In einem gemeinsamen Projekt des Übertragungsnetzbetreiber TenneT sowie der Daimler AG mit ihrer hundertprozentigen Tochter Mercedes-Benz Energy GmbH ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass Automobile Batteriespeichersysteme Aufgaben von Großkraftwerken übernehmen und wesentlich zur Netzstabilisierung und zum Systemwiederaufbau beitragen können.
Erforscht und erprobt hat man in einer gemeinsamen Entwicklungspartnerschaft die Machbarkeit innovativer Systemdienstleistungen am Übertragungsnetz. Als Teil des Förderprogramms „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) des Bundeswirtschaftsministeriums wurde die gemeinsame Studie durchgeführt.
Mit den Ergebnissen aus der Studie haben die Projektpartner nachgewiesen, dass automobile Batteriespeichersysteme auf Lithium-Ionen-Basis für eine hochdynamische Systemstützung wie auch für einen Systemwiederaufbau genutzt werden können. Um konkret zu werden vor allem beim Schwarzstart von Kraftwerken und zur Unterstützung von Massenträgheit. Letzten Endes kann hierdurch der Wegfall konventioneller Energieerzeugung mit kompensiert werden.
“Unter Schwarzstartfähigkeit versteht man die Fähigkeit eines Kraftwerks(blocks), unabhängig vom Stromnetz vom abgeschalteten Zustand ausgehend hochzufahren.” – Wikipedia
Mercedes-Benz Energy Test Lab in Kamenz
Für die Entwicklungspartnerschaft ist im Testcenter in Kamenz der Prototyp eines Batteriespeichersystems aus automobilen Batterien mit einer gesamten Anschlussleistung von ca. 1 Megawatt (MW) und einer Speicherkapazität von 750 Kilowattstunden (kWh) installiert worden. Dabei handelt es sich um 2nd-Life- und Ersatzteil-Batterien.
Volatile Stromerzeugung stellt Übertragungsnetzbetreiber vor Herausforderung
Wie bereits berichtet waren 40 Prozent des deutschen Stroms 2018 öko. Durchaus eine schöne Sache, vor allem hinsichtlich des grünen Gedankens der E-Mobilität. Durch den steigenden Anteil von wetterabhängigen regenerativen Energien wird die Stromerzeugung allerdings auch deutlich volatiler.
Im Stromnetz ist man am besten aufgestellt, wenn Erzeugung und Verbrauch im Gleichgewicht sind, dann kann die Frequenz von 50 Hertz gehalten werden. Sind Erzeugung und Verbrauch nicht im Gleichgewicht, kommt es zu Frequenzabweichungen. Die Massen von Großkraftwerken, die synchron mit der Netzfrequenz von 50 Hertz rotieren, sorgen dafür, dass solche Schwankungen gedämpft werden und somit der Systemträger auf solche Abweichungen reagiert.
Dies ist insofern wichtig, da Frequenzabweichungen erst verzögert durch Primärregelleistung ausgeglichen werden können. Ohne die trägen Massen im Netz würde sich die Frequenz so schnell ändern, dass sie nicht mehr durch Regelleistung ausgeglichen werden könnte.
Daraus folgend wären immer größere Frequenzschwankungen der Fall. Was im schlimmsten Fall zu Stromausfällen führen kann.
Im Rahmen des gemeinsamen Projektes, hat man im Test Lab Mercedes-Benz Energy in Kamenz, nachgewiesen, dass automobile Batteriespeicher in weniger als 100 Millisekunden auf eine sich ändernde Frequenz reagieren können. Damit können sie die trägen Massen von Großkraftwerken mit ersetzen. Und die Gefahr von Stromausfällen wird deutlich minimiert.
Energiespeicher als „Starterbatterie der Energieversorgung“
Des Weiteren wurde nachgewiesen, dass Batteriespeichersysteme in der Lage sind, Betriebsmittel der Energieversorgung und sogar ganze Kraftwerke nach beispielsweise einem großflächigen Netzausfall anzufahren.
Stand heute setzt man hierfür Dieselaggregate ein, die die Turbinen von Kraftwerken (rotierende Massen) wieder in Bewegung versetzen und Hilfsaggregate versorgen. Künftig könnte dies nahezu verlustfrei und deutlich umweltschonender auch durch Batteriespeicher geschehen.
Wie die Projektpartner es bezeichnen funktioniert der Energiespeicher wie eine Art „Starterbatterie der Energieversorgung“ und schiebt die trägen rotierenden Massen eines Kraftwerks wieder an. Die benötigte Energie, etwa zwei bis vier Prozent der Nennleistung eines Kraftwerks, wird im Bedarfsfall aus dem Energiespeicher abgerufen.
Um dies in der Realität nachzuweisen hat man ebenfalls in Kamenz ein Testnetz aufgebaut und es nach einem simulierten Netzausfall mit Hilfe des automobilen Batteriespeichers wieder aufgebaut. Mit diesen Ergebnissen in der Hand werden die Projektpartner gemeinsam die Anforderungen definieren, die eine Ausschreibung der zukünftigen Systemdienstleistung durch TenneT ermöglicht.
Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 06. Februar 2019