudem aus, dass im Umkehrschluss fast im gleichen Ausmaß die Verkäufe heimisch produzierter Elektroautos im EU-Binnenmarkt steigen dürften. Hier geht das IfW Kiel von einer Absatzsteigerung von rund 3,3 Milliarden US-Dollar (ca. 3 Mrd. Euro) aus. Nur ein Teil des Zuwachses würde durch eine gestiegene Produktion innerhalb der EU gedeckt. Fahrzeuge im Wert von rund 1 Milliarde US-Dollar (ca. 920 Mio. Euro) dürften vom Export in den heimischen Verkauf umgeleitet werden.
Bei dieser Betrachtung muss allerdings angemerkt werden, dass eine Gegenreaktion Chinas in den Berechnungen nicht enthalten ist, was bei dem Ausmaß der Effekte aber zu erwarten ist. Die EU-Kommission will im Juni final entscheiden, ob sie die Zölle auf chinesische Elektroautos tatsächlich einführt. Überhaupt diskutiert wurden sie, weil China nach Ansicht der EU seinen heimischen Herstellern mit Milliarden-Subventionen einen unlauteren Vorteil gegenüber dem Rest der Welt verschaffe und den Markt so massiv verzerre.
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock betonte in einem Interview mit der Handelsblatt-Zeitung die Notwendigkeit, die eigenen Interessen zu schützen. Sie verwies auf die frühere Abhängigkeit von russischer Energie und warnte davor, erneut ausgenutzt zu werden. Aber auch China ist gewillt, zu reagieren. Peking hat signalisiert, dass es bereit ist, Zölle von bis zu 25 Prozent auf importierte Autos mit großen Motoren zu verhängen, was vor allem Hersteller wie Mercedes-Benz und BMW treffen würde.
Die Leidtragenden wären die E-Auto-Käufer
Die Chefs von BMW wie auch Mercedes-Benz haben sich schon mehrmals gegen die höheren EU-Zölle ausgesprochen: „Ich glaube, wir dürfen ein bisschen selbstbewusst sein, und sollten nicht so ängstlich agieren, wie die Europäische Union es gerade tut“, sagte BMW-Chef Oliver Zipse. Mercedes-CEO Ola Källenius hätte sogar einen komplett anderen Vorschlag: „Ich denke, wir sollten den umgekehrten Weg gehen: die Zölle, die wir haben, nehmen und sie senken.“ Man sollte sich bewusst sein, dass diese Aussagen nicht aus Nutzen für die Allgemeinheit, sondern mit Gedanken an entsprechendes Eigengeschäft in der Hinterhand getroffen werden.
Kommt die Zollerhöhung für China, dann ist klar, dass sich Verbraucher:innen in der EU sich wahrscheinlich auf höhere Preise für Elektroautos einstellen müssen, da die europäische Produktion deutlich teurer ist. “Für die Verbraucher dürfte dies im Ergebnis höhere Preise für Elektroautos bedeuten, weil die Produktion innerhalb der EU deutlich teurer ist als in China, aufgrund von höheren Energie- und Materialpreisen und vor allem deutlich höherer Lohnkosten“, sagt Julian Hinz, Handelsforscher am IfW Kiel, der die Berechnungen durchgeführt hat. „Dass europäische Autohersteller die Lücke füllen, ist dagegen keinesfalls ausgemacht, auch könnten chinesische Hersteller wie BYD mit neuen Werken in Europa die Nachfrage vor Ort bedienen”, so Hinz abschließend.
Quelle: Automotive News Europe – EU tariffs on EVs would cost China almost $4B in trade, study says / IfW Kiel – EU-Zölle gegen China leiten Handel mit E-Autos für fast 4 Mrd. USD um